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Liebe Dich Selbst Und Es Ist Egal, Wen Du Heiratest

Liebe Dich Selbst Und Es Ist Egal, Wen Du Heiratest

Titel: Liebe Dich Selbst Und Es Ist Egal, Wen Du Heiratest
Autoren: Eva Maria Zurhorst
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den Welten und traf bis in den innersten Kern verfeindete Menschen mit den trotzdem
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    gleichen, tiefen Sehnsüchten - egal, welche Hautfarbe sie hatten.
    Irgendwann war mir auch hier kein eindeutiger theoretischer Anti-Apartheids-Standpunkt mehr vergönnt. Ich fühlte mich nicht länger im Stande, als aktuelle Journalistin zu funktionieren. Drei-Minuten-Hörfunk-Beiträge über die Lage am Kap kamen mir wie eine Vergewaltigung der Wahrheit vor.
    Die Fragen, die mich nach Gesprächen mit rechtsradikalen, Hakenkreuz tragenden Buren oder jahrelang gefolterten schwarzen Untergrundkämpfern wirklich bewegten, waren nach zwei Jahren immer weniger politischer als vielmehr psychologischer Natur. Ich begann, mit Blinden über Südafrika zu sprechen. Sie hatten gelernt, eine andere Hautfarbe zu riechen oder zu hören. Alles schien mir absurd. Ich hatte nur noch
    eine
    Sehnsucht
    -
    ich
    wollte
    die
    Menschen
    unterschiedlicher Hautfarbe wieder in Kontakt bringen. Um meinen Erfahrungen treu bleiben zu können, beendete ich meine Laufbahn als Journalistin in Südafrika und schaffte mir in einem Buch ausreichend Raum für meine komplexen, manchmal verwirrenden Begegnungen mit den Schwarzen und Weißen am Kap.
    Zurück in Deutschland; wartete schon der nächste Lehrzyklus im Forschungsprojekt Mensch auf mich. Die Mauer war gefallen. Ich wurde verantwortlich für Kommunikation, später auch für Personalwesen bei einem großen ehemaligen Ostunternehmen in Berlin, Gut drei Jahre war ich unter den Pionieren des Aufbau Ost, als mich eines Morgens in meinem Büro ein Nervenzusammenbruch ereilte. Ich hätte an diesem Tag erstmalig die Kommunikationsstrategien, die ich für unser Unternehmen entwickelt hatte, einer breiteren Öf18

    fentlichkeit vorstellen sollen. Der Zusammenbruch war nur der Höhepunkt eines schleichenden Prozesses gewesen.
    Tagelang hatte sich alles in mir gesträubt, diesen Vortrag zu halten. Ich hatte ihn mit größter Mühe so geschrieben, wie »man«
    als Managerin solche Präsentationen formuliert: Charts, Zahlen, Diagramme, managerale Sprache. Aber das alles war es schon lange nicht mehr, was mich bei meiner Arbeit bewegte. Wieder waren es die Menschen. Diesmal war der Spannungsbogen nicht schwarzweiß. Auch für die interne Kommunikation in unserem Unternehmen zuständig, war ich neben meinen offiziellen Aufgaben zu so etwas wie der Übersetzerin zwischen Ost und West, zwischen Management und Arbeiterschaft avanciert. Ich führte Coaching-Prozesse und Persönlichkeitsentwicklungs-Seminare und wurde von unserem Vorstandsvorsitzenden bei allen möglichen Verhandlungen als Mittlerin eingesetzt. Wieder stand ich vor der Herausforderung, scheinbar
    unüberwindbare
    Gräben
    zwischen
    Menschen
    kommunikativ zu überwinden. Offiziell war ich verantwortlich für meinen Bereich, dessen Mitarbeiter und dessen Tagesgeschäft, aber innerlich war ich ein weiteres Mal in meinem Leben vollkommen erfüllt von Forschergeist und dem Wunsch, Menschen unterschiedlicher Sozialisation einander näher bringen zu können.
    Diesmal hatte ich besonders lange versucht, den Anforderungen gerecht zu werden. Äußerlich dynamisch, ließ ich mich von einem stetig voller werdenden Terminkalender kettenrauchend durch einen Zwölf-Stunden-Tag jagen. Im Inneren war ich immer öfter geplagt von medizinisch nicht begründbaren Herzrhythmusstörungen und diffusen Angstge19

    fühlen. Es wir, als ob ich eine Rolle spielte, unter der ich mich selbst nicht mehr wiederfand. Der Nervenzusammenbruch hatte Kraft genug, mich ein weiteres Mal aus allem herauszureißen, mir meinen Mut und die Treue zu mir selbst zurückzubringen: Ohne zu wissen, was kam, reichte ich meine Kündigung ein und gab meinen gut bezahlten Job auf. Damit war ich gezwungen, mich auch von meinem Sportwagen, meiner opulenten Penthouse-Wohnung, den Reisen und Nächten in Luxushotels zu verabschieden. Ich renovierte einen heruntergewohnten Altbau und lebte dort ziem ich zurückgezogen von kleinen Jobs als Texterin ohne irgendeine Idee, wie mein Leben weitergehen sollte.
    Erschöpft und ausgebrannt kam ich mir vor, wie jemand, der die ganze Welt überall und nirgends vergeblich nach einer Antwort auf seine Fragen nach der menschlichen Natur abgesucht und durchforstet hatte. Ich war gerade zweiunddreißig, hatte eine ziemlich umwegige Karriere mit einem Nervenzusammenbruch abgeschlossen und lebte nun nach lahren als Weltenbummler zurückgezogen als Eremit. Ich war reduziert auf ein
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