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Macabros 033: Flucht in den Geistersumpf

Macabros 033: Flucht in den Geistersumpf

Titel: Macabros 033: Flucht in den Geistersumpf
Autoren: Dan Shocker
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seiner Verwunderung stellte er fest, daß immer
dann eine neue Insel sichtbar wurde, wenn er am nötigsten eine
brauchte! Es war gerade so, als ob sein Wunsch die Inseln schuf!
    Er kam nicht mehr dazu, sich über diesen mysteriösen
Umstand weitere Gedanken zu machen.
    Es geschah blitzschnell.
    Ein Heer von Moorwesen umringte ihn. Am Stamm, auf dem er stand,
schüttelten sie und wollten ihn herabwerfen wie eine reife
Frucht. Und dann passiert das, was er die ganze Zeit über hatte
verhindern können.
    Klauenhände umspannten seine Füße und seine Beine.
Er verlor das Gleichgewicht.
    Ein gellender Schrei hallte durch die brodelnde Dämmerung und
mischte sich mit dem Blubbern und Glucksen im Moor.
    Unstett riß die Arme empor. Er konnte den Sturz nicht mehr
auffangen. Er rutschte über das glitschige Holz, und seine Beine
tauchten ein in den zähen Schlamm. Der Unglückliche versank
sofort bis zu den Hüften im Sumpf und glaubte, eine
glühende Zange würde sich um seinen Leib legen.
     
    *
     
    Der Alptraum, den Lorette Massieu träumte, war
fürchterlich.
    Sie sah sich am Rand des gespenstisch glühenden Moores stehen
und darüber hinwegblicken. Die Oberfläche war
aufgewühlt wie bei einem Sturm.
    Unzählige Arme und Köpfe ragten aus dem Schlamm, so
daß vor lauter Geistern kein Sumpf mehr zu sehen war. Zwischen
den Geschöpfen schwammen Zweige und Äste, schwarz und
knorrig, als wäre ein vor Äonen versunkener Urwald nun
wieder an die Oberfläche getreten.
    Etwas Helles tauchte in der Düsternis auf.
    Ein Mensch! Ein Mann! Er trug eine helle Hose, ein rötliches
Hemd und er lief auf den schwimmenden Stämmen um sein Leben.
    Da taumelte er und verlor das Gleichgewicht.
    Lorette Massieus Kopfhaut zog sich zusammen.
    Ein Retter nahte! Da kam jemand, der sie aus diesem furchtbaren
Land jenseits aller Logik befreien konnte – und der verlor sein
Leben?
    Das durfte nicht sein!
    Sie sah den verzweifelten Kampf. Der Fremde schlug um sich, und es
gelang ihm, zwei, drei Widersacher in die Tiefe zurückzuzwingen.
Knirschend brachen die morschen Arme und Finger ab und schwammen wie
Treibholz auf dem Schlamm, ehe sie langsam versanken. Der Fremde
kämpfte mit dem Mut der Verzweiflung, obwohl er erkennen
mußte, daß er überhaupt keine Chance hatte, dem
Grauen und dem sicheren Tod zu entrinnen.
    Der Fremde rutschte vom Stamm und konnte sich nicht länger
halten. Es gelang ihm noch einen Zweig abzubrechen und damit auf
seine Widersacher einzuschlagen.
    Vier, fünf Hände waren gleichzeitig über ihm und
drückten auf seine Schultern und auf seinen Kopf. Er konnte das
Unabänderliche nicht verhindern und sank in die Tiefe. Der graue
Schlamm schwappte in die Höhe und berührte sein Kinn,
seinen Mund, den er fest zusammenpreßte, und dann seine Nase.
Schließlich bedeckte er seine schreckgeweiteten Augen. Sein
Kopf verschwand.
    »Neeeiin!« schrie Lorette Massieu, dann erwachte sie,
schlug die Augen auf – und zitterte am ganzen Leib.
    Der Traum war zu Ende. Gott sei Dank!
    Aber er ging weiter – in der Wirklichkeit.
     
    *
     
    Wo endete der Traum, wo begann die Wirklichkeit?
    Da war der Sumpf, in dessen unmittelbarer Nähe sie vor
Ermüdung zu Boden gesunken war. Da waren die schrecklichen
Wesen, die aus dem Schlamm ragten und die immer mehr wurden, je
länger sie hinblickte. Und da gab es auch die knorrigen
Stämme – und ein schmatzendes Loch zwischen den
schauerlichen Sumpfgestalten. Die Stelle, an der der Fremde versunken
war!
    Bewegung entstand neben ihr.
    Carminia Brado!
    »Es liegt an dir – du bist daran schuld!«
stieß die Brasilianerin heftig hervor. »Du kannst ihn
retten – die Gestalten entstammen deinem Willen und deiner
Fantasie!«
    Lorette Massieu starrte ihre Begleiterin an, als wäre diese
selbst ein Gespenst.
    »Ich bin eben wach geworden, eine Sekunde vor dir«,
sprudelte es über die Lippen der Südamerikanerin. »Du
hast geträumt. Du warst schrecklich aufgeregt. Da wollte ich
dich schon wecken. Du bist von selbst aufgewacht. In der gleichen
Sekunde fiel mir auf, daß die Gestalten weniger wurden.
Denk’ nicht mehr an sie, Lorette! Deine Gedanken erwecken
sie!«
    Welch verfluchter Ort war dies hier?
    »Unmöglich – so etwas gibt es nicht!« Lorette
Massieu schrie es heraus.
    »Denke daran, daß sie verschwinden – und sie
werden verschwinden! Nur so kannst du noch helfen. Schnell die Zeit
drängt!«
    Carminia war verzweifelt.
    »Ich habe selbst den Versuch gemacht – vorhin, ehe
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