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Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)

Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)

Titel: Lord der toten Seelen: Royal House of Shadows (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
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schlanke Frau mit honigbrauner Haut, wie sie in Eldens südlichen Gefilden üblich war, und mit goldenen mandelförmigen Augen.
    Irina hielt sich für die Herrin einer großen Burg, kinderlos und mit nur einer Pflicht: sich um die Bedürfnisse ihres Herrn zu kümmern – auch wenn diese Bedürfnisse ihre Nächte mit Schreien erfüllten und fast jeden Tag einen Ring von blauen Flecken um ihren Hals hinterließen. Ihr Blick glitt über ihre eigene Tochter hinweg, selbst wenn Liliana direkt vor ihr stand und ihre Mutter anflehte, sich an sie zu erinnern, sie zu erkennen.
    Ganz im Gegensatz zu den wintergrünen Augen, die ihr gerade ins Gesicht blickten und die sie sahen, auch wenn sie es nicht wollte. Sie hatte sich unbemerkt in seinen Haushalt einschleichen wollen, um erst so viel wie möglich über ihn in Erfahrung zu bringen, ehe sie versuchte, ihm die Wahrheit über seine Vergangenheit zu eröffnen. Auf einen Gedächtnisverlust war sie vorbereitet, denn als Elden gefallen war, war er gerade fünf Jahre alt gewesen. Doch wenn er in den hinterhältigen Klauen der Magie ihres Vaters gefangen war, dann machte das ihre Aufgabe tausendmal schwerer. Das Werk des Blutmagiers hatte es an sich, mit der Zeit zu mutieren, sie konnte also nicht wissen, welche Wirkung der Zauber noch gehabt hatte.
    „Was mache ich bloß mit dir?“, fragte der Lord der Schwarzen Burg und der Wächter des Abgrundes mit kaum merklichem, bedrohlich amüsiertem Unterton. „Da ich noch nie einen Eindringling gehabt habe, macht mich deine Anwesenheit etwas ratlos.“
    Ihr wurde klar, dass er mit ihr spielte, spielte wie eine Katze mit einer Maus, die sie fressen wollte – sobald sie ihren Spaß mit ihr gehabt hatte.
    Wut verlieh ihr die Kraft, sein Starren zu erwidern. Ihr ganzes Leben hatte sie gegen ihren Vater angekämpft, der immer wieder versucht hatte, sie zu brechen, und das hatte sie hart werden lassen. Vielleicht nützte es nichts, aber sie konnte nicht anders, wie auch ein Tier in der Falle nicht anders konnte, als sich zu wehren.
    Er blinzelte. „Interessant.“ Er fuhr mit den Stahlspitzen seiner Finger über ihre Wange, ehe er sie wieder mit beiden Händen an den Schultern packte und zerrte, bis sie aufrecht vor ihm stand.
    Sie schwankte und wäre vornübergefallen, wenn er sie nicht gehalten hätte. So stützte sie sich nur mit einer Hand an seiner kalten schwarzen Rüstung ab. Sie fühlte sich an wie Stein. Das musste der Zauber ihres Vaters sein, der mit der Zeit gewachsen war und aus dem Gefängnis seiner Gedanken eine körperliche Wahrheit geformt hatte. Um den Zauber zu beenden, musste sie erst seine Rüstung entfernen.
    Doch ehe sie daran auch nur denken konnte, musste sie erst einmal überleben.
    „In den Kerker mit ihr“, sagte das Monster schließlich. „Bard!“
    Schwere Tritte brachten den Boden zum Beben. Eine Sekunde später wurde Liliana von Armen, dick wie Baumstämme, hochgehoben, und das Monster sah dabei zu. „Bring sie in den Kerker“, sagte er. „Ich kümmere mich nach der Jagd um sie.“
    Der Befehl hallte bedrohlich in Lilianas Kopf nach, während sie in unnachgiebigem Griff aus der Halle getragen wurde. In der seltsam flüsternden Stille, die in der aus nacktem Stein erbauten Burg herrschte, konnte sie sogar einen lauten gleichmäßigen Herzschlag unter ihrer Wange spüren, so langsam, dass er nicht mehr menschlich sein konnte. Es gelang ihr nicht, den Kopf zu drehen, sie konnte also nicht sehen, wer – oder was – sie so mühelos trug, bis sie einen Korridor voll schwarzer Spiegel betraten.
    Das Gesicht sah aus, als wäre es von einem Kind aus Lehm geformt. Überall waren Knoten und Dellen, missgestaltet, ohne wirkliche Form. Er hatte Ohren, aber diese riesigen Ausstülpungen hingen viel zu hoch an seinem Kopf. Und seine Nase … Sie konnte sie nicht genau erkennen, aber vielleicht war sie der kleine Knubbel, der zwischen seinen missgebildeten Wangen und unter seiner vorstehenden Stirn verborgen lag.
    Hässlich, dachte sie, er ist wirklich hässlich.
    Das machte ihr ein wenig Mut. Vielleicht hätte ein solches Wesen ja etwas Mitleid mit ihr. „Bitte“, gelang es ihr, durch eine trockene und schmerzende Kehle zu flüstern.
    Eines der Ohren schien zu zucken, aber das Wesen blieb nicht einmal stehen auf seinem unbeirrbaren Weg in den Kerker. Sie versuchte es noch einmal, mit demselben Ergebnis. Ihr wurde klar, dass er nicht stehen bleiben würde, egal, was passierte. Denn das Monster würde ihn sonst
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