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Magazine of Fantasy and Science Fiction 17 - Grenzgänger zwischen den Welten

Magazine of Fantasy and Science Fiction 17 - Grenzgänger zwischen den Welten

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 17 - Grenzgänger zwischen den Welten
Autoren: V.A.
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einen Platz in der Gesellschaftsstruktur. Den haben Sie nicht mehr – es sei denn, Sie hätten sich bereits dort draußen einen neuen errungen.« Leone zuckte mit den Schultern. Er goß sich einen Drink ein und leerte das Glas auf einen Zug.
    »Früher habe ich mich oft gefragt, weshalb die Menschen sich so eifrig fortpflanzen, als gelte es, den gesamten Planeten mit Menschen zu pflastern. Früher erschien mir das alles sinnlos, aber jetzt verstehe ich die tiefere Absicht dahinter.« Der Erste Offizier grinste. Er war völlig betrunken.
    »Ah, Sie sind neugierig, aber auch zu stolz, um zu fragen! Stolz! Ja, jede menschliche Motte trägt ihren Teil dazu bei, daß ein ungewisses Endziel erreicht wird! Lächerlich, einfach lächerlich!« Leone beugte sich nach vorn und starrte Gus an. »Kennen Sie eigentlich Ihren Daseinszweck?« Er grinste erwartungsvoll. Gus erwiderte seinen Blick schweigend.
    »Sie sind eine statistische Zahl!« Leone schenkte das Glas nochmals voll und hob es wieder an den Mund. »Die Natur bringt Milliarden hervor, damit einige überleben. Und Sie gehören zufällig zu diesen wenigen Menschen.«
    »Ich freue mich, daß Ihnen alles so herrlich klar ist«, antwortete Gus ungerührt. »Was haben Sie jetzt mit uns vor? Die Menschen dort draußen erfrieren, wenn ihnen keiner hilft.«
    »Vielleicht«, meinte Leone mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Vielleicht auch nicht. Die Zähesten werden überleben – falls das überhaupt möglich ist. Sie werden überleben und sich fortpflanzen. Und im Laufe der Zeit werden sie auch diesen Planeten verschlungen haben, so daß sie andere besiedeln müssen, um sich nicht gegenseitig totzutrampeln. Aber in der Zwischenzeit spielt es kaum eine Rolle, was aus einer statistischen Zahl wird.«
    »Man hat uns eine faire Chance versprochen«, warf Gus ein.
    »Versprechen sind schön und gut, aber leider nicht immer erfüllbar. Nur der Tod ist dem Menschen wirklich sicher, mein Junge. Und was die Kerle dort draußen betrifft – stellen Sie sich einfach vor, sie seien Fischeier, wenn das Ihr Gewissen erleichtert. Zu Millionen befruchtet, damit zwei oder drei später andere befruchten können. Das Leben geht weiter – solange genügend Fischeier vorhanden sind.«
    »Die Menschen dort draußen sind aber keine Fischeier. Sie sind Menschen und haben deshalb ein Recht auf die einfachste Gerechtigkeit ...«
    »Sie nennen die Gerechtigkeit einfach?« Leone beugte sich nach vorn und wäre fast vom Stuhl gefallen, bevor er das Gleichgewicht wiederfand. »Dabei ist sie der komplizierteste Begriff, den der menschliche Verstand sich vorstellen kann, um sich selbst zu betrügen – und sie existiert auch nur dort: im Verstand der Menschen. Was kümmert das Universum sich um Ihre sogenannte Gerechtigkeit? Sonnen verbrennen, Planeten kreisen, Chemikalien reagieren. Der Fuchs verschlingt den jungen Hasen ohne Gewissensbisse – und Alpha IV wird die armen Teufel dort draußen auf gleiche Weise verschlingen.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »So muß es auch sein. Die Natur kennt kein rührseliges Mitleid. Überleben – oder nicht überleben. Das ist völlig natürlich – wie ein Erdbeben. Es tötet Menschen, ohne dabei die geringste böse Absicht zu verfolgen.«
    »Sie sind aber kein Erdbeben«, wandte Gus ein. »Und Sie halten die Nahrungsmittel zurück, die dort draußen dringend gebraucht werden.«
    »Jammern Sie mir doch nichts von Ihrer verdammten Gerechtigkeit vor!« brüllte Leone. Er schwankte auf seinem Stuhl hin und her. »Wir hatten uns in der Offiziersmesse zu einem wohlverdienten Drink zusammengesetzt, als der Meteorit das Schiff traf! Das Ding hat mehr als die Hälfte der Offiziere getötet – es hat meinen Freund, meinen besten Freund umgebracht, der Teufel soll Sie holen! Nach fünf Jahren, als der Flug schon fast zu Ende war ... und das alles für eine Ladung Fischeier ...«
    Leone trank das Glas leer und ließ es zu Boden fallen. »Erzählen Sie mir nur nicht, was angeblich fair ist«, murmelte er. »Nur die harte Wirklichkeit zählt.« Er legte den Kopf auf die Arme und begann zu schnarchen.
     
    Gus brauchte fünf Minuten, um den Schreibtisch zu erreichen, die Schubladen aufzuziehen und den Elektroschlüssel zu finden, mit dem er seine Handschellen öffnen konnte. In dem Kleiderspind hing ein Arbeitsanzug ohne Rangabzeichen. Gus zog ihn an und nahm einen kleinen Strahler aus dem untersten Fach des Spindes. Die Korridore lagen still und menschenleer. Gus
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