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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman
Autoren: Jakob Ejersbob
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großer Energie. Was habe ich zu bieten? Ich bin nicht so interessant wie das Hausmädchen. Auf dem Weg in mein Ghetto sehe ich Jonas’ große Yamaha 350cc in der Garage. Eeehhh , ich bin aber auch zu blöd. Bevor ich das Haus betrete, ist es wichtig, dass ich weiß, wer noch zu Hause sein könnte.
    Ich setze mich vor mein Ghetto, um das Kneten des schwarzen Teigs nicht weiter zu stören. Als das Hausmädchen zum Ghetto kommt, zieht sie ein sehr stolzes und abweisendes Gesicht. Sie will direkt in ihr Zimmer gehen, ohne mit mir zu reden.
    »Er ist schon verheiratet. Wieso lässt du ihn deinen Hintern kneten?«
    » Tsk «, schnalzt sie. »Der Mann mag mich. Bald wird er mir etwas schenken.«
Christian
    Ich schlage die Augen unter einem weißen Moskitonetz auf. Liege im Bett. Es ist Tag. Ein helles Zimmer mit einem Terrazzofußboden. Ein Schreibtisch und ein Stuhl. Vor dem Schrank stehen meine Diadora-Tasche und der Koffer. Es ist sauber hier, frisch gestrichen. Vater muss mich letzte Nacht hineingetragen haben. Ich stehe auf. Der Boden unter meinen Füßen ist kühl. Ich sehe in den Garten: gepflegter Rasen, sehr grün, begrenzt von Blumenbeeten. Ich spüre ein merkwürdiges Gefühl im Kopf. Ziehe meine Jeans an. Vater muss sie mir ausgezogen haben. Öffne vorsichtig die Tür, höre Küchengeräusche, gehe über den Flur bis zu einem Wohnzimmer. Auf dem Couchtisch liegt ein Zettel. »Hej, Christian. Ich bin im Büro. Komme um zwei nach Hause. Der Koch macht dir Frühstück. Liebe Grüße, Vater.« Der Koch? Ich höre Schritte und drehe mich um. Ein schwarzer Mann mit einer Schürze und bloßen Zehen. Er lächelt und sagt irgendetwas. Ich hebe die Hand zu einem Gruß. Er gibt mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen soll. In die Küche. Dort zieht er einen Stuhl unter dem Esstisch hervor und rückt ihn für mich zurecht. Ich setze mich. Er öffnet den Kühlschrank, hält ein Ei hoch und sieht mich fragend an, wobei er in einer Sprache redet, bei der es sich um Swahili handeln muss. Ich nicke. Er hält einen Finger hoch, dann zwei und noch einen – noch immer dieses fragende Gesicht. Ich halte zwei Finger hoch. Zwei Eier. Er zeigt mir einen Topf und eine Pfanne. Ich wähle die Pfanne. Er lächelt, nickt und serviert Toast, Juice und eine Tasse Kaffee. Mutter meint, ich sei noch zu jung für Kaffee. Ich trinke den Kaffee, wobei der Koch mich genau beobachtet und nickt. Er ist stark. Ich trinke einen Schluck Juice. Die Eier sind gut. Ich nicke und lächele ihm zu. Er lächelt zurück.
Marcus
    KLEINER SCHWARZER HELFER
    Katriina holt mich in ihrem roten Peugeot-Kombi ab, wir fahren zum YMCA , wo Asko und Tita wohnen, solange sie auf ein Haus warten. Wir fahren zum Markt am Rand von Swahilitown. Sind irgendwelche Sachen im Auto, bleibe ich darin sitzen, damit der Wagen nicht leer geräumt wird, denn der Schneider, der unter dem Halbdach gegenüber des Haupteingangs näht, hat nie etwas gesehen, selbst wenn man zurückkommt und das Auto ohne Reifen wiederfindet.
    Zuerst wollen sich die weißen Damen die bunten Kleider des Schneiders ansehen, also laufe ich zu Phantom, dem Rasta-Mann, der am Eingang des Marktes einen kleinen Kiosk besitzt – nicht viel mehr als eine Kiste –, in dem er Zigaretten, Creme, Seife, Kugelschreiber, Toilettenpapier, Batterien, Haarspangen, Kaugummi, Rasierklingen und andere Kleinigkeiten verkauft. Irgendwann ist ein bisschen Geld aus dem Haus der Schweden verschwunden – könnte ja sein, dass Mika oder das Hausmädchen es gestohlen hat. Ich kaufe eine Kassette mit Bob Marleys Musik, fünf Big-G-Kaugummi für Solja und Zigaretten, die ich Mika geben kann.
    Ich verabschiede mich von Phantom und gehe zum Schneider, um meine weißen Damen zu finden. Aber was ist das? Vor mir auf der Erde sitzt meine Mutter zusammen mit den zwei kleinsten Kindern. Ihre Nasen laufen, und die Klamotten sind voller Löcher. Mutter verkauft vor dem Markt, direkt auf der Straße, wo der Platz nichts kostet und die Polizei dich mit Füßen tritt und alles konfiszieren kann. Sie hat ein Stück Sackleinen auf dem Boden ausgebreitet und darauf ein paar Tomaten, Zwiebeln und Bananen gelegt, alles von dem Feld, das meine Eltern in den North Pare Montains besitzen; denn obwohl wir vom Stamm der Chagga stammen, hat unsere Familie ihr ganzes Land an den Hängen des Kilimandscharo verloren.
    »Marcus, du musst uns helfen«, sagt meine Mutter. »Dein Vater hat seinen guten Job als Fahrer verloren. Jetzt haben wir kein Geld für
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