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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens
Autoren: Lena Klassen
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wirkten und es doch nicht waren, die unbesiegbaren Bringer des Schreckens.
    Immer noch sagte sie Mattim nichts. »Erleg deinen Wolf«, stieß sie hervor, »nun mach schon.«
    Dann geschah alles gleichzeitig. Mirita sah die Wölfe losstürmen. Sie schrie auf, als die grauen Bestien auf sie zukamen, und Mattim fuhr herum und mähte den ersten der Wölfe nieder. Der silbergraue Verfolger sprang auf den Prinzen los, der ihm gerade den Rücken zuwandte, und warf ihn zu Boden. Mirita schrie wieder, während sie mit ihrem Dolch den nächsten Wolf abzuwehren versuchte, dessen Geifer ihr bereits ins Gesicht spritzte.
    Für Mattim stand die Zeit still.
    Der Wolf war über ihm, doch er biss nicht sofort zu. Der junge Prinz spürte den heißen Atem in seinem Nacken, das Gewicht des schweren Tieres auf seinem Rücken.
Er ertastete mit den Fingerspitzen den mit feinem Leder umwickelten Griff seines Schwertes, das ihm aus der Hand gefallen war, als er angesprungen wurde. Nur ein wenig weiter und seine Hand konnte sich darum schließen. Er streckte sich danach aus, während er schon die Berührung der Zähne an seiner Haut fühlte, die Hitze des geöffneten Rachens. Dann umfasste er den Griff und warf sich herum. Einen kurzen, flüchtigen Moment lang sah er in die Augen des Wolfes, begegnete einem dunklen Blick, tiefer als jedes Nachtschwarz, dann schnellte er hoch und schlug mit dem Schwert zu.
    Ein Schrei gellte durch die Nacht, als er das Tier traf, er kam aus dem Wald, der hohe, verzweifelte Schrei einer Frau.
    Dann der Ruf »Bewegt euch nicht!«, und im nächsten Moment ging ein Regen singender, fauchender, schwirrender Pfeile auf sie nieder.
    Mattim stand immer noch da wie betäubt und starrte auf den Wolf, als ein Flusshüter ihn am Arm packte. »Prinz Mattim? Alles in Ordnung? Hat er dich gebissen?«
    »Nein«, sagte Mattim langsam. »Wirklich, Morrit, das hat er nicht. Wer hat da geschrien?«
    »Lass mich kurz sehen.« Morrit schob Haar und Kragen zurück und warf einen aufmerksamen Blick auf Mattims unversehrte Haut. »Alles in Ordnung!«, rief er laut. »Dann los! Zur Brücke! Alle zur Brücke!«
    Mirita stöhnte auf, als ihre Retter sie hochzogen.
    »Hat der Wolf …«, begann einer erschrocken, dann bemerkte er jedoch den Pfeil, der aus dem Oberschenkel des Mädchens ragte.
    »Ihr habt mich getroffen!«, beschwerte sie sich wütend.
    »Dafür habe ich dir deinen Bogen mitgebracht«, meinte eine junge Wächterin mit langem schwarzen Haar. »Als ich den fand, wusste ich, dass ihr hier irgendwo seid.«
    »Kommt.« Morrit war nicht nach Plaudern. »Schnell!«

    Sie rannten am Ufer des Donua entlang, bis sie endlich die Brücke aus dem Wasser ragen sahen. Vier mächtige Felsen waren dort versenkt worden, auf denen die Pfeiler ruhten. Dicke Ketten trugen die wuchtigen Bohlen, über die sie liefen. Der Lichtprinz betrat Akink, und es wurde Tag.

ZWEI
    BUDAPEST, UNGARN
    Unzählige Male hatte Hanna die Brücke schon auf Fotos gesehen. Die Kettenbrücke und dahinter die grandiose Fassade des Parlaments. Sie hatte sich alle Filmaufnahmen von Budapest angeschaut, die sie hatte bekommen können; nicht einmal vor den Urlaubsvideos von Onkel Albin war sie zurückgeschreckt. Weil sie keinen Videorekorder hatten, war es sogar nötig gewesen, Onkel Albin zu diesem Zweck zu besuchen, Tante Mildreds trockenen Hefekuchen herunterzuwürgen und an den passenden Stellen »Oh, wie schön« zu sagen.
    »Und du willst wirklich da hin? Versteh mich bitte nicht falsch«, beeilte Tante Mildred sich hinzuzufügen. »Ungarn hat uns gefallen, obwohl damals vor der Wende noch alles so grau war. Ganz anders als heute. Wirklich. Aber was sagen denn deine Eltern dazu? Immerhin verlierst du ein ganzes Jahr.«
    Von hier oben aus dem Flugzeug war die Donau nur ein stahlgraues Band, das sich durch ein Meer von Häusern schlängelte. Brücken gab es viele, doch in dem Moment, als sie glaubte, die Kettenbrücke erkannt zu haben, war alles schon wieder fort. Der Fluss blieb unter ihnen zurück. Bald war nicht einmal mehr die Stadt zu sehen; sie flogen über flaches ockerfarbenes Land, verstreute Siedlungen und merkwürdige quadratische Wälder, in denen die Bäume in wie mit dem Lineal gezogenen Reihen wuchsen, Wälder wie aus dem Geometrieunterricht. Ferihegy, der internationale Flughafen, lag knapp zwanzig Kilometer
weit draußen, ganz so öde hatte sie es sich allerdings nicht vorgestellt.
    Ihr Herz begann heftig zu schlagen, als das Flugzeug auf der Landebahn
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