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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo
Autoren: Charlotte MacLeod
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besteht immer darauf, ihn dafür zu bezahlen, obwohl ich ihm
schon tausendmal erzählt habe, daß ich es nicht für gut halte.«
    »Weiß er denn nicht, daß Ihr Bruder das
Geld vertrinkt, sobald er es in die Finger bekommt?«
    »Ich vermute, er hofft immer noch, daß
Jimmy sich bessert«, seufzte Mrs. Tawne. »Da er selbst ein absolutes Beispiel an
Rechtschaffenheit ist, übersieht er oft die Schwächen der anderen. Er hat für
Jimmy stets großes Verständnis gezeigt. Mr. Palmerston ist nämlich ein
wirklicher Philanthrop, müssen Sie wissen.«
    Sarah riskierte noch einmal ihr Glück.
»Er hat uns mehr oder weniger zu verstehen gegeben, daß die Idee mit der
Sicherheitsanlage von Ihnen stammte.«
    Dolores strahlte. »Ist das nicht wieder
typisch für ihn? Nein, es war ganz und gar seine eigene Idee. Aber ich habe ihm
natürlich bei der Ausarbeitung der Einzelheiten mit Rat und Tat zur Seite
gestanden«, fügte sie rasch hinzu.
    »Dann haben Sie sicher den Standort
gewählt?«
    »Nein, das hat er auch selbst
entschieden. Es mag Ihnen zwar merkwürdig vorkommen, aber ich weiß noch nicht
einmal, wo genau sich der Bau befindet. Er war stets der Meinung, daß es besser
wäre, wenn ich mit diesem Teil des Projektes möglichst wenig belastet würde.
›Auf Ihren Schultern lastet schon genug‹, sagt er immer. ›Ich werde Sie doch
nicht mit unnötigen Problemen behelligend Er hat vollstes Verständnis für den
unerträglichen Druck, der auf einer kreativen Künstlerin lastet.«
    »Dann waren Sie selbst noch nie in der
Sicherheitsanlage?«
    »Nein, niemals.«
    »Sie bringen also lediglich die Bilder
hierher und kopieren sie, und er nimmt das Original wieder mit, und Sie haben
mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun?«
    »So könnte man in aller Kürze sagen,
Mrs. Kelling. Natürlich habe ich die Originale nicht die ganze Zeit über hier
bei mir im Atelier, wenn ich daran arbeite. Ich fotografiere sie, fertige
Skizzen an und mache mir genaue Notizen, und dann arbeite ich hauptsächlich
nach diesen Vorlagen. Da ich eigene Schlüssel zum Palazzo besitze, kann ich
jederzeit kurz vorbeischauen und Vergleiche anstellen, wenn es nötig ist. Wenn
ich mit meiner Arbeit fertig bin, tauscht einer von uns beiden die Bilder aus.
Wenn es sich allerdings um ein so wichtiges Gemälde wie den Tizian handelt, tun
wir es gemeinsam.«
    »Und das ist dann alles?«
    »Nun ja, nicht ganz.« Dolores lächelte
affektiert. »Nachdem wir die Arbeit hinter uns gebracht haben, treffen wir uns
hier bei mir und veranstalten eine kleine private Feier. Ich mache uns eine
nette Kleinigkeit zu essen, Mr. Palmerston stiftet eine Flasche Sekt, und wir
bringen einen Toast aus auf das Gelingen unserer großen Aufgabe. Dann hält er
eine kleine Rede darüber, wie zukünftige Generationen es uns einmal danken
werden, daß wir die unbezahlbaren Kunstschätze vor den Unbilden der Zeit
gerettet haben und dergleichen. Leider kann außer mir keiner seine wunderbaren
Ansprachen hören, was natürlich sehr schade ist. Ich habe ihm daher auch schon
vorgeschlagen, sie auf Tonband aufzunehmen und zu den Gemälden in die
Sicherheitsanlage zu legen, aber er will davon partout nichts wissen. Wahre
Größe und Bescheidenheit gehen eben Hand in Hand, wie ich ihm schon so oft
gesagt habe.«
    Das war mehr, als Brooks Kelling
ertragen konnte. »Eine wahre Schweinerei ist das«, schnaubte er. »Der alte Bock
hat dich seit 32 Jahren hinters Licht geführt, und du hast dich vor lauter
Verliebtheit verdammt noch mal von ihm blenden lassen.«
    »Ich wäre dir dankbar, wenn du mir
diese Bemerkung näher erläutern würdest, Brooks Kelling«, erwiderte Mrs. Tawne
drohend.
    Bittersohn intervenierte. »Vielleicht
erklärt das hier mehr als Kellings Worte.« Er zeigte ihr Bill Jones’ Liste, die
inzwischen schon recht abgegriffen aussah. »Wenn Sie sich dieses Verzeichnis
anschauen, Mrs. Tawne, werden Sie sehen, wo, wann und für annähernd welche
Summe jedes der Originale, die Sie kopiert haben, verkauft worden ist.«
    Dolores starrte sprachlos auf das
Blatt. »Aber — das ist doch völlig verrückt! Die Bilder sind in der
Sicherheitsanlage!«
    »Der Sicherheitsanlage, die Sie selbst
nie gesehen haben und von der Sie nicht einmal wissen, wo sie sich befindet?
Ich befürchte, sie existiert lediglich in C. Edwald Palmerstons Vorstellung,
Mrs. Tawne.«
    »Mit anderen Worten, Dolores«, sagte
Brooks brutal, »er hat dich die ganze Zeit nur an der Nase herumgeführt.«
    »Das glaube ich euch
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