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Lügenbeichte

Lügenbeichte

Titel: Lügenbeichte
Autoren: Beate Dölling
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knallrote Wangen. »Ist mit Lou alles okay?«
    »Ja, ja«, sagte er, sah, dass sie »oben ohne« im Bett lag. Er stand dort einen Moment wie benommen und rührte sich nicht.
    »Komm«, sagte sie und streckte die Hand nach ihm aus. Er zog sich hastig die Jeans aus. Seine Boxershorts stand ab wie ein Zelt. Sie kicherte, er auch. Sie zeigte auf die Kondome, die sie eben auf den Nachttisch gelegt hatte.
    »Heute habe ich auch welche dabei«, sagte er und schmunzelte. Dann schlüpfte er zu ihr unter die Decke.
    Hinterher fühlte sie sich tatsächlich so, als läge sie mit Max auf einer Wolke, eng aneinandergeschmiegt, schwerelos dahinschwebend, seinen Herzschlag im Ohr, ruhig und regelmäßig, nach dem großen Sturm im Körper. Mein Gott, war das schön! Sie hatte es ja geahnt, dass es mit Max so schön werden könnte. Schon beim ersten Knutschen an der Krumme Lanke hatte sie es geahnt!
    Er fuhr mit den Fingerspitzen über ihren Rücken. Der Druck war genau richtig, nicht zu stark und nicht so leicht, dass es kitzelte. Er war so zärtlich! Josi holte tief Luft und schluckte. Dann musste sie wohl eingenickt sein. Max lag neben ihr und schlief tief und fest. Sie lauschte – es regnete schon wieder –, sah auf die Uhr, Viertel nach eins. Der Film war längst zu Ende! Sie stand auf, zog sich an, küsste Max auf die Augen. Er wurde wach, blinzelte sie an, lächelte selig. Roch er nach Rauch?
    »Ich geh runter«, sagte sie.
    »Komme gleich nach«, sagte er.
    Als sie oben an der Treppe war, hatte sie schon so ein komisches Gefühl. Sie sah Lou nicht. Bestimmt hatte er sich auf den Teppich gelegt. Sie konnte nicht über die Sofalehne schauen, lief die Treppe runter, aber auf dem Teppich war er nicht.
    »Lou?«

Sonntag

Mach auf! Ich kann nichts sehen. Es ist so dunkel. Lass mich raus. – Mama? Maaamaaaa!
1:21
    »Lou?«
    Josi schaltete den DVD-Player aus und guckte unter den Tisch.
    »Loulou, wo bist du?«
    Sie kniete sich hin und schaute auch unter das Sofa. Seine Transformerautos parkten in einer geraden Linie, weiter hinten lag die Fernsehzeitschrift. Kein Lou.
    »Okay, Lou, du hast gewonnen! Ich kann dich nicht finden. Komm raus!« Sie hielt die Luft an, um besser zu lauschen, aber sie hörte nur den Regen. Es pladderte gegen die große Fensterfront.
    Max kam die Treppe runter und gähnte. »Na, will der Kleine immer noch nicht ins Bett?«
    »Ich kann ihn nicht finden.«
    Max half mit suchen. Im Flur und in der Küche war er nicht, auch nicht im Bad. Sie gingen nach oben, in Lous Zimmer.
    »Das ist aber aufgeräumt«, sagte Max.
    »Ja, Lou ist ein ganz ordentlicher Junge«, sagte Josi und rief dann laut: »Nicht, wahr, Lou?!«
    Sie schaute auf sein Regal. Dort standen in einem Fach seine Autos, im nächsten Tiere, daneben die Roboter und die Raumschiffe. In einem anderen Fach hatte er sorgfältig Holzstücke sortiert, Steine, Nägel und Schneckenhäuser. Es gab auch noch gestapelte Streichholzschachteln und die gelben Plastikdingervon den Überraschungseiern. Die Figuren waren hinter einem Lego -Zaun aufbewahrt. Er hatte auch eine ganze Reihe Bilderbücher und Bücher, die er unbedingt lesen wollte, wenn er erwachsen war.
    »In meinem Kinderzimmer sah es chaotischer aus«, sagte Max. »Aber so ein Poster vom Sternenhimmel hatte ich auch.« Er rückte an Josi heran und tupfte ihr einen Kuss in den Nacken. Josi ging auf die Knie, guckte unter Lous Bett. Auch hier kein Lou, nur ein Stapel GEOlinos . Dann sah sie, dass die Tür vom Kleiderschrank nur angelehnt war. Aha, da war der Ausreißer also!
    »Ich weiß, wo du bist! Achtung, ich komme!«
    Sie stand auf, riss die Schranktür auf, schob hastig die Bügel an die Seite. Sie quietschten. Ein roter Ball mit bunten Punkten kam ihr entgegen, rollte durchs Zimmer. Sonst nichts!
    Josi ging zur Tür und rief durchs Haus: »Okay, Lou. Es ist jetzt nicht mehr lustig! Komm sofort raus aus deinem Versteck!« Sie schoss den Ball auf die Galerie und ging ins Badezimmer von Thomas und Marina. Auch nichts. Ihr Schlafzimmer war sehr übersichtlich. Dort standen nur ein Futon in der Mitte des riesigen Raums und ein paar weiße Orchideen in einer mannshohen Vase.
    »Vielleicht ist er ja irgendwo eingeschlafen«, sagte Max. Seine Stimme klang besänftigend. Josi biss sich auf die Lippen. Einen Moment war es, als stünde sie nicht hier, sondern in der Wohnung in Charlottenburg, in der sie aufgewachsen war, als ihre Eltern noch zusammen und sie eine Familie waren, mit Robert, ihrem Ziehbruder,
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