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Lesereise Kulinarium - Italien

Lesereise Kulinarium - Italien

Titel: Lesereise Kulinarium - Italien
Autoren: Dorothea Loecker , Alexander Potyka
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Schokoladenpudding. »Ja und die finocchiona ?«, fragt mein Mann. Himmel, die Fenchelsalami hätten wir fast vergessen. Die bringen wir zum antipasto . Genau wie die Oster- Pizza von Bäcker Bruno mit Käse und Schinkenstückchen. Naja, nur mal zum Probieren, vorneweg. Wir haben zwar nicht gefastet, aber es hätte ja sein können. Und allein diese Vorstellung reicht uns wirklich aus.
    Birgit Schönau

In jedem Korn ein Stück Welt
Mühen und Mühlen: Reisanbau in der Bassa Veronese
    Es wird eng, das schon, aber Platz finden sie alle: Signore Cremone und sein Barbierstuhl, die Rincos mit ihrer Hufschmiede, Signora Donatelli samt Stoffen, Garn und Nähmaschine und die Damen Zecchetto, die gleich ihre ganze Bar mitgebracht haben. Fünfzehn Familien flüchten in die Reismühle des Marcello Ferron, als sie in den Wirren des Zweiten Weltkriegs aus ihren Häusern und Höfen vertrieben werden. Man schließt sich zusammen und sucht sich mit vereinten Kräften über Wasser zu halten, jeder mit dem, was er kann und hat. Bald schon ist »La Piccola Italia«, wie die eigenwillige Kommune genannt wird, nicht nur in Isola della Scala, sondern in der ganzen Bassa Veronese bekannt. Die Gemeinschaft, zu der auch ein Pferd und eine Kuh gehören, schlägt sich durch. Die alte Mühle, im Dialekt pila vecia genannt, arbeitet Tag und Nacht. Der Reis, der hier geschält wird, macht alle satt.
    Doch das ist nur eine Geschichte von vielen. Gabriele Ferron erzählt sie gerne, sie und dazu noch eine Reihe anderer Anekdoten aus seiner Familie. Er ist der Enkel jenes Marcello Ferron, der dem »kleinen Italien« dereinst vorgestanden ist. Zusammen mit seinem Bruder Maurizio führt Gabriele die Antica Riseria Ferron, eine der ältesten noch funktionierenden Reismühlen Italiens. Natürlich sind die Ferrons schon längst in ein modernes Fabriks- und Bürogebäude in Isola della Scala, gut zwanzig Kilometer südlich von Verona, übersiedelt. Doch die Pila Vecia, etwas außerhalb des Ortes im offenen Land gelegen, ist Herzstück des Betriebs geblieben. Seit 1650 tut die alte Mühle ihren Dienst, ihr Rad läuft und läuft.
    Auch Gabriele Ferron ist nicht zu bremsen. Er redet mit den Augen, den Händen, mit dem ganzen Körper. Dass ihm alles, was er als gelernter Koch auf den Tisch bringt, auch selbst schmeckt, sieht man. Aus jedem seiner Sätze spricht die Begeisterung für den Reis. Korn für Korn taucht er ab in die Geschichte der Region und der Pila Vecia. In der Bassa Veronese, der Ebene südlich von Verona, gehörte der risotto immer schon zu den Lieblingsgerichten im Alltag, man schätzt ihn hier mehr als die pasta . Nach Italien kam der riso über die Mauren und Spanier. Seit dem 15. Jahrhundert, so vermutet man, wird er auch im Veneto angebaut.
    Er kenne sechzig bis siebzig Reissorten, doziert Gabriele Ferron, zu den Spitzensorten – und mit dieser Meinung steht er nicht allein – zählen der Arborio und der Riso Vialone Nano, sein Liebkind, das er hätschelt und pflegt. Im Vergleich zu den riesigen Reisplantagen im Piemont und in der Lombardei, in Vercelli, Pavia oder Novara, ist die Anbaufläche klein, gerade einmal tausendneunhundert Hektar groß. Und doch gilt der Vialone Nano Veronese unter Feinschmeckern als Geheimtipp. Der Rolls Royce unter den Reissorten, wie ihn Gourmetkritiker feiern. Oft genug verweisen sie dabei auf Isola della Scala und die Antica Riseria Ferron.
    Eine sich endlos verbreiternde Ebene, durchzogen von Flüssen und Kanälen, von Wäldern mit Weiden, Erlen und Ahorn. Felder mit Spargel, Kiwi, Melonen. Dazwischen alte Villen und Landgüter, Festungen aus der Zeit der Skaliger, kleine Dörfer und Städte mit romanischen Kirchen neben nichtssagenden Fabriken und Industriebauten. Die Kunsttischler der Region sind weithin bekannt, man stellt Möbel her und führt die alten Techniken der Restaurierung weiter. Das zweite wirtschaftliche Standbein ist der Reis, auch darauf baut man. Zahlreiche Mühlen säumen die Strada del Riso Vialone Nano Veronese. Die Pila Vecia ist deren älteste, ein einsames Gehöft zwischen Buttapietra und Isola della Scala. Die Fossa Zenobia fließt mitten durch die Mühle der Ferrons. Der Name des Flusses erinnert an die früheren Besitzer der Pila Vecia, die venezianische Familie Zenobia. Chroniken belegen, dass in der Serenissima am 26. April 1644 ein Antrag auf die Errichtung einer Reismühle gestellt wird, die man 1650 einweiht. Sie wechselt ihre Eigentümer etliche Male, ehe sie in den
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