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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman
Autoren: Jakob Ejersbob
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zwei weißen Damen im Kibo Coffee House. Tita schaut mich ständig an. Ihr Mann Asko ist fett und rosa wie ein Schwein mit Sonnenbrand. Vielleicht studiert sie gerade die schwarze Haut?
Christian
    Ich gehe in den Garten. Die Sonne schlägt mir auf den Kopf. Es riecht schwach nach gebranntem Zucker. Am Ende der Einfahrt bleibe ich stehen. Ein Kiesweg mit Reihenhäusern hinter einer mannshohen, gepflegten Hecke. Ich weiß nicht, wo ich bin. In der Ferne sehe ich einen hohen silberfarbenen Schornstein, auf dem untereinander die Buchstaben T P C stehen. Es muss die Zuckerfabrik sein. Ich gehe zurück ins Haus. Mein Koffer ist leer. Ich öffne den Schrank: Meine gesamte Kleidung liegt frisch gebügelt und gestapelt in den Fächern; der Koch hat es erledigt. Was soll ich unternehmen? Eine Tür geht auf.
    »Willkommen bei der TPC «, sagt Vater.
    »Hej«, antworte ich und lächele.
    »Hast du gefrühstückt?«
    »Ja.«
    »Dann komm mit.« Wir gehen durch die Reihenhaussiedlung auf den Schornstein zu. »Hier wohnen die Angestellten«, erklärt Vater. »Ja, ich habe das Haus des Buchhaltungschefs übernommen, aber er hatte seine Familie nicht dabei, deshalb hat das Haus keinen Swimmingpool. Aber zwei Häuser weiter«, sagt Vater und zeigt dorthin, »wohnen Rasmussens, ihre Tochter Nanna ist in deinem Alter. Sie sind im Moment im Urlaub, aber du darfst dort gern baden gehen.« Wir verlassen das Reihenhausgebiet.
    »Das sind die Arbeiterwohnungen.« Vater weist auf eine Reihe kleiner gelber Häuser mit Dächern aus Blech. »Auf jeder Seite wohnt eine Familie.« Die Häuschen haben Nummern, wie Zellen. Das Mauerwerk über den Türen ist verrußt von dem Holzkohlerauch, der hinaustreibt. Schmutzige Kinder laufen zwischen frei laufenden Ziegen und Hühnern herum. »Es ist ein guter Ort, um als ungelernter Arbeiter zu leben und zu arbeiten.«
    Wir kommen zum eigentlichen Fabrikgelände, und Vater grüßt die Torwache. Auf Englisch sagt er: »Das ist mein Sohn.«
    »Oh«, sagt der Posten und lächelt. »Willkommen bei der TPC .«
    »Danke«, antworte ich. Hier riecht es stark nach gebranntem Zucker. Die Fabrik macht einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. Drinnen treffen wir auf den Leiter der Fabrik, Mister Makundi, der seit 1954 hier arbeitet, als die TPC gegründet wurde. »Du musst ihn mzee Makundi nennen, da er ein alter Mann ist«, erklärt mir Vater.
    »Ja, der alte Herr Møller war klug«, sagt Makundi. »Er kam zur Jagd hierher, und dann hatte er die Idee, die trockene Erde mit dem Flusswasser künstlich zu bewässern und Zuckerrohr anzubauen. Die TPC war zunächst nur ein kleiner Garten, in dem Herr Møller seine Ferien verbrachte.« Makundi erzählt auch von einem Sohn in meinem Alter, er heißt Rogarth. Er geht auch auf die Schule in Moshi.
    »Ich muss heute etwas länger arbeiten. Findest du allein zurück?«, fragt Vater.
    »Ja. Sicher.« Er gibt mir ein bisschen Geld. »Was soll ich damit?«, frage ich ihn.
    »Drüben bei den Arbeiterwohnungen gibt’s ein paar Kioske, wo man Limonade kaufen kann. Auch an der Kantine der Arbeiter, gleich gegenüber der Fabrik. Ich komme in zwei Stunden.«
    »Okay«, sage ich und gehe an der Kantine der Arbeiter vorbei, ohne sie zu betreten. Zurück zum Haus. Was soll ich machen? Lust auf eine Zigarette. Im Wohnzimmer finde ich eine offene Packung und Streichhölzer. Der Koch ist in der Küche. Ich gehe hinters Haus, aber man kann mich vom Nachbarhaus aus sehen. Ich gehe zur Hecke im Garten, dort finde ich ein Loch, durch das ich mich quetsche. Ein Golfplatz. Vater hat ihn erwähnt. Mutter würde gern spielen. Kein Mensch zu sehen. Das Gras ist knöchelhoch – gibt es hier Schlangen? Ich gehe in die Hocke und rauche.
    Hinterher mache ich mich auf Entdeckungsreise. Ich bin kreideweiß. Einige schwarze Männer sind zu Fuß unterwegs. Die meisten beachten mich nicht sonderlich. Andere nicken und lächeln. Ich lächele zurück. Ihre Zähne sind perlweiß. Ich gehe zur Kantine der Arbeiter. Es gibt einen Tresen.
    »Hej«, grüße ich auf Englisch die Schwarze, die hinter dem Tresen steht. »Ich hätte gern eine Fanta.« Ich reiche ihr das Geld. Sie nimmt etwas davon und nickt, gibt mir eine Flasche und das Wechselgeld. Ich sehe einen Platz, auf dem ein paar Jungs mit einer Art Ball spielen. Ich trinke aus und gehe hinüber. Der Ball besteht aus Plastik und Stoffresten, die mit Bindfäden und Gummibändern zu einer Kugel geschnürt sind. Die Jungs sind in meinem Alter beziehungsweise
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