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Lichtschwester - 8

Lichtschwester - 8

Titel: Lichtschwester - 8
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Opalschädel Wind bekommen hatte. Und weil er wohl keinerlei Bedenken hätte, sich im heißesten Sommer in die Goldene Steppe zu wagen, konnte sie sich doch auch keine leisten. Ihr Ruf stand schließlich auf dem Spiel!
    Als der Karawanenführer angeordnet hatte, die Handelsstraße, die allen Schleifen des sommers wie winters Wasser führenden Julu-kela folgt, zu verlassen und quer durch die Steppe zu ziehen, war ihr das leichtsinnig erschienen, da überall in der Ferne schon Feuer brannten, die mit ihrem gelbbraunen Rauch die Sonne verdunkelten, und weil die Luft mit trockenem Grasstaub geschwängert war.  
    Aber sie hatte nichts gesagt.  Denn wenn sie quer durchs Gelände zogen, könnte sie ihren Vorsprung gegenüber Degen vergrößern oder, wenn er bereits vor ihr aus Areherna aufgebrochen wäre, ihn vielleicht doch noch überholen.
    Aber nun, nur noch drei Tagesritte von den Westbergen entfernt,
hatte so ein Idiot von einem Wachposten beim Haschischrauchen
das ausgedörrte Gras am Lagerrand in Brand gesetzt. Natürlich
hatten die Flammen rasend schnell um sich gegriffen und sogar die
Wagen erfaßt. Die Wächter hatten auf Geheiß der Händler ver-
sucht, Wagen und Waren zu retten. Aber Nelerissa hatte sie bei
dem aussichtslosen Versuch, mit ihrem bißchen Trinkwasser all
die lodernden Planen und Planken zu löschen, nicht auch noch
unterstützen wollen - war auf den besten Hengst gesprungen und
in Richtung auf den Großen Fluß losgeprescht.
  Das Feuer hatte sich, vom Nordwind angetrieben, zuerst nach Süden bewegt. Aber dann hatte der Wind sich gelegt, und nun breitete es sich in alle Himmelsrichtungen aus. So kam es ihr wenigstens vor! Seit dem Ausbruch des Feuers waren erst fünfzehn Minuten verstrichen. Aber ihr war, als ob sie bereits seit Stunden auf der Flucht sei. Sie taumelte im Sattel, war schweißüberströmt und außer Atem. Der Rauch stieg senkrecht zum Himmel, aber zugleich rieselte feinste Asche herab, von der ihr bereits die Kehle brannte und die Augen tränten. Die Arme schmerzten ihr und waren völlig verkrampft, so fest umklammerte sie den Hals ihres Pferdes, fürchtete sie doch, sich mit ihren Zügeln nicht im Sattel halten zu können. Und ihr Hengst zitterte wie nach einem schar-
fen Tagesritt.
    Rings um sie flohen abertausend wilde Tiere in dieselbe Richtung
wie sie, hin zum Julukela. Die meisten sah sie gar nicht, sah nur die
Wogen und Wellen, die sie im hüfthohen Gras warfen. Aber hier
und da gewahrte sie einen Springbock neben einem Wolf oder
einen Bison neben einem Panther - die aber einander nicht
beachteten … Selbst ihr Hengst schien diese Raubtiere nicht mehr
zu fürchten. Ja, sie hatte gehört, daß die Raubtiere und Beutetiere
friedlich nebeneinander vor Steppenbränden fliehen, aber nie ge-
dacht, daß sie das einmal mit eigenen Augen sehen würde.
  Nun ging die Steppe in Savanne über. Bald trennten Nelerissa nur
noch Meter von dem riesigen Kiefern- und Eichenwald, der sich
bis zum Fluß und weiter bis hoch in die Ausläufer der schon so
nahen Westberge dehnte und dazu bestimmt schien, wenigstens einen Teil des Gebirgswassers zurückzuhalten. Aber der Brand
hatte sie zur Rechten um hundert Meter überholt! Schon loderten
vier oder fünf Kiefern wie ölgetränkte Fackeln auf - in sonnenver-
branntem Gras breitet sich Feuer rasend und sprunghaft aus, in
staubtrockenem Wald aber auf noch unberechenbarere, gefähr-
lichere Weise.
    Das Gebirge wirkte verlockend nahe. Aber Nelerissa, als ein Kind
der Nordberge, ließ sich nicht zu dem Versuch verleiten, dessen
Ausläufer in einem Gewaltritt zu erreichen. Denn sie wußte wohl,
daß sie in Wirklichkeit sehr weit weg waren.
    So hielt sie ihr Pferd im Zwielicht dieser Mittagsstunde jäh an, sprang aus dem Sattel und zog ihren schärfsten Dolch, schnitt von ihrem Cape einen breiten Streifen und verband damit ihrem Hengst Kopf und Augen, so wie der Karawanenführer ihr es zu Beginn ihrer Reise geraten hatte. Dann zog sie sich ihre Sonnenkapuze über den Kopf, um sich gegen die unmittel-barere Hitze zu schützen, ergriff die Zügel und führte ihr Pferd in den Wald hinein.
    Da schnaubte der Hengst vor Angst, und seine Ohren zuckten.
  Auch Nelerissa fürchtete sich. Sie sah das Feuer nun nicht mehr, hörte es aber so deutlich wie ihr Pferd, hörte das Brüllen des Brandes, das Krachen der Bäume, die er in unersättlicher Gier verzehrte.
    Sie kam viel zu langsam voran. Die Sicht war schlecht: Der Rauch,
das Geäst und das Nadel-
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