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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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irgend etwas gestört?«
    »An fremde Betten muß ich mich immer erst gewöhnen.« Zipka grinste verhalten. Jetzt schmorst du, mein Lieber! Jetzt weißt du nicht, ob wir deine Ausritte beobachtet haben oder nicht. »Ich nehme an, Sie kennen das auch, Marquis. Überall hört man fremde Geräusche. Hier knackt es, dort raschelt es – das Ohr ist ungewöhnlich empfindlich, als sei es auf Gefahr programmiert. Das ist natürlich barer Unsinn – aber ich reagiere nun mal so auf fremde Betten.«
    »Und gerade bei mir ist die Stille so vollkommen«, antwortete Raoul. »Nur wenn Wind aufkommt, dann singt es um das Haus. Aber ich liebe diese Äolsharfenklänge … Dann am Kamin zu sitzen und zu wissen, daß man unter einem festen Dach und hinter dicken Wänden sicher ist – diese Gewißheit pflege ich immer mit einer Flasche alten Bordeaux zu feiern.«
    Zipka hatte keine Lust, weiter den romantischen Exzessen des Marquis zu lauschen. Die Sorge um Lulu trieb ihn an. »Wann soll die Mühle vernagelt werden?« fragte er.
    »Andratte sprach von heute. Ich habe zu ihm geschickt und ihm ausrichten lassen, daß Sie heute morgen Ihre Sachen holen. Danach wird wohl sogleich Jérôme, der Tischler, anrücken und die Mühle schließen. Dann soll sich später der Staat um sie kümmern, der ja schließlich diese Ruine zum Denkmal erklärt hat. Dupécheur, der bisher die Verwaltung übernommen hat, lehnt diese jetzt auch ab.«
    »Dann also los!« Zipka stand auf. »Das war ein kurzer Urlaub, Marquis, aber recht ereignisreich. So etwas passiert mir immer, es ist schon unheimlich. Wenn andere Menschen vier Wochen in Urlaub fahren, dann können sie in der Sonne liegen und wissen später nur vom Faulenzen zu berichten. Tauche ich irgendwo auf, dann erlebe ich an einem Tag mehr, als andere in vier Wochen in Büchern lesen!«
    »So etwas gibt es!« Raoul nickte. »Manche Menschen ziehen das Abenteuer wie ein Magnet an. Sie leben gefährlich …«
    Das war eine versteckte Warnung, dachte Zipka. Wir kommen uns näher, Raoul! Wir verstehen uns plötzlich prächtig. Wenn Lulu nicht wäre … Ich bliebe dir auf dem Pelz wie eine Laus.
    »Ich habe das nie so empfunden«, versetzte Zipka freundlich. »Gefahr? Vielleicht habe ich nur keinen Nerv für Gefahren, so etwas soll es auch geben. Wo andere ängstlich werden, werde ich munter. Der eine erstarrt beim Anblick eines Löwen und läßt sich auffressen, der andere schießt ihm genau ins Auge. Darum widerstrebt mir ja auch diese Flucht, aber die Umstände sind zwingender, ich sehe es ein.«
    Nach einer halben Stunde fuhren sie zur Mühle zurück, wie sie vor zwei Tagen von ihnen verlassen worden war: Der Marquis mit Kathinka in dem großen Wagen vorneweg, hintendrein Zipka in dem kleinen Sportwagen Kathinkas. An der Gabelung der Straße nach Mas d'Agon trafen sie Josephine Bondeau, die auf einem alten Fahrrad unterwegs war. Sie sprang sofort ab, als sie das Auto des Marquis erkannte.
    Raoul bremste und sagte zu Kathinka: »Sie verzeihen, Madame, aber ich muß der armen Frau ein paar tröstliche Worte sagen.«
    Er stieg aus, und Zipka überlegte, ob er auch aussteigen sollte. Er blieb jedoch sitzen. Josephine Bondeau begann zu weinen und stützte sich auf ihr Rad.
    »Habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen zu Hause bleiben?« zischte der Marquis sie an, als er nahe genug vor ihr stand. »Wo wollen Sie denn hin?«
    »Er ist tot!« Josephine weinte und schnupfte.
    »Sie können es doch mal drei Tage allein aushalten.«
    »Marcel ist wirklich tot.«
    »Blödsinn! Sie wissen es doch am besten.«
    »Aber Dr. Bombette sagt, Marcel sei … Das habe ich nicht gewollt. Wenn ich das vorher gewußt hätte! Mein armer Marcel! Er war so gut …«
    »Er lebt!« entgegnete der Marquis scharf. »Und jetzt benehmen Sie sich vernünftig. Er hat schon in der Nacht kräftig gegessen, hat dann eine Flasche Kognak getrunken und ist wieder in seinen scheintoten Zustand zurückgefallen.«
    »Nein!« schrie Josephine. Und dann leiser: »Er hat gegessen? Und schon wieder Kognak getrunken?«
    »Sie hören es doch! Dr. Bombette hat sich täuschen lassen.«
    »Er lebt! Auf nichts mehr ist Verlaß.« Josephine Bondeau drehte ihr Fahrrad um, begann wieder laut zu weinen, schwang sich auf den Sattel und fuhr – wie eine Betrunkene – in Schlangenlinien davon.
    Raoul de Formentiére trat an den offenen Sportwagen heran und beugte sich zu Zipka herunter. »Der Schmerz zerstört sie«, sagte er sehr ernst. »Es war Bondeaus Witwe.
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