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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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setzten Bemerkungen dieser Art das übliche Scharmützel in Gang. Heute jedoch mußte Mathilde bei dem Wort Herz an den Mann mit den Handschellen denken. Lukas Feller. Sein Name hatte sich in ihr Hirn gebrannt. Sie lächelte.
    »Warst du eigentlich jemals in jemanden verliebt, Mathilde? So richtig romantisch, mit Herzrasen und all dem?«
    Mathildes Lächeln zerrann. Moritz. Das war tausend Jahre her. Und doch zitterte der Schmerz manchmal noch leise nach.
    »Wie soll ich ohne Herz Herzrasen haben?« fragte sie, während sie das Bild über dem Sofa betrachtete. Ein Gebilde in Violett und Magenta, das an kopulierende Schnecken erinnerte. Es hieß »Yin und Yang« und war mit »Mara« signiert. Mara sei ihr Seelenname, den sie in einer Vollmondnacht geträumt habe. Der Nachname ihrer Mutter war Degen, denn sie hatte keinen ihrer zahlreichen Männer geheiratet.
    Sie hörten, wie die Haustür zufiel. Mathilde ging in die Küche, ignorierte den hygienischen Zustand – sie war sich sicher, daß dort Kriechtiere und gefährliche Bakterienstämme lebten –, holte ein Geschirrtuch aus dem Schrank und breitete es auf der Sitzfläche des Wohnzimmersessels aus. Trotz dieser Maßnahme würden wieder unzählige Katzenhaare an ihr klebenbleiben. Die Perserkatze ihrer Mutter war die häßlichste Katze, die Mathilde kannte. Den schwarzen Kater mochte sie lieber, aber der nahm stets Reißaus vor ihr.
    »Du wolltest mir irgendwas erzählen«, erinnerte Franziska.
    Die Likörflasche und das Glas hatten zwischenzeitlich ihre Positionen verändert.
    »Heute morgen habe ich meine Tarotkarte des Tages gezogen, und es war der Tod.«
    »Das ist ja wunderbar!« Franziska warf die Arme in die Luft. Ihre Armreifen rasselten. »Der Tod bedeutet immer etwas Neues. Sofern man bereit ist, das Alte loszulassen.«
    »Schön. Morgen bekomme ich eine neue Klasse. Das bedeutet wieder ein Stück Arbeit, bis ich denen Mores beigebracht habe.«
    Lukas Feller lag auf dem Bett und las die Zeitung vom Vortag. Sie kam mit der Post, weshalb es mindestens einen Tag dauerte, bis sie bei ihm eintraf. Meistens zwei. Der einstündige Hofgang und das Abendessen waren vorüber, sie hatten noch eine knappe Stunde zur freien Verfügung, ehe der Einschluß erfolgte. Die Tür seiner Zelle stand offen. Obwohl er las, registrierte er jeden, der vorbeiging. Von den beiden Schließerinnen der Spätschicht war nichts zu sehen. Während ihrer letzten Dienststunde blieben sie fast immer in ihrem Büro neben dem Eingang zur Station.
    Lukas hörte ein Geräusch an seiner Zellentür und blickte auf. Es war Karim, sein Zellengenosse – vier Jahre für Raubüberfall. Der Mangel an Haftplätzen im niedersächsischen Strafvollzug machte eine Doppelbelegung der Hafträume notwendig. Zu zweit war man allerdings noch gut dran, es gab auch Viererzellen. Karim hatte einen Putzeimer und einen Lappen in der Hand.
    »Vergiß die Kaffeemaschine nicht«, sagte Lukas.
    »Soll ich welchen machen?« Die Frage beinhaltete auch die Bitte, eine Tasse mittrinken zu dürfen. Kaffee mußte von den Häftlingen selbst gekauft werden und war somit eine wichtige Knastwährung, neben Zigaretten und Drogen.
    »Von mir aus.«
    Karim wischte sich die Hände an seinem T-Shirt trocken, das ein Eminem -Schriftzug zierte. Nur wenige Häftlinge trugen die dunkelblauen Jogginganzüge der Anstalt. Markenkleidung war gefragt, besonders bei den Jüngeren.
    »Die Klosa sagt, du sollst ins Stationszimmer kommen, du hast Post.«
    Lukas faltete die Zeitung zusammen, nahm den Katalog von Elektro-Conrad, den er sich von einem anderen Gefangenen ausgeliehen hatte, und ging damit den Flur entlang. Ein Häftling kam ihm entgegen und fixierte ihn. Er hatte einen breiten, kahlrasierten Schädel und Nackenmuskeln wie ein Opferstier. Lukas parierte den Blick. Der andere war Anfang Vierzig und erst seit einem Monat hier. Von seiner Gesinnung zeugten mehrere NPD-Aufkleber an der Innenseite seiner Zellentür, sichtbar für jedermann, wenn die Tür offenstand. Obwohl die Gänge vor den Zellen nicht breit waren, kam man dennoch ungehindert aneinander vorbei – wenn man wollte. Aber Kusak legte es drauf an. Er rempelte Lukas an. Der Katalog fiel auf den Boden, rutschte unter dem Geländer durch und schwebte nun über dem zweiten Stock in einem der Netze, die zwischen den Geländern eines jeden der vier Stockwerke gespannt waren.
    »Hoppla«, sagte Kusak.
    »Der Katalog ist runtergefallen«, sagte Lukas ruhig.
    »Dein Problem,
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