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Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

Titel: Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)
Autoren: Volker Reinhardt
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Sätze voller Geringschätzung für «die da oben», denen durch ihre Geburt die Lizenz zum süßen Leben zufiel.
    Zugleich kommt eine gewisse Übertreibung ins Spiel. Armut war im Florenz der Renaissance ein relativer Begriff. Bernardo Machiavelli hatte sich aus dem reichen Immobilienbesitz seines Clans immerhin einige kleinere Objekte sichern können, darunter die Villa in Sant’ Andrea in Percussina, in die sich sein Sohn nach seiner Vertreibung aus der Politik zum Studium und zur Abfassung seiner Bücher zurückziehen sollte. Dazu kamen Güter, die seine Frau Bartolommea de’ Nelli mit in die Ehe gebracht hatte. Diese Besitzungen warfen einen bescheidenen, doch relativ sicheren Ertrag ab. Hungern musste im Hause Bernardos also niemand, auch nicht nach geistiger Nahrung. Denn so sparsam und pedantisch, nicht selten geizig Vater Machiavelli auch wirtschaftete, für Bücher hatte er nicht nur eine ausgeprägte Leidenschaft, sondern auch Geld und Zeit. Dabei war zumindest in einem Fall Zeit auch Geld: Für eine Titus Livius-Ausgabe des Druckers Niccolo della Magna («Nikolaus aus Deutschland») erstellte Bernardo in neunmonatiger Arbeit den Ortsindex – und erhielt dafür ein Gratisexemplar. Dass bei solchen Interessenschwerpunkten die Rechtsanwaltskanzlei nicht eben florierte, erscheint logisch. Mit dem Erwerb des gedruckten Buches war es jedoch nicht getan; dieses musste kostenaufwendig gebunden werden. 1486 war es soweit: Der siebzehnjährige Niccolò durfte «den Livius» beim Buchbinder abholen. Die Bezahlung: drei Flaschen Rotwein und eine Flasche Essig von den bescheidenen Weinbergen der Familie. Symbolträchtig war dieser Augenblick der Buch-Übergabe noch in anderer Hinsicht: Dreißig Jahre später sollte der Sohn des bibliophilen Vaters über das Geschichtswerk des Livius sein umfangreichstes politisches Werk verfassen.
    Eine Kindheit im Florenz der Medici
    Sparsam, aber kultiviert muss es demnach im Haushalt Bernardo Machiavellis zugegangen sein. Am kärglich gedeckten Tisch saßen außer den Eltern und Niccolò die zwei erstgeborenen Töchter Primavera («Frühling») und Margherita sowie der jüngere Sohn Totto, der sich lebenslang der bescheidenen Vermögensverhältnisse des Hauses annehmen sollte – untypisch für den Jüngsten, doch bei einem solchen Bruder unvermeidlich.
    Was Niccolò Machiavelli von seinem Vater hielt, hat er nicht für die Nachwelt festgehalten. Aus Briefen an seine eigenen Kinder darauf zu schließen, wie er selbst seine Jugend erlebt hat, ist gewagt – außer in einem Punkt:
Guido, mein allerliebster Sohn. Über Deinen Brief bin ich unendlich froh, weil Du schriebst, dass Du geheilt bist – die beste aller Nachrichten für Deinen Vater! Wenn Gott Dir und mir das Leben schenkt, will ich einen Ehrenmann aus Dir machen, vorausgesetzt, Du trägst Dein Teil dazu bei. Denn außer den vielen großen Freundschaften, die ich schon habe, habe ich eine neue Freundschaft mit dem Kardinal Cibo geknüpft, und zwar so eng, dass ich mich selbst darüber wundere – sie wird Dir nützlich sein. Doch dafür ist es nötig, dass Du lernst, und Dich jetzt, wo Du nicht mehr die Entschuldigung der Krankheit hast, mit aller Kraft dem Studium der antiken Texte und der Musik widmest. Denn Du siehst, wieviel Ehre mir das, was ich davon verstehe, eingebracht hat.[ 3 ]
    So schrieb der achtundfünfzigjährige Niccolò Machiavelli am 2. April 1527, knapp drei Monate vor seinem Tod, an seinen Sohn Guido. Dass er Guido das Studium der antiken Texte und der Musik ans Herz legte, spiegelt fraglos eigene Kindheitseindrücke wider. Bei aller Untüchtigkeit zum Geldverdienen hielt Bernardo Machiavelli die Werte der Bildung hoch. Sein Sohn Niccolò war ein guter Lautenspieler und komponierte für die Aufführung seiner Komödie La Mandragola in Modena sogar eigene Melodien. Von seiner Beschäftigung mit den Historikern, Philosophen und Dichtern des Altertums legen seine Werke beredtes Zeugnis ab.
    Auch dafür schuf sein bildungsbeflissener Vater die Voraussetzungen. Unter dem 6. Mai 1476 vermerkte dieser in seinem Haushaltsbuch, dass Niccolò den «Donatello», eine Elementargrammatik der lateinischen Sprache, zu studieren begonnen habe. Für einen Siebenjährigen war das schwere, doch zeitübliche geistige Kost. Dazu kamen «Ferienaufenthalte» der Familie in der Villa von Sant’ Andrea und in einem weiteren Landhaus aus mütterlichem Besitz im Mugello, nördlich von Florenz. 1479 erkrankte Bernardo
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