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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery
Autoren: Sven Regener
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und überall kamen dünne Ströme von Leuten durch die Türen, manche tänzelten, manche torkelten und hielten sich aneinander fest, aber die meisten liefen wie auf rohen Eiern, irgendwie o-beinig und kaputt, manche lachten. Der Platz vor der Halle war voller Müll und weiter hinten sah man schon Leute in orangenen Klamotten. Aber aus der Halle selbst kam immer noch das gute alte Bummbumm. Ich zog mich an.
    »Ich geh schnell in die Halle und schau nach, wie’s da aussieht.«
    »Aber wiederkommen!«, rief Rosa aus dem Bett heraus. »Nicht mich hier liegenlassen!«
    »Versprochen!« Ich hängte mir meinen Pass um den Hals und lief los.
    »Nicht ohne mich fahren!«, rief sie mir hinterher.

78. Schreck
    Der Ringstrom war weg, die Halle blutete einfach nur noch nach allen Seiten aus, so kam es mir vor, die Leute liefen raus aus der Halle und gleich zum nächsten Ausgang und an vielen Stellen saßen und lagen sie auch und schliefen und es stank nach Bier und Kotze und Red Bull und zwischen den Schlafenden suchten Leute nach Pfandbechern. Ich ging ein Stück durch die große Halle, in der waren die Ränge leer bis auf ein paar Leute, die hier und da zusammengesackt auf den Stühlen kauerten, aber ganz unten, im Innenraum, war noch was los, die verbliebenen Leute ballten sich vor der DJ-Kanzel und machten wacker weiter.
    In der Magnetic-Lounge waren Sigi, Raimund, Ferdi, Shorty von Magnetic, Werner und Erwin. Erwin stand an einer Bierzapfanlage und die anderen um ihn herum. Ich stellte mich dazu.
    »Hallo Jungs!«
    »Na Charlie, alles in Ordnung bei dir?«, fragte Werner und hob mir zuprostend einen Bierbecher.
    »Aber immer, Werner. Und bei dir?«
    »Ich hab Urlaub, Charlie. Und bei der Supervision kam raus, dass ich mal lockerlassen soll.«
    »Lockerlassen? Du? Was soll das denn bringen?«
    »Ist besser für mich!«
    »Mir geht’s nicht so gut«, sagte Ferdi.
    »Wundert mich gar nicht«, sagte Werner.
    »Mir geht’s echt nicht so gut«, sagte Ferdi. Er war blass und schwitzte und er hatte Panik in den Augen. »Ich glaube, ich kriege einen Herzinfarkt.«
    »Ach du Scheiße«, sagte Raimund.
    »Wie kommst du denn darauf?«, fragte Werner. Er stellte sich vor Ferdi und schaute ihn sich genau an.
    »Mir geht’s schlecht, und ich kann auch den rechten Arm schlecht heben.«
    »Wenn’s der rechte Arm ist, dann ist es kein Herzinfarkt«, sagte Raimund. »Wenn du den rechten Arm nicht heben kannst, ist das nicht schlimm!«
    »Ich meine ja den linken«, sagte Ferdi. »Den linken Arm. Ich kann den linken Arm nicht richtig heben.« Er hob den linken Arm, aber nur auf halbe Höhe, dann ließ er ihn wieder fallen. »Und mir ist schlecht.«
    »Ich hol mal Wasser«, sagte ich. Ich nahm einen Bierbecher und lief damit zum nächsten Spülbecken und füllte ihn mit Wasser. Als ich zu den anderen zurückkam, saß Ferdi auf einem Stuhl und alle standen um ihn herum und Werner sah ihn besorgt an, hob sein Augenlid, fühlte seinen Puls, nahm mir das Wasser ab, gab Ferdi davon was zu trinken und sagte: »Du musst sofort ins Krankenhaus. Da sollte man nichts riskieren.«
    »Alles klar«, sagte Ferdi und trank von dem Wasser. Dann kotzte er es wieder aus.
    »Der muss hier raus, wo sind denn die nächsten Sanitäter?«, rief Werner. »Hier muss doch irgendwo ein Sanitätsdienst sein.«
    »Ich hab unten welche gesehen«, sagte ich, »als ich reingekommen bin. Die standen da und rauchten!«
    »Ich weiß«, sagte Raimund. »Die haben da so Zimmer, wo sie die Leute behandeln.«
    »Mein Gott, nun bringt ihn doch endlich da hin!«, rief Sigi. »Ihr quatscht immer nur!«
    »Bring ihn doch selber runter, blöde Kuh!«, sagte Raimund.
    »Bitte nicht streiten«, sagte Ferdi mit leiser Stimme. »Mir geht’s echt nicht gut. Und ich kann den linken Arm nicht heben!«
    »Kannst du laufen?«, fragte Werner.
    »Nein. Weiß nicht. Nein. Nicht so gern!«
    »Dann muss Karl dich tragen! Der ist am stärksten.« Er sah mich von oben bis unten an. »Und am dicksten!«
    »Vielen Dank, Werner!«, sagte ich. Ich nahm Ferdi hoch und trug ihn auf den Armen wie einen verwundeten Kameraden. »Nun aber schnell!«
    Wir gingen alle zusammen runter, Werner hielt mich an der Schulter fest und dirigierte mich ein bisschen, bis ich schließlich mit Ferdi an der Schwelle des Sanitätszimmers stand. Das war auch höchste Zeit, denn Ferdi war zwar nicht der Größte und auch sicher nicht der Schwerste, aber der, der sich am schwersten von allen machen konnte, war er auf jeden
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