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Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Magie der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Magie der Schatten: Roman (German Edition)
Autoren: Thomas Lisowsky
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voneinander entfernt. Kurz bevor dem Henker die Arme aus den Schultergelenken brechen mussten, rammte er Raigar die Stirn auf die Nase. Der Stoff der Henkerskapuze fing die Wucht ab, doch der Schock ließ Raigar einen Schritt rückwärts machen und sich schütteln. Die Axt kam jetzt von der Seite, um ihn in zwei Hälften zu hauen. Er fing den Griff mit der Kette ab und tauchte unter der Schneide weg. Die Hände verschränkte er, so dass die Waffe sich wiederum in den Kettengliedern verfing, und noch im Schwung lenkte er sie mit einem Ruck um, so dass sich das Axtblatt in den Richtblock fraß. Der Henker erstarrte für einen Moment. Lange genug. Raigar schlug ihm mit einem Ellenbogenstoß den Kopf herum und setzte mit einem Rückhandhieb nach. Der Körper seines Gegners wirbelte herum, und das schwarze Gespenst fiel.
    Mit einem großen Sprung hechtete Raigar über den gefallenen Gegner hinweg und über die Kante der Plattform auf die nächste darunter. Er rollte sich ab und sprang noch eine Ebene tiefer. Er kam neben dem Advokaten auf, der wie unter einem Blitzschlag erzitterte. Die Papiere fielen ihm aus den Händen, und er schrie auf wie ein Weib. »Alles gut, Alter«, sagte Raigar und warf einen Blick zu den Männern, die sich auf der Rückseite ihren Weg vom Blutgerüst erkämpften. Ab jetzt war jeder auf sich gestellt.
    Er sprang auch die letzte Ebene hinab und kam auf dem Steinpflaster des Platzes auf. Die Wachleute waren geschlossen hinter das Gerüst gerannt, wo die meisten Gefangenen flohen. Raigars letztes Hindernis war die Menschenmenge.
    Nach einer Ewigkeit tauchte er aus der Masse schwitzender Leiber wieder auf. Leute aus der ersten Reihe hatten sich vor ihm zur Seite geworfen, aber die dahinter hatten sich nicht vom Fleck gerührt. Entweder weil sie ihm den Weg versperren wollten oder weil ihnen selbst der Fluchtweg verstellt war. Er hatte aus der Masse heraus Hiebe in die Rippen bekommen, und faules Obst war ihm gegen den Kopf geklatscht, aber er hatte die überraschten und ängstlichen Menschen überwunden.
    Er ließ das Geschrei hinter sich und wischte sich stinkende Brühe aus den Haaren, während er sich umsah. Die aufgehende Sonne stand in seinem Rücken und leuchtete die Straßen für ihn mit ihrem roten Licht aus. In den Seitenstraßen standen Säcke, aus denen es modrig roch. Daher stammten die verfaulten Wurfgeschosse der Menge. Weiter weg, Richtung Westtor, stand ein Wagen, abgedeckt mit einer giftgrünen Plane. Die geheime Markierung, die ihm Vicold gestern genannt hatte.
    Er setzte sich in Bewegung.
    Als er die zweite Seitenstraße passiert hatte, klapperte hinter ihm etwas auf dem Asphalt. Pferdehufe. Er drehte sich um. Ein Reiter trieb sein Pferd schon die Straße entlang, die anderen zwei drängten sich noch durch die Zuschauer. Schon auf hundert Meter Entfernung erkannte Raigar den Hauptmann. Bärtig, mit verbissenem Gesichtsausdruck. Der Mann hielt sein Tier an und schien auf die anderen zwei zu warten.
    In den Momenten, die sie ihm gaben, verschwand Raigar in einer Nebengasse. Zwei Säcke verströmten dort ihren Verfallsgeruch. Er wuchtete einen der stinkenden Säcke hoch und trat wieder hinaus auf die Straße. Dunkle Flüssigkeit sickerte durch die Maschen und tropfte auf das Pflaster. Die Reiter kamen in Formation auf ihn zu. Er drehte sich um die eigene Achse, den Sack im Arm, und schleuderte ihn. Der Sack trudelte durch die Luft, zog eine Spur aus Gemüse hinter sich her und prallte ungezielt gegen die Flanke eines Pferds. Es stolperte über seine eigenen Hufe und kämpfte um das Gleichgewicht. Abrupt stoppte es, und den sattellosen Reiter riss es über die Mähne hinweg auf die Straße.
    Sofort packte Raigar den zweiten Sack. Die beiden übrigen Reiter waren bis auf wenige Meter heran. Er hatte noch Zeit für eine Drehung, und als der erste Berittene ihn erreichte, schwang er den Sack über den Kopf. Die improvisierte Waffe traf den Gardisten mit voller Wucht, und der Stoff platzte auf. Eine schwarze, matschige Brühe ergoss sich über den Mann, während er von seinem Pferd stürzte.
    Übrig blieb der mit dem Bart wie schmutzige Sonnenstrahlen. Er sprang noch im Trab von seinem Pferd und kam Raigar mit blankgezogener Klinge entgegen. »Ich kann dich nicht am Leben lassen, Mann. Du musst sterben, oder ich.« In seinem Gesicht war ein Hauch von etwas zu erkennen, das Raigar für Furcht hielt. Er sprang über den Körper seines gestürzten Kameraden und schlug zu.
    Raigar fing den
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