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Lesereise Friaul und Triest

Lesereise Friaul und Triest

Titel: Lesereise Friaul und Triest
Autoren: Susanne Schaber
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Gemüsegarten und Weinberg. Auch die Villa Manin in Passariano diente diesem Zweck. Sie gilt heute als eine der größten und prächtigsten Anlagen ihrer Art. In ihrem Inneren ein Museum moderner Kunst, im Park die Reste venezianischer Gartenarchitektur. Die Skulpturen im Park, Werke zeitgenössischer Künstler, holen das Heute ins Blickfeld.
    Die Geschichte des Anwesens reicht ins 11. Jahrhundert zurück, als sich die ursprünglich aus der Toskana stammenden Manins im Friaul niederließen. Die venedigtreue Familie erwarb hier ausgedehnte Ländereien und kam zu Ansehen und Macht. Mitte des 16. Jahrhunderts begann man mit dem Bau eines Herrenhauses, das man laufend erweiterte. Der Landsitz wächst zum Palast heran: Zahlreiche Nebengebäude umgeben den Wohntrakt und finden zu einem theatralisch anmutenden Ensemble zusammen. Man orientiert sich an den Plänen eines Andrea Palladio oder Baldassare Longhena, spart nicht an der Innenausstattung und lässt eine ausgedehnte Parkanlage entwerfen. Eine Gartenlandschaft wie eine Inszenierung. Um 1714 angelegt, folgt sie dem Vorbild von Versailles, wenn auch in kleinerem Rahmen: mit ihren Wegen und Teichen, mit ihren künstlich aufgeschütteten Hügeln, dem Parnass und dem Ätna, wie man sie nennt. Hier leben die Götter und ihr Hofstaat.
    Einmal mehr präsentiert sich Venedig mit alle seiner Macht. Doch der Niedergang kündigt sich schon bald nach Fertigstellung der Villa an. Als Ludovico Manin einen Sommersitz sucht und dafür Passariano auswählt, ahnt er nicht, dass er der letzte Doge sein würde. Am 12. Mai 1797 muss er abdanken. In die Salons, Säle und Ställe der Villa Manin ziehen neue Bewohner ein, berühmt auch sie: Napoleon und seine Truppen, nunmehr im Kampf gegen Österreich. Das Anwesen sei zu groß für einen Grafen und zu klein für einen König, soll er befunden haben. In der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober 1797 unterzeichnen er und Kaiser Franz II . den Friedensvertrag von Campoformido. Die Villa Manin geht in die Annalen ein, eine Fußnote.
    Zu jenem Zeitpunkt haben die Venezianer längst den Rückzug angetreten. Wer weint ihnen nach? Wenige, wie es scheint, und doch: Vieles bleibt hängen. Vielleicht auch die Sehnsucht nach der Weite des Meeres, der Mut, sich auf den Weg zu machen und die Welt zu umsegeln auf der Suche nach neuen Orten, nach Handelsplätzen, nach dem Abenteuer. Hat Pierre Savorgnan de Brazza die Bücher des Marco Polo gelesen? Seine Familie ist seit vielen Jahrhunderten im Friaul ansässig und einer ihrer Stammsitze die heutige Villa di Brazzà Savorgnan-Pirzio Biroli in Brazzacco nahe Udine. Pierre Savorgnan de Brazza, 1852 geboren, ist in Rom aufgewachsen und später nach Frankreich übersiedelt. Von dort aus folgte er seiner Sehnsucht nach der Fremde. Als Forscher und Entdecker erkundete er den Schwarzen Kontinent und gründete eine Stadt mit klingendem Namen: Brazzaville, die heutige Hauptstadt der Republik Kongo. Ein Stückchen Friaul im tiefsten Afrika, weit weg bei den Löwen und Gazellen.
    In Pierres Heimat indes zieht der Markuslöwe weiter seine Runden. Immer wieder biegt er um die Ecke, bis heute: auf der Piazza Libertà in Udine, beim Palazzo del Monte di Pietà in Pordenone, vor dem Altar des Domes von Sacile, in der Loggia von Venzone. Ab und zu hört man Flügel schlagen – sind es die Schwingen des Markuslöwen oder die des habsburgischen Doppeladlers?
    Palmanova ist in den Schlaf versunken, die Kasematten verfallen, die Festung wird zum Mahnmal. Hier ist nie wirklich gekämpft worden. Ein Glück.

Die Welt steht still
Die großen Erdbeben des Jahres 1976
    Zuerst spüren es die Tiere. Kleine Schlangen, die man sonst niemals sieht, kriechen aus ihren Erdlöchern. Hunde werden unruhig und bellen ohne ersichtlichen Grund. Ratten rennen aus den Kellern, Kühe und Pferden zerren an den Barren und drängen ins Freie. Als dann auch noch der Wasserspiegel in den Brunnen um zwei Meter abfällt, kommt Ratlosigkeit auf. Ob es an der Sonne liegt? Eine von vielen Erklärungen. Es wäre die einfachste. Für jenen 6. Mai des Jahres 1976 ist eine Sonnenfinsternis angekündigt, ja mehr noch: Es sollen diesmal gleich zwei Eklipsen aufeinanderfolgen. Das bringe Unglück, sagen die einen. Purer Aberglaube, so die anderen – und wer will sich damit aufhalten? Die Menschen kehren zu ihrer Arbeit zurück, allein die Tiere bleiben irritiert.
    Auch so ein Tag geht irgendwann vorbei. Tut er auch – und doch auch wieder nicht: Am 6. Mai 1976 um
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