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Level 4 07 - 2049

Level 4 07 - 2049

Titel: Level 4 07 - 2049
Autoren: Andreas Schlueter
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hat. Mit wenigen Knopfdrucken und Befehlen alle Gehirninhalte gelöscht!«
    Chip musste sich an Ort und Stelle hinsetzen. Sie konnte es nicht begreifen. Alles war so schnell gegangen. Ihre neuen lieb gewonnenen Freunde, die eben noch lebendig und leibhaftig vor ihr agiert hatten, standen nun leblos da wie Gipsfiguren, glotzten aus toten Augen ins Leere.
    Kosinus hoffte noch auf ein Wunder. Er stupste Ben an. Doch auch der kippte einfach nur um.
    »Meine Damen und Herren!«, sprach der holografische Event-Manager. Er war so sehr verblüfft von dem, was sich live vor seinen Augen abgespielt hatte, dass selbst ihm jede Fröhlichkeit abhanden gekommen war. Zum ersten Mal in seiner fünfzehnjährigen Laufbahn siezte er seine Zuschauer. Die Kamera schwenkte auf die leblose Miriam. »Sie haben soeben gesehen, wie ein künstliches Leben offenbar zu Ende ging. Wir wissen noch nicht, wodurch es geschah.« Er räusperte sich. »Aber wir werden alles tun, um Sie in Kürze zu informieren. Halb Mensch, halb – ja, wie soll ich sagen – Maschine, künstlicher Körper, Wunder der Technik, wie immer Sie wollen. Dieses wohl jedenfalls menschliche, immerhin durch Menschenhand geschaffene Wesen, der lebendige Prototyp des Menschheitstraums der Unsterblichkeit ist soeben vor unseren Augen gestorben, weil die Technik wieder einmal über uns Menschen gesiegt hat. Mir fehlen die Worte …«
    »Dann halt auch das Maul!«, brummte der Onkel düster vor sich hin, sah den Mitarbeiter scharf an, derdaraufhin nun endlich die holografische News-Sendung abschaltete.
    »Sie sind tot!«, krächzte Chip heiser.
    Der Onkel nickte.
    »Kann man nichts machen?«, fragte Kosinus. »Sie nicht wieder zum Leben erwecken?«
    »Doch, natürlich«, fing einer der Mitarbeiter gerade an, hielt aber inne, als er schon die Schritte der Reporterschar vernahm, die nun ihn und seine Kollegen dermaßen in die Mangel nehmen würden, dass er seine weitere Karriere getrost in die Tonne kloppen konnte.
    Der Onkel erinnerte seinen Neffen an den schizophrenen Zustand, in dem sich die Kinder zuletzt befunden hatten.
    »Niemand hatte sie je gefragt, ob sie als ihre eigene Kopie leben wollten«, gab er zu bedenken. »Meinst du wirklich, sie würden sich wünschen erneut ins Leben gerufen zu werden!«
    »Nein!«, rief Chip entschlossen. »Jennifer hätte das nie gewollt und die anderen auch nicht!«
    Kosinus nickte. Ebenso wie sein Onkel, der wusste, dass Chip mit ihrer Einschätzung Recht hatte. Er wusste es besser, als sein Neffe oder Chip je ahnen würde oder die kopierten Ben, Jennifer, Thomas, Frank und Miriam je geahnt hätten. Dafür kannte er sie viel zu lange. Schon über sechzig Jahre lang.

Das Ende 1999
    »So leicht habe ich mir noch nie Geld verdient!«, lachte Miriam draußen auf der Straße, nachdem sie das seltsame Forschungslabor wieder verlassen hatten. »Gehirn-scannen, ich lach mich tot!«
    Frank stimmte in Miriams gute Laune ein. »Stimmt. Nur eine halbe Stunde surrten sie mit dem Dings über meinen Kopf. Das hat nicht einmal gekribbelt!«
    Miriam zählte zum wiederholten Male die fünf blauen Hundertmarkscheine durch, die sie in der Hand hielt. »Fünfhundert Mark! Echt klasse! Schade, dass die das nicht jeden Tag machen!«
    »Ich weiß nicht recht!«, grübelte Jennifer. »Stellt euch mal vor, das klappt wirklich!«
    »Gehirn-scannen?«, polterte Miriam dazwischen. »Ich schrei mich weg. Das ist doch Quatsch. Wie wollen die denn mein Gehirn scannen? Die spinnen doch!«
    »Aber wenn doch?«, beharrte Jennifer. »Dann gäbe es mich eines Tages vielleicht zweimal. Einmal mich mit meinem dreizehn Jahre alten Gehirn und einmal mich in meinem wirklichen Alter!«
    »Haha, das möchte ich ja mal erleben!«, brüllte Miriam los. »Wenn ich mich als alte Dame noch mal treffe, als Kind, meine ich. Dann könnte ich mich ja selber warnen: vor blöden Typen, auf die ich mal reingefallen bin und so.«
    »Miriam, du bist albern!«, meinte Jennifer. »Ich fändees zehnmal schlimmer als den Ring der Gedanken damals. Nicht auszudenken.«
    »Es ist gar nicht gesagt, dass wir dann unserem alten Original begegnen würden«, überlegte Ben laut. »Vielleicht bin ich schon tot, wenn meine Kopie durchs Leben läuft.«
    »Schwarzseher!«, kommentierte Miriam.
    Jennifer griff Bens Gedanken auf »Oder aber wir sind mit sechzig Jahren so weise, dass wir wissen, dass unsere Kopien kommen, und verhindern, dass sie uns als Originale treffen!«
    »Blödsinn!«, widersprach Miriam heftig.
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