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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Lisowsky
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unterirdischen Verlies sitzen muss.« Er schüttelte den Kopf. Nein, eigentlich war ihm auch das im Moment egal. »Ich will hier raus, weil irgendein Wahnsinniger meine Hinrichtung beschlossen hat.«
    »Ah«, sagte die Stimme. »Man hat dich hierhergebracht, obwohl du nichts getan hast. Du sollst hingerichtet werden. Dann bist du aus den Ostwüsten. Das heißt, du bist dort vor einiger Zeit gewesen, aber du stammst nicht von dort. Komm etwas näher.«
    »Geht nicht. Ketten an Armen und Beinen.« Raigar schüttelte seinen Arm, dass die Ketten rasselten. »Du hast recht, ich habe in den Ostwüsten gekämpft. Aber das geht dich eigentlich nichts an. Ich will jemanden, der mich hier rausbringt. Unterhalten kann ich mich auch mit den Ratten.«
    »Nicht so eilig«, flüsterte die Stimme, leiser, als eigentlich nötig. »Ich habe auch dort gedient, und ich habe jetzt das gleiche Problem wie du: ein Hauptmann, der es gar nicht erwarten kann, mich morgen früh am Galgen zu sehen.«
    Raigar fuhr hoch, dass die Ketten gegen die Wand klirrten. »Morgen früh?«
    »Ja, es kann ihnen nicht schnell genug gehen. Und einen Grund brauchen sie auch nicht. Ich weiß das von drüben, aus dem anderen Trakt. Dort sind noch mehr von uns. Mich haben sie hier rübergebracht, weil ich zu viel geredet habe.«
    Raigar stemmte sich gegen die Ketten. Das Wandgestein knirschte. »Morgen früh, das ist zu kurz für irgendeinen Plan, um hier rauszukommen. Oder hast du einen?«
    »Wir brauchen gar keinen Plan, um rauszukommen. Die Wachen bringen uns morgen doch ohnehin ans Tageslicht, auf den Richtplatz.«
    Raigar stöhnte. Hilfreich war dieser Mann nicht.
    »Wir können es aus der Stadt schaffen. Schieb deinen Fuß etwas näher zu mir.«
    »Geht nicht, der ist …« Raigar rückte herum, bis sich die Kette an einem Bein spannte. Mit dem anderen mühte er sich näher in Richtung der Stimme, näher an den Schlitz in der Wand.
    »Du hast einen Eisenbeschlag um deinen Fuß, der die Kette zum anderen spannt. Damit lässt sich schwerlich laufen. Vor allem, wenn du morgen vor der ganzen Stadt davonrennen musst und vielleicht auch noch ein paar Kämpfe vor dir hast. Ich habe hier ein Messer.« Metall traf mit einem Ping auf Metall. »Man kann nie genug Messer haben. Diese Dummköpfe haben mir nicht alle abgenommen.«
    Raigar schob seinen Fuß so weit in Richtung der Stimme, wie die Ketten es gestatteten. Er ließ zu, dass sich Metall an seinen Beinfesseln entlangtastete. »Für die Arme wird es nicht reichen, da sind die Ketten kürzer«, sagte er. Krampfhaft versuchte er, etwas in der Dunkelheit zu erkennen. »Jedenfalls … Danke, dass du mir hilfst.«
    »Du hilfst uns allen. Ich habe dich gesehen, als ich hereingeführt wurde, im Hellen. Als du geschlafen hast. Du bist groß wie ein Bär, und wenn wir morgen auf dem Richtplatz jemanden wie dich an unserer Seite haben, dann gibt es eine Chance.« An Raigars Bein klickte es.
    »Auf dem Richtplatz, wenn eine Menschenmenge uns umgibt? Wieso nicht schon vorher?«, fragte er.
    »Weil wir erst auf dem Richtplatz alle beisammen sein werden. Die anderen Söldner. Jeder soll die Möglichkeit haben, sich zu retten. Das ist doch gerecht, oder?«
    Gerecht ... Ja, das war es.
    »Ja, das ist gut. Wenn sie alle unschuldig hier einsitzen …«
    Der andere antwortete, indem er die Fußfessel ein weiteres Mal klicken ließ. Irgendetwas schnappte auf, das Eisen um seinen Knöchel lockerte sich ein wenig. »So.« Die Stimme klang zufrieden.
    »Sogar im Dunkeln … Du bist gut.«
    »Pass auf, dass du die Beine nicht zu weit auseinanderstreckst. Sonst öffnet sich die Fessel noch vor morgen früh. Und das soll sie nicht.«
    Raigar atmete auf. Er zog das Bein wieder zu sich und stand so bequem, wie es in den Ketten eben ging. »Ich bin übrigens Raigar.«
    »Und ich Vicold. Freut mich, dich in diesen Zeiten kennenzulernen, Raigar.«
    Raigar nickte aus Gewohnheit, obwohl es in der Finsternis niemand sehen konnte. Und obwohl ihn am Klang der Stimme etwas störte. »Ja. Erklärst du mir, wie wir morgen mit dem Leben davonkommen sollen?«
    »Sicher. Nur Geduld«, sagte die Stimme kalt.
    ***
    Auf dem Blutgerüst stand Raigar auf einer Höhe mit den Dächern der Stadt. Die Konstruktion aus Brettern und Balken besaß mehrere Ebenen und einen Treppenaufgang, den die nächsten Häftlinge in diesem Moment hinaufgeprügelt wurden. Ein Mann warf sich schreiend zu Boden und rollte die Stufen herunter, aber zwei Soldaten packten ihn an
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