Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Love

Love

Titel: Love
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
von allen Seiten. Scott, der kaum mitbekam, dass Tony darüber schreiben würde, hatte fast das Talent eines Politikers dafür besessen, sich in der Öffentlichkeit im mer denen zuzuwenden, die gekommen waren, um ihn zu sehen, Scott horchte auf die Stimmen der anschwellenden Menge und dachte bereits darüber nach, wie er den Plug-in Point finden würde, jenen angenehmen Augenblick, in dem er den Stecker in die Steckdose schob und die Elektrizität von ihm zu ihnen floss, um dann doppelt oder gar dreifach zu ihm zurückzufließen, er liebte diesen elektrischen Strom, aber Lisey war überzeugt davon, dass er vor allem diesen Augen blick des Einsteckens geliebt hatte. Trotzdem hatte er sich die Zeit für eine Antwort genommen.
    Sie können mir gern Fotos, Artikel und Besprechungen aus Campus-Zeitungen und Fakultätsberichten schicken, alles in der Art. Bitte. Ich möchte alles sehen, The Study, RFD #2, Sugar Top Hill Road, Castle Rock, Maine. Lisey weiß die Postleitzahl. Ich vergesse sie immer.
    Sonst kein Wort über sie, nur Lisey weiß die Postleitzahl . Wie Manda aufgeheult hätte! Aber Lisey war es recht gewe sen, dass sie auf diesen Reisen vergessen war: dabei und doch nicht da. Sie liebte es, zuzusehen.
    Wie der Kerl in einem Pornofilm?, hatte Scott sie einmal gefragt, und sie hatte mit dem sichelmondförmigen Lächeln geantwortet, das ihn warnte, wenn er kurz davor war, zu weit zu gehen. Wenn du meinst, Schatz, hatte sie erwidert.
    Er hatte sie immer bei der Ankunft vorgestellt, danach hier und da einzelnen Leuten, wenn es nötig wurde, was aller dings selten der Fall war. Außerhalb ihrer eigenen Fach gebiete legten Wissenschaftler erstaunlich wenig Neugier an den Tag. Die meisten waren einfach nur begeistert, den Autor von The Coaster’s Daughter (National Book Award) und Relics (Pulitzerpreis) in ihrer Mitte zu haben. Außer dem hatte es einen Zeitraum von ungefähr einem Jahrzehnt gegeben, in dem Scott irgendwie überlebensgroß geworden war – für andere und manchmal auch für sich selbst. (Nicht jedoch für Lisey; wie zuvor und danach musste sie ihm eine neue Rolle Klopapier bringen, wenn das auf der Toilette alle war.) Niemand setzte wirklich das Podium unter Strom, auf dem er mit dem Mikrofon in der Hand stand, doch selbst Lisey spürte die Verbindung, die er zu seinem Publikum her stellte. Die Hochspannung. Sie entstand zuverlässig und hat te wenig mit seiner Arbeit als Schriftsteller zu tun. Vielleicht gar nichts. Sie hing irgendwie mit seiner Scottheit zusam men. Das klang verrückt, aber es stimmte. Und sie schien ihn nie sonderlich zu verändern oder ihm zu schaden, zumindest nicht bis …
    Ihre Augen hörten auf, sich zu bewegen, fixierten jetzt einen Buchrücken, auf dem in Goldbuchstaben U-TENN NASHVILLE 1988 REVIEW stand.
    1988, das Jahr des Rockabilly-Romans. Des Romans, den er nie geschrieben hatte.
    1988, das Jahr des Verrückten.
    Tony hier wird darüber schreiben
    »Nein«, sagte Lisey. »Falsch. Er hat nicht Tony gesagt, son dern …«
    Toneh
    Ja, das stimmt, er hat Toneh gesagt, er hat gesagt
    Toneh hiah wid drüwah schreim
    »… für den Jahresbericht 1988 der University of Tennessee«, sagte Lisey. »Er hat gesagt …«
    ’ch könnt alles mit Express schickn
    Aber der Teufel sollte sie holen, wenn der kleine Möchte gern-Tennessee-Williams nicht fast Spress statt Express ge sagt hatte. Das war die Stimme, richtig, das war Mr. Southern Fried Chickenshit. Dashmore? Dashman? Dash stimmte auf jeden Fall, dash wie sausen. Der Kerl war allerdings gesaust, er war gespurtet wie ein gottverdammter Sprinterstar, aber der zweite Teil stimmte nicht ganz. Er hatte …
    »Dashmiel«, murmelte Lisey ins Leere und ballte dabei die Fäuste. Noch immer starrte sie das Buch mit dem goldbe druckten Rücken an, als könnte es verschwinden, sobald sie den Blick abwandte. »Der eingebildete Südstaatler hieß Dashmiel, und ER IST GERANNT WIE EIN HASE! «
    Scott hatte sein Angebot, die Sachen mit Express Mail oder Federal Express zu schicken, ganz sicher dankend abgelehnt; so was hielt er für Geldverschwendung. Was die Korrespondenz betraf, hatte er es nie eilig – trieb sie stromabwärts vorbei, fischte er sie heraus. In Bezug auf Besprechungen seiner Romane hatte er viel weniger zu »Komm zurück aufs Floß, Huck, Schätzchen« und weit mehr zu »Was lässt Scotty ticken« tendiert, aber für Berichte über öffentliche Auftritte genügte ihm der gewöhnliche Postweg vollkommen. Da seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher