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Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Titel: Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz
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sich ein solches Unterfangen durchaus gelohnt: Angeblich erwarb Kaiser Rudolph II., ein eifriger Sammler alchemistischer Manuskripte und anderer Kuriositäten, das Werk um das Jahr 1600 herum für 600 Golddukaten. Ähnliche Gewinnhoffnungen machte sich einige Jahrhunderte später wohl der Antiquar Hans P. Kraus, der das Manuskript 1961 für $ 25 000 kaufte, dann jedoch keinen Abnehmer fand und es schließlich der Yale University stiftete. Entschlüsselungswillige finden heute das gesamte Material eingescannt auf der Website der Universität oder in der ersten Buchausgabe des kompletten Manuskripts, dem 2005 von Jean-Claude Gawsewitch herausgegebenen «Le Code Voynich».

Wasser
Water doesn’t obey your “rules”. It goes where it wants to. Like me, babe.
Bart Simpson
    Wasser ist eine Chemikalie, die in großer Menge auf der Welt vorkommt und entweder als farblose Flüssigkeit, als farbloser Dampf oder als farbloser Eisklotz bekannt ist. Im Vergleich zu anderen chemischen Substanzen wie etwa Murmeltieröl ist Wasser für den Menschen von recht großer Bedeutung. Trotzdem oder gerade deshalb ist Wasser einer der rätselhafteren Stoffe auf dem Planeten.
    Vieles an seinem wunderlichen Verhalten liegt an der Struktur der Wassermoleküle, die, wie man in jungen Jahren lernt, aus einem Sauerstoff-Atom und zwei Wasserstoff-Atomen bestehen, deren Elektronen verwirrende Dinge anstellen. Während der Sauerstoff acht Elektronen besitzt, steuert jedes Wasserstoff-Atom nur ein einziges bei. Zwei der Sauerstoffelektronen kann man von vornherein ignorieren, weil sie so in den Atomkern vernarrt sind, dass sie sich nicht weiter um ihr Umfeld kümmern. Es bleiben insgesamt acht Elektronen pro Wassermolekül übrig, die danach streben, sich paarweise anzuordnen, denn Alleinsein ist nicht die Stärke des Elektrons. Es geschieht Folgendes: Vier Sauerstoffelektronen verpaaren sich untereinander, die restlichen beiden lassen sich mit den Wasserstoffelektronen ein und halten so das Molekül zusammen. Es entsteht ein Gebilde mit einem fetten Leib (dem Sauerstoff-Atom), zwei Armen (den Wasserstoff-Atomen) und zwei Beinchen (den beiden Paaren aus Sauerstoffelektronen), die hilflos in die Gegend ragen.
    Gäbe es nur ein einziges Wassermolekül auf der Welt und nicht deutlich mehr, wäre damit alles gesagt. Die Anwesenheit von Nachbarmolekülen jedoch verkompliziert das Sozialgefüge der Wasserbestandteile. Zum einen sind die Wasserstoff-Atome in ständiger Bewegung und wechseln bis zu tausendmal pro Sekunde ihr Molekül. Zum anderen ist das Wassermolekül stark elektrisch polarisiert: Der dicke Sauerstoffkern zieht die Elektronenpaare egoistisch zu sich hinüber, sodass er sich am Ende in einer negativ geladenen Elektronenwolke befindet, während die zwei Wasserstoff-Arme vergleichsweise nackt, das heißt positiv geladen, zurückbleiben. Dies führt wiederum dazu, dass die positiven Arme eines Moleküls danach streben, sich mit den negativen Beinen eines anderen zusammenzutun. Weil Wasser zum einen so bindungsfreudig, zum anderen aber auch so unbeständig in seinem Bindungsverhalten ist, kann es alle möglichen verschiedenen Strukturen bilden, von denen im Folgenden noch die Rede sein wird. Außerdem sorgen diese Eigenschaften dafür, dass es bereitwillig Strom und Wärme leitet, Salze in sich auflöst und sich mit organischen Substanzen wie Eiweißen verbindet. Klaglos mischt sich Wasser mit allem Möglichen, weswegen Lebewesen vorwiegend aus Wasser bestehen.
    Eine weitere Folge der einzigartigen Struktur des Wassermoleküls sind insgesamt mehr als 60 Anomalien, die den gängigen Vorstellungen der Molekülphysik zu widersprechen scheinen und nur zum Teil verstanden sind. Am bekanntesten ist wohl die Eigenschaft des Wassers, bei ca. 4 Grad Celsius die höchste Dichte aufzuweisen, und nicht etwa am Gefrierpunkt oder darunter, wie alle anderen Stoffe, die sich an die Verkehrsregeln halten. Normaler wäre es, dass ein Eisblock die Moleküle an der kurzen Leine hält, während sie im flüssigen Zustand vergleichsweise frei herumlaufen dürfen. Deshalb passen bei den meisten Substanzen im festen Zustand mehr Moleküle in ein bestimmtes Volumen als im flüssigen Zustand, folglich ist die Dichte höher. Bei Wasser ist es genau umgekehrt, was folgendermaßen zu erklären ist: In der unter normalen Umständen entstehenden Eisstruktur sind die Moleküle sehr unintelligent mit großen Zwischenräumen angeordnet, gar nicht so eng, wie sie es gern haben.
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