Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Loriot - Biographie

Loriot - Biographie

Titel: Loriot - Biographie
Autoren: Dieter Lobenbrett
Vom Netzwerk:
nach der Geburt seiner Tochter, natürlich sehr entgegen. Die Verhandlungen allerdings zogen sich hin, Loriot wollte Klarheit und schrieb einen Brief an Wahl, in dem er ein anderes Angebot erwähnte, das er anzunehmen gedachte. Zwei Tage später traf ein Telegramm bei den Bülows in Hamburg ein. Darin stand: »Bitte nicht anderweitig abschließen. Brief folgt. Wahl Weltbild.« [68]
    Dann ging plötzlich alles ganz schnell und schon im Mai 1954, wenige Tage nach Wahls Telegramm, fuhr Vicco von Bülow nach München, um einen Vertrag als fester Mitarbeiter beim Thomas Martens Verlag zu unterschreiben. Er verpflichtete sich, exklusiv für dessen Zeitschriften zu zeichnen, was bedeutete, dass im Mai 1954 auch die Zusammenarbeit mit dem Stern endete. Lediglich »Reinhold das Nashorn« war von der Exklusivität ausgenommen. Anfangs war Loriot vor allem in Weltbild vertreten, erst mit der Zeit rückte er in den Blickpunkt von Quick , der weit wichtigeren Illustrierten des Verlages und eines der bedeutendsten Magazine seinerzeit in Deutschland.
    Quick hatte damals, was den Humor betrifft, einen hervorragenden Ruf. Hieran arbeitete vor allem der zuständige Redakteur Anton Sailer, der allgemein als »Humor-Toni« bekannt wurde. Neben Loriot stachen in dieser Zeit auch die Abenteuer des Detektivs Nick Knatterton heraus, die von Manfred Schmidt gezeichnet wurden. Es war ein Umfeld mit hoher Konkurrenz und ebenso hohem Niveau.

Kollege Peter Neugebauer
    In dieser Zeit lernte Vicco von Bülow auch den Cartoonisten-Kollegen Peter Neugebauer kennen, mit dem ihn schon bald eine innige und schließlich lebenslange Freundschaft verbinden sollte. 1955 mieteten die beiden gemeinsam ein Studio in der Innocentiastraße im Hamburger Stadtteil Harvestehude, gleich um die Ecke von Vicco von Bülows Privatwohnung – zwei Zimmer im Dachgeschoss der Parkallee 36, wohin er mit Romi 1953 gezogen war. Dorthin leiteten sie auch gern die Anrufe aus dem Studio um, wenn sie nicht von Redaktionen an Abgabetermine oder anderweitig Nerviges und Störendes erinnert werden wollten. Sie ließen die brave Romi dann schamlos ausrichten, sie seien zum Tanzen gegangen. Auch morgens. Nicht jeder verstand den Humor. Drüben, im Studio, lief derweil beruhigend Barockmusik und beide kritzelten eifrig und still vor sich hin.
    In ihrem Studio wollten Vicco von Bülow und Peter Neugebauer große Projekte verwirklichen. Was allerdings nicht gelang. Exemplarisch dafür berichtete Neugebauer im Stern von einem dieser Vorhaben. An der Wand hatten sie einen großen Karton genagelt, zwei mal ein Meter fünfzig groß. Darauf sollte Stück für Stück ein großes mittelalterliches Schlachtenpanorama entstehen. Neugebauer begann links, von Bülow rechts unten, man wollte sich irgendwo in der Mitte treffen und jeder blieb natürlich in seinem Stil. »Fleißig skizzierte mein Freund an die fünf, sechs Krieger, ich gerade mal vier. Sein Grüppchen wirkte ohnehin voluminöser, schon der Loriot-Nasen wegen. Über ihnen und ringsumher wölbte sich der unendliche Raum in unschuldigem Weiß, und dabei blieb es.« [69]
    Ansonsten aber war die gemeinsame Zeit, wenn schon nicht nachhaltig lukrativ, so wenigstens produktiv und mitunter sehr unterhaltsam. »Wenn wir nicht an dem Wandgemälde arbeiteten, saßen wir uns am Schreibtisch gegenüber und ›entwickelten Ideen‹. Außerdem trainierten wir uns regelmäßig im Ohne-pingelige-Bleistiftvorzeichnung-alles-gleich-in-Tinte-hinhauen.« Zu diesem Zwecke machten sie sich gegenseitig möglichst aberwitzige Vorgaben, zum Beispiel »Kopfstehender Akrobat jongliert mit drei Bällen und spielt dabei Mundharmonika« oder »Boxer im Clinch unter Wasser«. [70] Der andere musste die Vorgabe dann binnen zehn Minuten mit einer kratzenden und tintenässenden Rohrfeder zeichnerisch umsetzen. Das Ergebnis wurde bewertet und man behielt die Zeichnungen des Freundes. Neugebauer verriet, dass er mit den Loriot-Skizzen einmal eine Dame zu angenehmen Kopfmassagen überreden konnte.

Frankfurter Verirrungen
    Recht hartnäckig versuchte in dieser Zeit auch ein kleiner Frankfurter Verlag mit Namen Bärmeier und Nikel den aufstrebenden Vicco von Bülow zu einer Zusammenarbeit zu überreden. Erst 1953, dann im Juni 1954 landete eine Anfrage bei Loriot. Der lehnte ab, mit Hinweis auf seine Verpflichtung beim Thomas Martens Verlag und auch bei Diogenes. Im April 1955 hatte der kleine Frankfurter Verlag endlich Erfolg. Loriot beteiligte sich mit einer Zeichnung
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher