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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut
Autoren: Michael Ridpath
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dass du Björn erstochen hast. Es ist jetzt egal, was Harpa uns erzählt. Also lass sie gehen!«
    Einen Moment lang glaubte Magnus, Ísak würde zur Vernunft kommen. Doch dann schien er eine Entscheidung zu treffen. »Nein!«, schrie der Student. »Hau ab! Hau ab, oder ich bring sie um!« Vorsichtig tastete er sich auf dem Vorsprung voran.
    Eine Geiselnahme. Das war ein Fortschritt. Zumindest würde Ísak Harpa nicht sofort umbringen.
    Das Besondere an Geiselnahmen war, dass alles passieren konnte. Magnus hatte in Boston bei solchen Situationen mehrmals unschuldige Menschen sterben sehen.
    Ísak war zwar verzweifelt, aber er war nicht high oder verrückt. Und dennoch wusste man nie, was bei einer Geiselnahme geschehen würde.
    In wenigen Sekunden hätte Ísak Harpa eingeholt. Magnus wägte seine Möglichkeiten ab. Die beiden waren ungefähr sieben Meter unter ihm. Noch einmal acht bis zehn Meter unter ihnen war ein steiler, grasbewachsener Hang.
    Wenn Magnus an der Felswand hinabrutschte, könnte er Ísak mit sich reißen und würde gemeinsam mit ihm in die Tiefe stürzen. Keine gute Idee. Wahrscheinlich würde sich Magnus etwas brechen, vielleicht sogar den Hals. Und Ísak könnte ihn ohne weiteres mit dem Messer erstechen.
    Wenn Ísak dagegen Harpa erreichte, mochte sich die Lage auflösen, ohne dass jemand verletzt würde.

    Oder auch nicht.
    Ísak rückte immer näher an Harpa heran. Sie konnte ihm nicht mehr ausweichen. Sie schrie.
    Magnus sprang. Auf dem Hintern rutschte er den fast senkrechten glatten Fels hinab. Ísak drehte sich um und streckte ihm das Messer entgegen. Magnus wandte den Körper ab. Das Messer erwischte ihn am Arm, doch mit den Beinen trat er gegen Ísak, so dass er zusammen mit dem Studenten den Abhang hinunterpurzelte.
    Magnus schlug erst mit dem Rücken, dann mit der Brust und dem Kopf auf.
    Alles wurde schwarz.
    Er hatte keine Ahnung, wie lange er bewusstlos gewesen war. Es konnten nur wenige Sekunden gewesen sein, denn als er die Augen wieder öffnete, sah er Ísak auf sich zuklettern, das Messer in der Faust, Blut an der Wange.
    Magnus versuchte, sich auf den Ellbogen zu stützen, doch in seinem Kopf drehte sich alles. Sein Körper erhielt widersprüchliche Signale; sein verwirrtes Hirn war nicht in der Lage, das Adrenalin in seinem Blut zum eigenen Vorteil zu nutzen.
    Ísak war bei ihm. Schwankte. Zwei Ísaks.
    Magnus wollte seinem Kopf befehlen, Beine und Arme zu bewegen, doch es funktionierte nicht.
    Ísak hob das Messer. Magnus konnte nicht mal schreien.
    Da traf Ísak ein grauer Stein am Hinterkopf. Er sackte zusammen.
    Zwei Harpas kamen in Magnus’ Gesichtsfeld und verschmolzen langsam zu einer Gestalt.
    Schließlich gelang es ihm, sich auf die Ellbogen zu stützen.
    »Danke«, sagte er.
    »Was sollte ich sonst tun?«, fragte Harpa und schaute hinab auf den dahingestreckten Ísak. In den gefesselten Händen hielt sie noch immer den Stein, der etwas größer als ein Baseball war.
    »Wenn er sich bewegt, schlag noch mal zu«, sagte Magnus.

    »Glaubst du, ich habe ihn umgebracht?«
    »Ich hoffe es.« In dem Moment kam ein Streifenwagen mit Blaulicht die Straße hinaufgefahren. »Kannst du bitte mal winken?«

    Er hatte Kopfschmerzen, sein Unterarm brannte an der Stelle, wo Ísaks Messer ihn gestreift hatte. Magnus lehnte sich gegen den Polizeiwagen, der am Rand der Passstraße gehalten hatte. Zwei Kollegen hatten darin gesessen. Der eine bewachte nun den immer noch bewusstlosen Ísak, der andere rief einen Krankenwagen vom Krankenhaus in Stykkishólmur.
    »Ich hab ihn umgebracht, oder?«, fragte Harpa.
    »Leider nicht«, sagte Magnus. »Er atmet noch.«
    »Nach Gabríel Örn würde ich nicht mit dem Wissen leben können, noch jemanden getötet zu haben.«
    »Harpa?«
    »Ja?«
    »Ein kleiner Tipp: Von jetzt an sprich bitte mit niemandem mehr über das, was mit Gabríel Örn geschehen ist, besonders nicht mit einem Polizisten. Nicht bevor du einen Anwalt dabeihast.«
    »Es ist doch egal«, sagte Harpa. »Es macht mir nichts.« Sie zuckte vor Schmerz zusammen und rieb sich über das verletzte Knie. »Tut weh.«
    »Vertrau mir«, sagte Magnus. »Tu es Markús zuliebe.«
    Harpa lächelte kurz. »Okay. Aber ich dachte, du wolltest ein Geständnis von mir?«
    »Schon. Aber das war, bevor du mir das Leben gerettet hast. Keine Sorge, wir bekommen schon heraus, was genau passiert ist. Ich möchte nur nicht, dass du dir selbst bei deiner Verteidigung ein Bein stellst.«
    Sie lächelte.
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