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Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße

Titel: Louisiana-Trilogie 2 - Die noble Straße
Autoren: Gwen Bristow
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sich den Schweiß vom Gesicht zu wischen. Der Schwarze quälte sich mit einem vier Zoll starken Pfosten ab, den er den Deich hinaufzuschleppen hatte. Fred lief auf ihn zu. »He, wer ist denn hier eigentlich der Oberste?«
    Der Neger wandte sich ihm zu: »Was willst du?«
    »Wer ist hier der Oberste?«
    »Mr. Vance!« Er nahm den Kampf mit seinem Pfosten wieder auf.
    »Wer ist Mr. Vance?«
    »Ein weißer Herr. Einer von der Regierung.«
    Fred stolperte hinter ihm her: »Wo finde ich ihn?«
    Der Schwarze mußte sich von neuem verschnaufen. »Da oben auf dem Deich, bei den Sandsäcken! Da steht er ja. Der mit den hohen Stiefeln!«
    Schon setzte er abermals an und schleppte den Balken weiter. Fred schaute zu der Stelle hinüber, die ihm gewiesen worden war. Er erblickte auf der Krone des Deiches einen langen, schlenkrigen Mann; er trug seine Arbeitshosen in hohe Stiefel gestopft, die ihm bis zu den Knien reichten. Fred kletterte den Damm hinauf; bei jedem zweiten Schritt wurde er angeschrien, sich aus dem Weg zu packen; es machte ihm nichts aus; er spürte Vertrauen zu dem Mann da oben; aus seinen sicheren Winken und Befehlen war es abzulesen: Mr. Vance verstand seine Sache!!
    »Donnerwetter noch mal!« sagte Fred laut, als er die Krone des Deiches erreichte und über die Barrikade der Sandsäcke hinwegblickte.
    Anstatt gemächlich fünfzehn Fuß unterhalb der Dammkante entlangzuschleichen, hatte der Fluß sich bereits bis zum ursprünglichen oberen Rand gehoben und umspülte die Pfosten des Plankenzauns, welche den Wall von Sandsäcken stützten. Die goldene schöne Faulheit des Stromes war dahin; er hatte sich in eine braune Furie verwandelt. Wallend und schäumend schoß er vorbei, von Wirbeln überfleckt; sie zerrten und sogen an den Hängen des Dammes. Ganze Bäume, schwere Stämme trieben in der Strömung; der Strom hatte sie weiter stromauf irgendwo entwurzelt, ausgespült; nun kreiselten sie in den riesigen Wirbeln, als hätte der Gewaltige seinen Spaß daran, mit ihnen zu spielen, ehe er sie in den Golf von Mexiko hinausspie. Gut eine Meile maß die Breite des Flusses von hier bis zum westlichen Ufer. Schierer, sinnloser Schrecken schlug über Fred zusammen angesichts dieser heulenden Wassermassen. Er fühlte sich versucht, Hals über Kopf davonzulaufen.
    Jemand packte ihn bei der Schulter, und eine Stimme sprach: »Hinunter vom Damm, Jung'! Siehst du nicht, daß wir zu arbeiten haben!«
    Fred blickte in das magere, unrasierte Gesicht des Mr. Vance. Den Damm zu verlassen schien ein fast willkommener Befehl. Aber er packte den Zipfel des nächsten Sandsackes. Er schrie über all dem Brausen und Geschrei: »Nein, ich will nicht 'runtergehen. Ich will für Sie arbeiten.«
    »Mach, daß du weiterkommst, du bist ja noch ein Kind!« sagte Mr. Vance.
    Fred griff nach ihm mit beiden Händen: »Mr. Vance, Sie können es mir glauben, ich bin zäh und kräftig. Ich kann ebenso Sandsäcke schleppen wie die Männer da.«
    Mr. Vance vermochte ein Grinsen nicht zu unterdrücken. Aber seine Miene war freundlich, wenn sich auch sein festes, lehmverschmiertes Gesicht unter einem wochenalten Bart verbarg. »Wie alt bist du?«
    »Bald vierzehn!«
    »Du bist noch zu klein, Jung'«, meinte er eilig, aber nicht böse. »Die Arbeit hier ist schwer!«
    »Ich schaffe so viel wie ein Mann, Meister! Und Arbeit muß ich haben. Meine Mutter wäscht für andere Leute die Wäsche. Und sie hat sonst keinen, der ihr hilft; bloß mich!«
    Mr. Vance schrie zu einem Mann hinüber, der einen Pfosten herauf schleppte: »Weiter nach hinten damit! Ans Südende!« Er blickte wieder auf Fred: »Stell dir vor, der Damm gibt nach! Wahrscheinlich ist es nicht, aber es könnte passieren. Ich möchte nicht die Verantwortung tragen, dann ein Kind auf den Damm genommen zu haben.« Aber als er in Freds erregtes Knabengesicht blickte, kam ihn zum zweiten Male ein Lächeln an: »Also, weiß der Himmel, jeden erwachsenen Mann aus der Umgegend haben wir schon eingestellt. Die Arbeit ist verdammt hart, und wer einmal in einer Arbeitskolonne von mir steckt, der kommt nicht wieder heraus, ehe nicht das Hochwasser nachgibt. Melde dich bei dem Vormann da mit dem roten Haar; sag ihm, ich hätte dich zur Arbeit angenommen. Zehn Cents die Stunde, bis das Wasser zu fallen anfängt.«
    Fred wandte sich und stapfte zu dem rothaarigen Vormann hinüber: »Ich soll hier arbeiten!« verlangte er. »Zehn Cents die Stunde, Mr. Vance hat es gesagt.«
    Der Vormann zog ein Notizbuch
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