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Lullaby (DE)

Lullaby (DE)

Titel: Lullaby (DE)
Autoren: Chuck Palahniuk
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hat.
    Doppel, sage ich. Rostfreier Stahl. Separate Warm- und Kaltwasserhähne, Armaturenhebel aus Porzellan. Keine Perlstrahler.
    Und Duncan sagt: »Modell des Kühlschranks?« Im Licht der Bürolampen blitzen Speicheltröpfchen auf.
    Amana, sage ich.
    »Haben sie einen Kalender?« Duncans Spucke sprüht mir auf die Hand, auf den Arm, ins Gesicht. Die Spucke ist von der Klimaanlage gekühlt.
    Auf dem Kalender war ein Gemälde von einer alten Mühle in Neuengland, aus Stein gebaut, sage ich, eine Wasserradmühle. Werbegeschenk eines Versicherungsvertreters. Darauf notiert war der nächste Termin des Babys beim Kinderarzt. Und das bevorstehende Examen der Mutter. Zweiter Bildungsweg. Diese Daten und der Name des Kinderarztes stehen in meinen Notizen.
    Und Duncan sagt: »Verdammt, Sie sind gut.«
    Seine Spucke trocknet auf meiner Haut und meinen Lippen.
    Der Küchenboden war mit grauem Linoleum ausgelegt. Die Arbeitsflächen pink mit schwarzen Brandflecken von Zigaretten. Auf der Anrichte neben der Spüle lag ein Buch aus einer Bücherei. Gedichte und Lieder aus aller Welt .
    Das Buch war zu, und als ich es auf den Rücken legte, als ich es sich selbst aufschlagen ließ in der Hoffnung, so zu erfahren, wie weit der Leser darin gekommen war, klappte es auf Seite 27 auf. Und ich machte ein Bleistiftzeichen an den Rand.
    Mein Redakteur kneift ein Auge zu und sieht mich schräg von der Seite an. »Reste«, sagt er, »welchen Essens haben am Geschirr geklebt?«
    Spaghetti, sage ich. Sauce aus der Dose. Mit Pilzen und Knoblauch. Ich habe eine Bestandsaufnahme des Mülls in der Tüte unter der Spüle gemacht.
    Zweihundert Milligramm Salz pro Portion. Einhundertfünfzig Kalorien Fett. Keine Ahnung, was ich bei so was zu finden hoffe, aber es lohnt sich immer, am Ort des Geschehens nach einem Muster zu suchen.
    Duncan sagt: »Sehen Sie das?« und reicht mir einen Probeabzug der heutigen Restaurantbeilage. Über dem Falz ist eine Anzeige. Dreispaltig, fünfzehn Zentimeter hoch. Die Überschrift lautet:
    Achtung an alle Kunden des
Treeline Dining Club
     
    Darunter der Text: »Haben Sie sich nach dem Essen in diesem Haus eine behandlungsresistente Form des chronischen Erschöpfungssyndroms zugezogen? Hat diese durch Nahrungsmittel übertragene Infektion Sie unfähig gemacht, zu arbeiten und ein normales Leben zu führen? Falls ja, rufen Sie bitte die folgende Nummer an, um sich an einer Sammelklage zu beteiligen.«
    Dann eine Telefonnummer mit seltsamer Vorwahl, vermutlich von einem Handy.
    Duncan sagt: »Meinen Sie, daraus lässt sich was machen?«, und seine Spucke sprenkelt die Seite.
    Hier in der Redaktion meldet sich mein Piepser. Die Rettungssanitäter.
    In der Journalistenschule verlangen sie, dass du wie eine Kamera arbeitest. Ein geübter, objektiver, distanzierter Profi. Sorgfältig, fehlerlos und aufmerksam.
    Sie trichtern dir ein, dass die Nachricht und du selbst immer zwei ganz verschiedene Dinge sind. Mörder und Reporter schließen sich gegenseitig aus. Egal worum es geht, der Artikel handelt nicht von dir .
    Mein drittes Baby liegt zwei Fahrstunden entfernt in einem Farmhaus.
    Mein viertes Baby liegt in einer Eigentumswohnung in der Nähe eines Einkaufszentrums.
    Ein Sanitäter führt mich in ein Schlafzimmer und sagt: »Entschuldigung, dass wir Sie für das hier gerufen haben.« Sein Name ist John Nash, und er zieht das Laken weg: Im Bett liegt ein Kind, ein kleiner Junge, zu perfekt, zu friedlich, zu bleich, als dass er nur schlafen könnte. Nash sagt: »Der ist schon fast sechs Jahre alt.«
    Einzelheiten zu Nash: groß gewachsen, weiße Uniform. Hohe weiße Laufschuhe. Die Haare zu einer kleinen Palme auf dem Schädeldach hochgebunden.
    »Das könnte hier auch Hollywood sein«, sagt Nash. Bei dieser Art von sauberem, unblutigen Tod gibt es keinen Todeskampf, keine retrograde Peristaltik – wie sie im Todeskampf vorkommt, wenn der Verdauungsapparat in entgegengesetzter Richtung arbeitet, sodass man Fäkalien erbricht. »Da wird Scheiße gekotzt«, sagt Nash, »und das wäre dann eine realistische Sterbeszene.«
    Ich erfahre von ihm, dass der Krippentod am häufigsten zwei bis vier Monate nach der Geburt auftritt. Über 90 Prozent dieser Todesfälle ereignen sich vor dem sechsten Lebensmonat. Nach Ansicht der Mehrheit der Experten ist der Krippentod nach dem zehnten Lebensmonat so gut wie ausgeschlossen. Stirbt ein Kind nach Vollendung des ersten Lebensjahres, schreibt der Arzt »Todesursache unbekannt« auf den
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