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Lords und Ladies

Lords und Ladies

Titel: Lords und Ladies
Autoren: Terry Pratchett
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große
    Küken hinzu, die unter die Fittiche einer brütenden Henne krochen.
    Enkel wurden innig geliebt, jeder einzelne von ihnen. Aber unvorsichti-
    gen Frauen, die einen Ogg-Sohn heirateten, drohte die Gefahr, den Rest
    ihres Lebens in einer Welt psychischer Folter und häuslicher Leibeigen-
    schaft zu verbringen.
    Nanny Ogg erledigte im Haus keine Arbeit selbst. Aber sie verstand es,
    anderen Leuten Arbeit zu machen.
    »Ihr habt hier alles recht gut in Ordnung gehalten«, sagte sie. »Nicht
    übel.«
    Ihr Lächeln verblaßte.
    »Das Bett im Gästezimmer«, fuhr sie fort. »Darunter habe ich noch
    nicht nachgesehen, oder?«
    Inquisitoren hätten Nanny wegen zu großer Gemeinheit aus ihrer Gil-
    de verstoßen.
    Sie drehte sich um, als weitere Familienmitglieder hereinkamen. Der
    Gesichtsausdruck veränderte sich, und die Lippen formten ein für die
    Enkel reserviertes verträumtes Lächeln.
    Jason Ogg schob seinen jüngsten Sohn vor. Der vierjährige Pewsey
    Ogg hielt etwas in den Händen.
    »Was hast du denn da?« fragte Nanny. »Zeig es der Oma…«
    Pewsey hob es hoch.
    »Na so was? Du bist wirklich ein braver…«
    Es geschah genau in diesem Augenblick und genau vor ihr.

    Was Magrat betraf…
    Acht Monate lang war sie fort gewesen.
    Jetzt regte sich Panik in ihr. Im Grunde genommen war sie mit Veren-
    ce II. verlobt. Nun, nicht wirklich verlobt … Es gab eine Art unausgesprochene Übereinkunft, die eine Verlobung sehr wahrscheinlich werden
    ließ. Zugegeben, Magrat hatte ihn mehrmals darauf hingewiesen, daß sie
    die Freiheit liebte und sich nicht binden wol te, aber… aber…
    Aber… Nun, in acht Monaten konnte eine Menge geschehen. Sie hätte
    von Gennua aus auf direktem Wege heimkehren sol en, anstatt mit Oma
    Wetterwachs und Nanny Ogg herumzutrödeln.
    Sie wischte den Staub vom Spiegel und betrachtete sich kritisch. Was
    sie sah, erschien ihr nicht besonders vielversprechend. Ganz gleich, wel-
    che Mühe sie sich mit ihren Haaren gab: Sie brauchten nur drei Minuten,
    um wieder genauso wild zerzaust zu sein wie vorher, ganz wie ein Gar-
    tenschlauch im Schuppen.* Sie hatte sich ein neues grünes Kleid gekauft,
    doch was an der Puppe so aufregend und attraktiv erschien, wirkte bei
    Magrat wie ein zusammengerol ter Regenschirm.
    Inzwischen regierte Verence schon seit acht Monaten… Nun, Lancre
    war so klein, daß man beim Hinlegen riskierte, mit den Füßen über die
    Grenze zu ragen. Dennoch war der neue König ein richtiger König, und richtige Könige lockten junge Frauen an, die gern Karriere in der Köni-ginnenbranche machen würden.
    Magrat gab sich al e Mühe mit dem Kleid und zog die Bürste noch ent-
    schlossener als sonst durchs Haar.
    Dann machte sie sich auf den Weg zum Schloß.
    Für den Wachdienst im Schloß Lancre waren immer die Leute zustän-
    dig, die gerade nichts anderes zu tun hatten. Diesmal kümmerte sich
    Shawn darum, Nanny Oggs jüngster Sohn. Er trug ein recht knapp sit-
    zendes Kettenhemd und versuchte, Haltung anzunehmen, als Magrat
    vorbeitrippelte. Unmittelbar darauf ließ er die Pike fal en und hastete der
    jungen Hexe hinterher.
    »Kannst du bitte ein bißchen langsamer gehen?«
    Er überholte Magrat, eilte die Stufen zum Tor hoch und griff dort nach
    einer Trompete, die an einem Nagel hing. Er blies kräftig hinein und
    brachte etwas hervor, das entfernt an einen Fanfarenstoß erinnerte. Un-

    * So sorgfältig man ihn auch aufrollt: Über Nacht entrollt er sich immer, um den Rasenmäher an die Fahrräder zu fesseln.

    mittelbar im Anschluß daran holte er mehrmals tief Luft und schien sich
    auf einen neuerlichen Sprint vorzubereiten.
    »Bitte warte hier, ja genau hier«, sagte er. »Klopf erst an, wenn du bis
    fünf gezählt hast.« Er sprang durch die Tür und warf sie hinter sich zu.
    Magrat wartete, und nach einer Weile betätigte sie den Klopfer.
    Einige Sekunden verstrichen, und dann öffnete Shawn. Sein Gesicht
    war ganz rot, und auf seinem Kopf ruhte – falsch herum – eine verstaub-
    te Perücke.
    »Joooh?« fragte er und versuchte, so würdevol wie ein Butler zu wir-
    ken.
    »Du hast den Helm noch unter der Perücke«, stellte Magrat fest.
    Shawn verdrehte erschrocken die Augen nach oben.
    »Sind alle bei der Heuernte?« fragte Magrat.
    Der Mann hob die Perücke, nahm den Helm ab und setzte die Perücke
    wieder auf. Geistesabwesend fügte er ihr den Helm hinzu.
    »Ja. Und der Butler Herr Spriggins liegt im Bett, weil er wieder sein
    Problem hat«, antwortete
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