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Lockende Versuchung

Lockende Versuchung

Titel: Lockende Versuchung
Autoren: Deborah Hale
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lachte bei dieser treffenden Beschreibung von Herzen und nahm sich vor, sobald wie möglich im Pfarrhaus einen Besuch abzustatten. Zufrieden ließ sie den Blick über die alten Mauern von Abbot’s Leigh streifen und atmete tief die feuchte, würzige Luft ein. „Es ist wunderbar, wieder daheim zu sein“, sagte sie mit einem glücklichen Seufzer.
    Allerdings stand ihr noch die Begegnung mit Mr Brock bevor, den sie seit ihrem plötzlichen Auszug aus Fitzhugh House nicht wiedergesehen hatte, und sie fragte sich ein wenig bedrückt, was er wohl von ihrer unerwarteten Rückkehr halten würde. Doch in den Augen des Alten lag eine merkwürdige Sanftheit, als er ihre Hand schüttelte und sie dann festhielt, so als wolle er sie nie mehr loslassen.
    „Ich habe gewusst, dass Ihr wiederkommen würdet“, sagte er ruhig.
    Julianna hatte nicht das Herz, ihm mitzuteilen, dass ihr Aufenthalt in Abbot’s Leigh nur von kurzer Dauer sein würde. Nach langem Überlegen war sie zu der Einsicht gekommen, dass sie Edmund eine Erklärung für ihr Verhalten schuldete. Sobald sie mit ihm gesprochen und sich von ihren Freunden in Marlwood verabschiedet hatte, würde sie sich auf den Weg nach Wales machen, um dort ein neues Leben zu beginnen.
    „Wird Sir Edmund zum Tee nach Hause kommen?“, erkundigte sie sich.
    Brock schüttelte den Kopf. „In drei Tagen sind Wahlen, Ma’am. Er macht sich bei Sonnenaufgang auf den Weg und kehrt oft erst weit nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Wenn sich eine Versammlung zu lange hinzieht, nimmt er sich manchmal auch ein Zimmer in dem Gasthof und bleibt dort über Nacht.“

    „Ich habe eine dringende Angelegenheit mit ihm zu besprechen, Mr Brock. Informiert mich deshalb bitte, wenn er kommt – ganz gleich zu welcher Tageszeit.“
    „Gewiss, Ma’am. Doch nun lasst Euch nicht weiter stören und esst Euern Kuchen. Ihr müsst tatsächlich wieder aufgepäppelt werden.“
    Nachdem Mrs Tully an ihren Herd zurückgekehrt war, Brock das Auspacken der Koffer beaufsichtigte und Ruhe eingetreten war, stellte Julianna zum wiederholten Male mit einem schmerzlichen Lächeln fest, wie sehr sie all das vermisst hatte und wie viel mehr sie Abbot’s Leigh und seine Menschen in Zukunft vermissen würde. Das alte Haus umschlang sie mit tausend Banden. Doch sie vertrieb die wehmütigen Gedanken und versuchte stattdessen, sich ihr Leben in Wales im Kreise der Verwandten ihrer Großmutter vorzustellen. Vielleicht würden ihr eines Tages dort ein Paar dunkle keltische Augen so freundlich zulachen, dass sie darob zwei Augen von normannischem Grau vergaß.
    Langsam brach die Dunkelheit herein. In Anbetracht der Tatsache, dass Brock eine sehr späte Heimkehr seines Herrn in Aussicht gestellt hatte, begann Julianna, sich zum Schlafengehen zurechtzumachen. Sie hatte gerade das Haar gebürstet, als an die Tür geklopft wurde und Brock den Kopf hereinsteckte.
    „Ich bitte um Verzeihung, Ma’am, aber Ihr habt mir aufgetragen, Euch die Ankunft von Sir Edmund zu melden. Nun, er ist vor zehn Minuten eingetroffen und gleich in sein Schlafzimmer gegangen. Ihr müsst Euch also beeilen, wenn Ihr ihn heute noch sprechen wollt.“
    Nun war es also so weit! Juliannas Herz hämmerte wie wild in der Brust, und ihre Lippen wurden trocken. Sie durfte jetzt nicht denken. Sie musste auf den Gang hinaustreten, einen Fuß vor den anderen setzen und dann an eine schwere, dunkle Tür klopfen …

28. KAPITEL
    Irgendetwas Merkwürdiges liegt in der Nachtluft, dachte Edmund, während er durch die Dunkelheit ritt. Man hätte es einen Zauber nennen könne, wenn man daran glaubte. Für einen Maiabend war es sehr warm. Ein leichter Westwind bewegte die frisch belaubten Zweige. Der Vollmond hing über Abbot’s Leigh wie ein riesiger Lampion und warf sein silberblaues Licht über das schlafende Land.
    Einer der Parteigänger hatte Edmund ein Nachtquartier angeboten, aber er hatte dankend abgelehnt. Es war besser, in aller Ruhe heimzureiten und die beanspruchten Nerven dabei zu beruhigen. Wie so oft wanderten seine Gedanken dabei zu Julianna. Seit Crispin so überraschend bei ihm aufgetaucht war, hatte er nichts wieder von ihr gehört. Vielleicht war sie zur Vernunft gekommen und hatte sich im letzten Augenblick doch noch dazu entschlossen, ihn zu begleiten. Oder sie tändelte in London mit Laurence herum und fragte sich ungeduldig, wie lange sie wohl noch auf die reiche Erbschaft warten musste. Nein, das tut sie bestimmt nicht, rief sich Edmund
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