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Lilians Verfuehrung

Lilians Verfuehrung

Titel: Lilians Verfuehrung
Autoren: Emma Schneider
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sein?
    Die Musik wurde plötzlich lauter, was wahrscheinlich nur daran lag, dass sie sie wieder wahrnahm. Wann war sie zuletzt so selbstvergessen gewesen? Wann hatte sie sich so sehr gehen lassen, dass alles um sie herum in einem dichten Nebel verschwand? Es war sehr lange her ...
    Er stand auf und zog sie von der Bank. Lilian strich ihr Kleid glatt und folgte ihm. Hand in Hand schlenderten sie weiter durch die vielen, duftenden Blumen, an sorgfältig gehegten Beeten vorbei, und folgten der Musik, die sinnlich durch die Anlage schallte.
    Tatsächlich saßen viele Menschen auf Klappstühlen vor der Bühne, auf der eine fünfköpfige Jazzkombo leidenschaftlich spielte. Stumm blieben sie am Rande der Zuschauer stehen, eng umschlungen, und lauschten.
    Erst als es kühler wurde, weil die Sonne nicht mehr genug Kraft hatte, um durch die dichten Baumkronen zu stoßen, machten sie sich auf den Weg zurück in die Schule.
    Ihr Herz klopfte noch immer unanständig schnell, jede Berührung seiner Hand löste einen erhöhten Puls aus, ließ eine Gänsehaut auf ihrem Rücken entstehen. Sie betrachtete ihn von der Seite, während sie neben ihm her ging, Arm in Arm. Er war so unglaublich attraktiv, und in seinen Augen lag so viel Wärme, so viel Liebe. Sie wollte nicht glauben, dass alles nur gespielt war, professionell, weil er ihr Lehrer war und nicht ihr Liebhaber.
    Entschlossen blieb sie mitten auf der Straße stehen, vor einem kleinen Haus aus roten Ziegelsteinen mit einem chaotischen Vorgarten, und nahm seine Hände in ihre. Eine kleine senkrechte Falte erschien auf seiner Stirn, als sie ihm tief in die Augen sah und Luft holte.
    „Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt.“
    Lilian spürte, wie ihre Schlagader am Hals pulsierte. Es war raus, sie hatte es gesagt. Nun war es an ihm, darauf zu reagieren.
    Er könnte sie abweisen, ihr sagen, dass er nichts für sie empfand außer Sympathie und Pflichtbewusstsein. Dass sie damit aufhören musste. Dass es normal war und kein Grund zur Besorgnis?
    „Himmel, sag etwas!“, entfuhr ihr lauter als beabsichtigt, aber ihre Finger zitterten und das Blut rauschte vom Adrenalin gepeitscht durch ihren Körper. Sie presste die Lippen fest aufeinander und unterdrückte die Tränen, die sich hinter ihren Augen sammelten und hervorbrechen wollten. Bitte, sag doch was!
    „Oh Gott, Lilian.“ Er löste seine Hände aus ihren und fuhr sich damit durch die Haare, die plötzlich von seinem Kopf abstanden.
    „Es tut mir leid, ich hätte wissen müssen, dass du ...“, begann sie, aber er schüttelte den Kopf und legte den Zeigefinger auf ihren Mund. Seine Augen waren dunkel, sie konnte die Gefühle nicht deuten, die sich darin zeigten, aber ihr eigenes Gesicht spiegelte sich in der dunklen Iris und ließ sie erschreckt zurückfahren.
    „Himmel, ich bin so ein Idiot ... vergiss es einfach, okay?“
    Sie drehte sich um und ging weiter, die Straße entlang, in die Richtung, die sie zur Schule führte.
    „Lilian, warte!“ Sie hörte seine Schritte hinter sich, aber sie drehte sich nicht um, wollte nicht, dass er ihr Gesicht sah, die Angst, die Verletzung darin erkannte.
    Verfluchter Mist, wann hatte sie sich jemals so blamiert, so beschämt gefühlt? Hätte sie doch einfach die Klappe gehalten und den Sex mit ihm genossen, ohne sich wieder mal von ihren Gefühlen übermannen zu lassen! Warum war sie so ein Idiot?
    „Lilian, bitte.“ Er legte beide Hände auf ihre Schulter und drehte sie herum, so dass sie ihn ansehen musste. Sie zwinkerte gegen die Sonne, die nun hinter ihm stand und sie blendete.
    „Ich hätte es dir schon viel früher sagen müssen, und ich weiß, dass es jetzt zu spät ist, aber ... glaube mir, bitte, zuerst eines: auch ich habe mich in dich verliebt. Schon bevor wir uns hier getroffen haben.“
    Sie zog die Brauen zusammen und schüttelte unwillkürlich den Kopf. Was redete er denn da?
    Er wirkte zerknirscht. Die großen, braunen Augen ruhten auf ihrem Gesicht, er hielt sie mit seinem Blick gefangen wie mit einer unsichtbaren Fessel. Atemlos öffnete sich ihr Mund, und als er weitersprach, war plötzlich jedes Wort wie ein Faustschlag in den Magen.
    „Ich bin nicht Marc. Ich bin Aaron. Dein Aaron. Wir schreiben uns seit einigen Wochen E-Mails, und ich hatte Angs t, dass du mich anlügen würdest , längst einen anderen hättest . Du hast ständig unsere geplanten Verabredungen abgesagt. Darum habe ich mich in deinen Computer gehackt und herausgefunden, dass du dich hier
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