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Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord
Autoren: Elke Pistor
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tot«,
murmelte ich leise und Hermann nickte.
    »Es war seine Zeit.«
Er legte seine Hand auf meine. Wir schwiegen und sahen über das Tal. Gemünd
breitete sich unter uns aus, die Häuser flossen wie ein breiter Strom durch das
Tal und fingen die letzten Strahlen der Abendsonne auf. Einige Vögel
zwitscherten noch gegen ihre Müdigkeit an und suchten Schutz für die Nacht
unter dem dichten Blätterdach des Waldes.
    »Weißt du schon
mehr?«
    »Hansen hat mich
angerufen.«
    »Er rechnet noch mit
dir.«
    »Ja. Das tut er.«
Ich grinste müde. »Obwohl es mich wundert.«
    »Wie nimmt Henrike
es auf?« Hermann seufzte und wischte sich mit dem Handrücken über den
Augenwinkel.
    »Sie hat
Beruhigungsmittel bekommen und schläft jetzt bei mir zu Hause. Wenn sie wach
wird, will ich da sein.«
    »Das musst du, Kind.
Das musst du. Sie braucht dich jetzt.« Hermann schüttelte den Kopf. »Ich kriege
es nicht in meinen alten Schädel. Wie konnte Birgit nur. Ihre eigene Schwester.
Und Regina.«
    »Regina?« Alfons
Brinke ließ seine Flöte sinken. »Regina kommt nicht mehr.« Seine Stimme klang
traurig.
    »Alfons«, sagte
Amalie leise und rückte näher zu ihm, aber er sprach weiter.
    »Sie ist zu dem
Jungen gegangen.« Er sah mich an. Sein Blick wurde wacher hinter dem Vorhang,
der uns trennte. »Ins Wasser am Wehr. Sie ist ertrunken, wie er vor vielen
Jahren. Jetzt hat sie ihre Schuld bezahlt. Ich habe ihr geholfen. Jetzt hat
alles wieder seine Ordnung.« Er lächelte.
    »Alfons, was sagst
du da?« Hermann stand auf und beugte sich zu ihm hinunter. »Was meinst du mit,
›ich habe ihr geholfen‹?«
    Alfons Brinke hob
seine Flöte an die Lippen, blies drei Töne und ließ das Instrument wieder
sinken.
    »Ich habe ihr
geholfen. Sie war doch meine Tochter. Da musste ich ihr doch helfen gegen die
Schande.«
    Mir fielen die
dreckigen Schuhe in Reginas Hausflur ein. Der Dreck war Schlamm gewesen.
Schlamm von der Erde des Wehrs. War Alfons Brinke dort gewesen? Hatte er
zugesehen, wie seine eigene Tochter ertrank? Die andere DNA -Spur
an dem Ast, mit dem Regina unter Wasser gedrückt worden war, war die eines
Mannes. Hatte ihr eigener Vater sie mit dem Ast unter Wasser gedrückt, nachdem
Birgit gegangen war?
    Alfons Brinke
begann, leise auf der Flöte zu spielen. Die Töne erhoben sich und schwebten
über das Tal. Selbstvergessen wiegte er sich mit geschlossenen Augen im Rhythmus
der Melodie. Hermann richtete sich auf, fasste ihn am Arm und nickte Amalie zu.
    »Komm, Alfons, wir
bringen dich nach oben. Wir müssen uns um dich kümmern.« Die Töne verstummten,
und willig kam Alfons Brinke Hermanns Aufforderung nach. Drei Rücken, dicht an
dicht. Hermann, Alfons, Amalie. Drei Spatzen.
    Ich stand auf und
folgte ihnen in einigem Abstand den Hügel hinauf. Ich würde Hansen über Alfons
Brinke informieren müssen. Was mit ihm zu geschehen hatte, darüber würden
andere entscheiden.
    An einem der Fenster
oben im Gebäude bewegte sich etwas. Ich sah hinauf. Thomas. Er lächelte mir zu
und legte die Hand an die Fensterscheibe. Ich nickte. Er hätte sicher noch
einen Kaffee für mich übrig.

Nachwort und Dank
    Auf die Idee zu
Ina Weinz’ neuem Fall brachte mich eine alte Postkarte mit einer Ansicht des
Hotels Lorbachtal. Bis zum Zweiten Weltkrieg war es ein beliebtes Ausflugsziel
an der Urfttalsperre. Nach dem Krieg wurde der Standort des Hotels Teil des zur
Burg Vogelsang gehörigen Truppenübungsplatzes, der erst nach der Einrichtung
des Nationalparks Eifel der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht wurde.
    Die Ruinen des
Hotels wurden 2009 im Zuge des Baus der Urfttal-Brücke eingeebnet, und die
Natur eroberte sich das Gelände zurück. Aber auch wenn dieser »Schauplatz«
nicht mehr existiert – eine Wanderung oder eine Radtour entlang des Stausees
ist ein in jeglicher Hinsicht lohnender Ausflug.
    Auch bei diesem
Band durfte ich wieder auf Unterstützung und fachkundige Beratung
zurückgreifen, für die ich herzlich danken möchte!
    Dem Emons Verlag für
das Vertrauen in mich und meine Kommissarin Ina Weinz.
    Meiner Lektorin
Marit Obsen für den Überblick, den sie bewahrt, den Scharfblick und die
inspirierenden Fragestellungen.
    Momo Edel für ihre
ganz eigene, wunderbare Sicht auf die Geschichte, die Figuren und die
Zusammenhänge.
    Barbara und Frank
Hentschel für die motivierende inhaltliche und technische Unterstützung. Ja,
ich räume meine Festplatte auf. Nach dem Skript! Ganz bestimmt!
    Meinen
Testleserinnen Barbara
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