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Luc t'a pan - Teil 1 (German Edition)

Luc t'a pan - Teil 1 (German Edition)

Titel: Luc t'a pan - Teil 1 (German Edition)
Autoren: Markus Wand
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zum Fließen brachte.
  Ich spüre, wie die Schwärze ein weiteres Mal an die Tür klopft. Dann ist es nicht mehr weit, bis sie mich abermals überwältigt. Wieder wird Leben genommen. Eine neue Narbe geboren. Wieso kann es nicht mehr so wie früher sein? Bevor sich alles für uns änderte und wir unsere Unschuld verloren. Als ich dir noch helfen konnte. Warum nur?

4. Vergangenheit

 Er wusste nicht, wie lange er schon so dalag. Wie lange er seinem Schmerz erlaubte, die Kontrolle über ihn zu besitzen. Doch nun war es genug.
 Die Zeit des Selbstmitleids endete und die Zeit der Vergeltung konnte beginnen.
 Eine dicke Schneeschicht bedeckte Luc t'a pans Körper, die an ihm wie ein Leichentuch herabglitt, als er sich aufrichtete. Sein Anblick glich der Schwarz-Weiß-Fotografie eines Roboters inmitten einer Wüste aus Eis.
 Luc t'a pans Blick wanderte nach unten. Er suchte den Boden in seiner unmittelbaren Umgebung ab.
  Wo sind sie bloß?
  Auch die Augen eines Törötönösen benötigten einige Zeit, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Zwar hatte sich der Sturm gelegt, aber die Wolken sperrten nach wie vor das Licht der Sterne und des Mondes aus.
 Luc t'a pan bückte sich, um besser sehen zu können.
  Nichts.
  Er tauchte seine Hände in den Schnee und tastete den Untergrund ab. Zentimeter um Zentimeter glitten sie über den gefrorenen Boden, bis sie etwas ertasteten.
  Endlich.
  Seine Finger umschlossen den Fund und brachten ihn an die Oberfläche. Doch bereits bevor er die Faust öffnete , wusste Luc t'a pan, dass er nicht das Gesuchte in der Hand hielt. Er vermisste das vertraute Gefühl, das jeder Törötönöse vom Anbeginn seiner Existenz in sich spürte und das ihn fortan auf ewig begleitete.   Das Leben, das die Blutkristalle in sich trugen. Die Energie, die sie verströmten.
 Luc t'a pan schleuderte den Stein in die Weite des Plateaus hinaus.
  Wertlose Materie.
  Die Nutzlosigkeit des Steins spülte ihm augenblicklich seine eigene Situation ins Bewusstsein zurück. Instinktiv fuhr sein Arm nach oben, und er tastete nach der Vertiefung, die sich dort unter seiner rechten Schulter befand.
  Nach wie vor dort befindet.
  Luc t'a pan gewahrte erneut den Makel seines Sieges , der sich beklemmend über ihn legte. Zwar konnte er durch den blitzartigen Angriff auf seinen Stammesbruder die Fähigkeit, sich in Licht zu verwandeln, zurückgewinnen, aber seine Unsterblichkeit blieb ihm weiterhin verwehrt.
  Mein Schrei war nicht stark genug – mein Emanata hat sich nicht vollständig geöffnet. Nun verharre ich im Zustand des scö'l pe matrix – gezeichnet in der Farbe des Verräters. Schwarz. Wie das Licht, das ich aussende, wenn ich mich verwandle. Im Buch der Weisheit unseres Volkes steht es beschrieben. Ich bin nicht nur der Erste, der verstoßen wurde, sondern auch der Erste, den das scö'l pe matrix wie ein Mal bis zum Tode begleitet.
  Luc t'a pan blickte in den Nachthimmel.
  Schwarzes Licht – was für ein Hohn! Selbst die Nacht besitzt ihren Mond! Ihre Sterne! Welche Kraft wohnt schon in schwarzem Licht?
  Er schüttelte seinen Kopf und setzte die Suche nach den Blutkristallen unter der Schneedecke fort. Während er fieberhaft den Untergrund nach ihnen abtastete, erwuchs ein weiteres Detail seines Plans nach Vergeltung. Ein völlig neues Detail, das in seiner Schrecklichkeit Luc t'a pan ein Lächeln in den Schädel stanzte.
  Die Blutkristalle bergen meine einzige Hoffnung.

5. Gegenwart

Lyn kramte mit ihrer unverletzten Hand im Rucksack, der ihr gesamtes Hab und Gut beinhaltete. Ganz hinten, unter einem Plastikbeutel mit Waschlappen, Seife, Zahnpasta und Zahnbürste wurde sie fündig. Sie zog die Flasche Schnaps – das Geschenk eines Bauern, dem sie im letzten Jahr bei der Heuernte geholfen hatte – hervor und schraubte den Deckel von dem Selbstgebrannten herunter. Sie schätzte den Alkoholgehalt auf mindestens 60 Prozent; auf jeden Fall mehr als genug, um die Wunden ihrer Hand zu desinfizieren.
 Vorsichtig tröpfelte sie das Gebräu über das offene Fleisch und die unmittelbar benachbarten Hautpartien. Dabei sog sie die Luft zwischen ihren Zähnen ein.
 Dies blieb ihre einzige Reaktion.
 Kein schmerzverzerrter Gesichtsausdruck.
 Kein Wegziehen der Hand oder ein Wegschütteln des Schnapses. Stoisch führte Lyn ihre Reinigung fort, bis sie den Eindruck hatte, es wäre genug. Sie wartete, bis die Flüssigkeit abtrocknete, verschloss die Flasche und verstaute sie wieder.
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