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Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)

Titel: Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)
Autoren: Jordan Bay
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Gefühlen war er in dieser langen Zeit nie fähig gewesen. Und was sie selbst zum Schluss nicht mehr hatte verbergen können, war für ihn ein Schock gewesen – sie hatte ihn geliebt. Zumindest war ihre Bestie, ihre zweite Seele, fest davon überzeugt gewesen, dass Thanju ihr Gefährte war. Und in der Nacht, als Naham diese Gefühle nach außen gelassen und Ju gezeigt hatte, welche Liebe sie für ihn empfand, hatte er nur mit Verachtung reagiert.
    Das Chaos, das damals in Diriri ausgebrochen war, hatte sich bis heute nicht beruhigt.
    Sie machte ihm keine Vorwürfe. Er konnte gar nicht anders. Er hatte Dinge erlebt und gesehen, die viele andere um den Verstand gebracht hätten, und einzig deswegen überlebt, weil er die Fähigkeit besaß, jegliches Gefühl tief in sich zu vergraben, regelrecht zu leugnen, bis er selbst davon überzeugt war, dass es nichts mehr gab, das wehtat.
    Erst nach Diriris Tod war in Ju etwas sehr Altes erwacht, etwas, von dem er selbst nicht mehr gewusst hatte, dass es einst Teil von ihm gewesen war. Doch anstatt zu trauern oder seine Freundin zu vermissen, war Hass alles, was er in sich trug. Brennender, beißender Hass. Und das war auch alles, was Diriri in seinen Augen sah, wenn er zum Himmel aufblickte und sie suchte.
    Was Ju für sich als Ehre empfand, erkannte Diriri in den schwarzen Augen des Akkadiers als quälende Einsamkeit. Doch dies würde er sich nie eingestehen. Nicht einmal, wenn Diriri es ihm mit einem Tornado ins Gesicht schmettern würde.
    Ju war zu stolz.
    Früher, als Akkadia, hätte Diriri ihn mit ihrer Meinung nie konfrontiert. Doch jetzt, da sie ein Stern war und seinen Verfall Nacht für Nacht mit ansehen sollte, würde sie ihm am liebsten ihre Bestie auf den Hals hetzen.
    Naham schnaufte.
    Oh, habe ich dich geweckt?, fragte Diriri ihren Löwen.
    Als Antwort bekam sie ein verschlafenes Grunzen.
    Eine akkadische Bestie war wohl das einzige Wesen, das auch nach dem Tod noch schlafen konnte. Aber was sollte Naham hier oben auch anderes tun. Es gab weder zu fressen noch zu töten noch zu lieben.
    Sie beide vermissten ihren stolzen Akkadier. Naham quälte sich damit noch mehr als Diriri selbst. Jedes Mal, wenn die Bestie Ju in der Nacht beim Kämpfen beobachtete und er Wunden erlitt, jaulte sie. Und jedes Mal, wenn die Sonne Diriris goldenen Schein verschluckte, legte sich Naham schlafen. Als würde sie sich zu Thanju gesellen.
     

Kapitel 2
     
    Thanju!
    Er hörte ein Grollen in der Finsternis.
    Thanju! Wach auf und sieh mich an!
    Was sollte das? Hier gab es niemanden, mit dem er hätte sprechen können.
    Ju blinzelte die Dunkelheit vor seinen Augen fort und versuchte etwas zu erkennen. Weit entfernt, nahe dem Höhlenausgang, stand ein goldener Löwe. Das hieß, es war kein gewöhnlicher Löwe, sondern eine akkadische Bestie – eine, die ihm vertraut vorkam.
    Massive goldene Hörner ragten aus einer vollen Mähne hervor. Darunter verengte sich ein weißglühendes Augenpaar zu zwei Schlitzen, die ihn konzentriert betrachteten. Aus der breiten Schnauze drang ein Schnaufen. Kurz darauf knurrte der Löwe tief in der Kehle und setzte sich in Bewegung, kam mit geschmeidigen Schritten auf den Akkadier zu.
    „Wer bist du?“, brachte Ju mit Mühe hervor und hielt sich den Bauch. In seinem Magen wütete die Pest.
    Falsche Frage!, grunzte das Tier mit tiefem Bass in Jus Kopf hinein. Stelle die richtige und du bekommst eine Antwort!
    Ju beugte sich nach vorn und würgte, während der Löwe, dessen ungeachtet, ihm gegenüber Platz nahm.
    „Verschwinde!“, keuchte er. „Ich komme gut allein zurecht!“
    Das sehe ich, spottete die Bestie und schaute sich in der Höhle um. Nett hast du es hier. Der Wertigkeit deiner Seele äußerst angemessen. Für meinen Geschmack etwas zu viel frische Luft, aber es gibt sicher noch andere Höhlen in Island, in denen du dich verkriechen könntest.
    „Lass mich allein!“
    Ist das alles, was dir einfällt, wenn du einer weiblichen Bestie gegenüberstehst? Oder vielmehr – dich ihr gegenüber windest?
    „Es ändert nichts, ob du männlich oder weiblich bist“, knurrte Ju und blickte in das riesige Gesicht des Löwen. „Es ist mir auch egal, wessen Bestie du bist. Ich will niemanden sehen und mit niemandem zu tun haben!“ Er richtete seinen Oberkörper auf, so gut er konnte, und lehnte sich nach hinten.
    Weiser Thanju, wie groß mag die Möglichkeit sein, dass dich am helllichten Tage eine akkadische Bestie aufsucht?
    Jus Hand verkrampfte sich
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