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Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch

Titel: Luzie & Leander - 04 - Verblüffend stürmisch
Autoren: Bettina Belitz
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strafversetzt wurde. Das mit Leander würde ich niemals jemandem erzählen können.
    »Nacht, Serdan.«
    Serdan sah mich noch einen Moment lang fest an, als wolle er mich nicht so leicht davonkommen lassen, aber dann zuckte er mit den Schultern. »Nacht, Luzie. Schlaf gut.«
    Doch ich schlief nicht gut. Ich träumte von Sprüngen, die mit einem Sturz in die bodenlose Tiefe endeten, träumte, dass ich meine Füße nicht mehr bewegen konnte, keine Kraft mehr hatte, mein Gleichgewicht verlor.
    Sehnlich wartete ich darauf, aufzuwachen und Leander plappern zu hören. Aber meine Träume wollten mich nicht mehr loslassen.

Fleischbeschau
    »Luzie. Sssssst. Luzie!«
    Nun also doch. Ich lag schon seit einiger Zeit wach, aufgeschreckt durch einen geträumten Absturz von einem schwindelerregend hohen Gebäude, und hatte sofort gespürt, dass ich alleine in meinem Zimmer war. Leander taperte mal wieder durchs Haus. Doch jetzt hatte er seinen nächtlichen Rundgang beendet. Das feine Pfefferminzaroma in meiner Nase verriet mir, dass er dicht vor mir auf dem Boden saß und mich anstarrte. Meine Lider zuckten, als er mir ins Gesicht pustete, aber ich hielt die Augen stur geschlossen.
    »Luzie. Ich weiß, dass du wach bist. Mach die Augen auf. Ich habe den Beweis dafür, dass du gelogen hast. Luzie!«
    Er zupfte mit den Fingerspitzen an meinen Wimpern und versuchte dann, meine Lider nach oben zu ziehen. Mit einem leisen Schnarchgeräusch schüttelte ich ihn ab.
    »Ich hatte recht. Du hast gelogen. Ich gut, du böse.«
    Ich reagierte immer noch nicht, obwohl mich brennend interessierte, wovon er sprach. Beweis? Gelogen? Das konnte eigentlich weder etwas mit unserer Parkour-Beichte noch mit meiner erfundenen Schwangerschaft zu tun haben. Ich hatte schließlich die Karten auf den Tisch gelegt – nachdem ich in den Wochen davor zugegebenermaßen viel gelogen hatte. Doch dieses Druckmittel konnte Leander ja nun nicht mehr einsetzen.
    »Außerdem habe ich Neuigkeiten. Frisch aus dem elterlichen Schlafzimmer«, fuhr Leander in unverkennbar wichtigtuerischem Tonfall fort.
    »Hast du wieder mal gelauscht?«, fragte ich gelangweilt. Es machte ja doch keinen Sinn, sich schlafend zu stellen. Er würde mich so lange nerven, bis ich mich regte und antwortete. Trotzdem ließ ich die Augen geschlossen.
    »War nicht nötig«, sagte er locker. »Ich war im Badezimmer und eure Wände sind dünn. Außerdem weißt du, dass deine Mama nicht gerade ein damenhaftes Stimmchen hat.«
    »Sag bloß, du hast geduscht! Wir haben uns doch geeinigt, dass –«
    »Bien sur, haben wir. Nein, ich hab mir nur mein Tattoo angeschaut. Ich wollte wissen, ob es sich verändert hat.« Leander klang plötzlich nachdenklich und es kostete mich Kraft, nicht die Augen aufzuschlagen und ihn zu bitten, mir sein Tattoo zu zeigen – zwei riesige ausgebreitete Engelsflügel, die sich fast über den gesamten Rücken zogen. Ich hatte lange keinen Blick mehr darauf werfen können, weil ich Leander verboten hatte, halb nackt oder – wie es schon einige Male geschehen war – nackt wie Adam und Eva vor mir herumzuspringen.
    »Wieso sollte es sich verändern? Es ist ein Tattoo«, erwiderte ich betont uninteressiert und gähnte herzhaft.
    »Weil ich mich verändere, du Dummie. Ich bin zwei Zentimeter gewachsen und meine Schultern sind auch etwas breiter geworden. Hab nachgemessen.«
    Ich stöhnte gereizt auf. Leander pflegte und hegte seinen Körper, als würde er mit ihm Geld verdienen. Dabei sah ihn niemand außer mir. Aber auch mich beunruhigte die Tatsache, dass er sich veränderte, zunehmend. Es hatte mit ein paar Achselhaaren angefangen und nun hatte Leander seinen ersten Wachstumsschub hinter sich gebracht. Zwei Nächte Dauerjammern, weil seine Schienbeine und der Rücken angeblich »unerträglich« schmerzten. Er hatte sich dann abwechselnd heiße und kalte Waschlappen auf die Beine gelegt, bis er gegen Morgen endlich eingedämmert war und ich mich Mama gegenüber einmal mehr in Erklärungsnot befand, da sie meinen Flickenteppich klitschnass und übersät mit rosa- und pinkfarbenen Mikrofaserwaschtüchern vorfand.
    Doch viel beunruhigender war, dass Leander sich im Grunde nicht verändern durfte. Er hatte seinen Körper selbst erfunden und gestaltet, als er ihn bekommen hatte. Er hatte genau festlegen können, wie groß er war, was er anhatte, wie seine Haare und Augen beschaffen waren. Bei den Augen hatte er Entscheidungsschwierigkeiten gehabt und sich unter Zeitdruck am Ende
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