Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maeve

Maeve

Titel: Maeve
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
wie ein Affe.
    „Weck deinen struppigen kleinen Fanatiker auf.” Der Captain bewegte seinen langen Körper herum, um den Eingeborenen anzusehen.
    Die geringere Schwerkraft dieser Welt täuschte Aleytys erneut, als sie versuchte, seinem Beispiel zu folgen. Ihre Schwerweltmuskeln reagierten übermäßig; im letzten Augenblick fing sie sich wieder und verhinderte einen unwürdigen Spreizsturz.
    „Drieu Dylaw.”
    „Ja, Frau?”
    „Die Waffen sind bereitgestellt. Der Captain brennt darauf, aufzubrechen, bevor ihn die Späher aus der Stadt aufspüren. Ich nehme an, ihr würdet auch ganz gern hier herauskommen.” Als der Drieu aufstehen wollte, sagte sie rasch: „Allerdings gibt es da noch etwas. Mein Dienst beim Captain endet hier, und wir trennen uns.”
    „Warum sagst du mir das?”
    „Nenn mir einen Preis für die Bereitstellung eines Kaffa und eines Führers, der mich zum Meer bringt.”
    Ein plötzlicher wilder Zorn explodierte aus der sich versteifenden Gestalt des Drieu heraus. Dann war er auf den Füßen, drehte sich zum Gehen um, unfähig, noch länger in ihrer Gegenwart zu sein, ohne seine Ehre zu zerstören, indem er den Handels-Waffen-stillstand brach.
    Im Schatten der Wand blieben die Blicke des jungen Gwynnor mit zunehmender Faszination auf sie geheftet, trotz der Furcht, die seinen Körper kalt machte.
    Das Kaffa bewegte sich nervös.
    Die graue Eidechse steckte ihren Kopf aus dem Spalt, flitzte in einem engen Kreis herum, die Augen zuckten von einer Seite zur anderen. Einen Sekundenbruchteil später stürzte sie in ihr Versteck zurück.
    Der Wind sang mit einem unheimlichen, klagenden Unterton die Schlucht entlang, ein Klagelied, das schicksalhafte Ereignisse andeutete.
    „Einen Preis, Drieu Dylaw. Mehr Gewehre, mehr Geschosse, um sie zu füllen.” Ihre Stimme sang in seinen Ohren; Versuchung flüsterte darin.
    Ein kleiner Staubteufel fegte über die Füße des Drieu, wirbelte getrocknete Blätter und anderes Laub gegen seine Beine, brach seine Stimmung. Er schüttelte sich und drehte sich zu ihr um, haßte sie um so mehr, da er wußte, daß er nicht ablehnen konnte.
    „Ich werde dich nicht mitnehmen.” Seine Stimme war rauh und abgehackt.
    „Das erwarte ich nicht. Du mußt dich um deine Leute kümmern.”
    „Aber ich werde die dort fragen.” Er winkte mit einer Hand zu den hockenden Gestalten hin. „Wenn es einer tun will, dann können wir ins Geschäft kommen. Wenn nicht …”
    Aleytys schaute in finstere Gesichter, die sich in ihrem eingefleischten Fremdenhaß glichen. Dann konzentrierte sie sich auf ein Gesicht, ein Gesicht, das unter dem boshaftesten finsteren Blick von allen verzerrt war. Sie tastete. Berührte den Aufruhr, der in ihm kochte. Riß den Fühler zurück. Wirbelte unter der Wucht seiner Verwirrung. Der Drieu starrte sie an, wandte ihr dann seinen Rücken zu.
    „Wenn einer unter euch diese … diese Person zum Meer bringen würde, so wäre dies unserer Sache sehr dienlich. Sie haben zusätzliche Gewehre und Geschosse geboten, um für diesen Dienst zu bezahlen.”
    Aleytys konnte sehen, wie sich die langen Muskeln an seinem Hals zusammenzogen, dann lockerten. „Ist jemand dazu bereit?”
    Gwynnor ließ die Zungenspitze über seine Lippen gleiten, während er gegen den Sog der Sternenhexe ankämpfte. Er … er mußte
    … er mußte … Nein! Fast brüllte er die Worte hinaus, preßte jedoch die Lippen über den Impuls, zu sprechen, zusammen, schluckte die aufsteigenden Worte, fürchtete sich, zu antworten, fürchtete sich, ihren Einfluß auf irgendeine Art zu bestätigen. Aber der Sog wurde stärker. Sie tastete heran, berührte ihn, kitzelte sanft auf seinen Nerven entlang, flüsterte: Kommkommkomm … bis er — wobei seine Füße schwer über den sandbesäten Stein schlurften — vortrat. „Ich …” Seine Stimme brach. Er räusperte sich und spuckte aus, bedauerte kurz die Verschwendung seiner Körperfeuchtigkeit hier in dieser Wüste. „Ich werde es tun.” Er zwang sich, Dylaws ungläubigen Blicken zu begegnen, zog seine schmalen Schultern in einer Vortäuschung von steifem Stolz zurück, während sein Zorn vergebens gegen unsichtbare Siegel peitschte. „Mögen die Waffen mein Geschenk für die Sache sein.” Auch diese Worte waren stolz, aber innerlich fühlte er sich hohl, da er wußte, daß die Frau einen Bann auf seine Seele gelegt hatte.
    „So sei es. Komm, Musiker, sitz neben mir, bis wir herausfinden, was uns dein Opfer kaufen kann.”
    2
    Das Schiff
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher