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Männerkrankheiten

Männerkrankheiten

Titel: Männerkrankheiten
Autoren: Hanna Dietz
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sagen. Mit dem angelesenen Wissen ausgestattet, fällt es ihm leicht, den Macker zu mimen. Ergreift er das Glas, heißt es für seine Gäste, Geduld aufbringen. Denn natürlich trinkt der Weinkenner nicht einfach drauflos. Er schwenkt das Glas, hält es gegen das Licht und fängt nach einem angemessenen Moment des Prüfens das Schwadronieren an, indem er Farbe, Traube und Jahrgang interpretiert. Dann steckt er seinen Riechkolben tief in das Glas und atmet so heftig ein, als sei er zur Heilung asthmatischer Bronchien in einem Seebad.
    Bis er einen Schluck nimmt, sind andere schon halb besoffen. Trinkt er dann endlich, behält er den Wein im Rachen und gurgelt damit, als sei er eine antibakteriel le Spülung. Anschließend beurteilt er wortreich Blume, Körper und Abgang und lässt selbstverständlich nicht unerwähnt, dass der Wein
    a) teuer,
    b) nur über besondere Beziehungen zum Weinhändler seines Vertrauens zu bekommen war und
    c) bei Kennern dieser Welt als Geheimtipp gehandelt wird.
    Wenn er dann anfängt, den kleinen Johnson zu loben, sei erwähnt, dass er damit nicht seinen Johannes meint, sondern das Buch eines englischen Weinkritikers namens Johnson. Seine Gastgeberfreuden hören da auf, wo seine Gäste den Wein einfach in sich hineinschütten. Dann wird er mürrisch, als sei ihm eine Reblaus über die Leber gelaufen. Die größte Schmach für ihn aber ist, unwissentlich einen Discounter-Wein zu loben. Obwohl es auch im Weinkennertum, ähnlich wie beim Lukullischen Angeber, den Ich-lass-mich-­herab-Typen gibt, der hin und wieder Weine aus dem Supermarkt trinkt und sich dabei selbst wie der große Johnson aufführt, indem er diesen speziellen Wein für »durchaus trinkbar« erklärt.

Dackelblick, der
    Irgendwann hat ihm mal jemand gesagt, er könne sooo süß gucken! Seitdem kennt er nur noch einen Ausdruck: den treu-doofen Augenaufschlag bei leicht geneigtem Kopf. Hat er mal wieder vergessen, die Blumen zu gießen, vor dem Besuch seiner Mutter zu warnen oder die Kinder vom Kindergarten abzuholen – mit dem Dackelblick versucht er, sich aus der Sache rauszulavieren. Oft funk­tioniert das auch, weil der Dackelblick bei der Partnerin eine Ausschüttung des Hormons Oxytocin bewirkt, von dem sie sich einlullen lässt. Das birgt die Gefahr, dass er, den Erfolg auf seiner Seite, den Dackelblick als Freibrief für jeden Mist, den er verzapft, benutzt. Spätestens wenn er glaubt, damit seine Affäre mit der Sekretärin entschuldigen zu können, wird klar: Man hätte früher gegen­steuern sollen.
    Daddelzwang, der
    Siehe → Computersucht .
    Daumen-Staccato, der
    Der Daumen-Staccato äußert sich im äußerst schnellen wiederholten Drücken des Umschaltknopfes der Fern­bedienung und kann mit zum Entstehen eines → Fern­bedienungskrampfes beitragen. Die Umschaltgeschwin­digkeit liegt dabei weit über der visuell-emotionalen Aufnahmefähigkeit der Partnerin und wird von dieser als äußerst unangenehm empfunden. Beim Daumen-Stacca to handelt es sich in der Regel um eine angewöhnte Krankhe it, die man dem Mann auch wieder abgewöhnen kann, indem man unter Androhung des Fernbedienungsentzugs eine individuelle Fristenregel vereinbart, die die Umschaltgeschwindigkeit auf ein erträgliches Maß redu­ziert.
    Dekorationsdefizit, das
    Ob ein Mann an einem Dekorationsdefizit leidet, lässt sich bei einem Blick in seine Wohnung feststellen: Hat er Ungemütlichkeit zum Einrichtungsstil erhoben, ist er eindeutig betroffen. Das Fehlen von Sofakissen, Teelichthaltern, Zimmerpflanzen, Kerzen, Urlaubsmitbringseln wie Miniatur-Leuchttürmen und Schneekugeln sind klassische Symptome. Wenn ihm ein gigantischer Flatscreen und ein kaltes, schwarzes Ledersofa als Mobiliar aus­reichen und er Zahnpastaspritzer auf dem Badezimmerspiegel schon als Ornament wertet, gehört er eindeutig zur großen Gruppe der Dekorations-Patienten. Meistens reagieren diese allergisch auf jede Art der Umdekorierung, weil sie allen Ernstes davon überzeugt sind, ihre Wohnung sei gut so, wie sie ist. Hier sollte die Partnerin möglichst subtil vorgehen und die Sensibilisierung mit einer sich langsam steigernden Dosis an hübschen Accessoires angehen. Das Ziel ist, ihm doch noch guten Geschmack anzugewöhnen.
    Deo-Schocker, der
    Seit die Werbung die Legende vom Axe-Effekt in Umlauf gebracht hat, laut der attraktive Frauen auch die Spackos dieser Welt bespringen, sobald sie nach maskuliner Chemie riechen, sieht so mancher Mann seine letzte Chance darin,
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