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Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler

Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler

Titel: Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
Autoren: M.A. Foster
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gegenwärtig, die Sonne, die reglose Luft, die Hitze, das Brummen der Julifliegen in den Bäumen, und sie hatte, lächelnd, nach dem jüngeren Knaben gegriffen …
    Und es verschwand und hinterließ die bittere, kurze Rückwirkung, die seine, jenes speziellen Bildes wahre Natur offenbarte; es war ein Paratraum gewesen, eine Projektion, eine Hoffnung, eine Phantasie, es war nicht wirklich gewesen. Sie wußte nicht, ob sie es sich vorher schon einmal vorgestellt oder ob sie es in dem Kasten erfunden hatte. Es war auch gleichgültig. Es war ja nicht wirklich. Sie genoß die Erinnerung an eine unwirkliche Erinnerung und lächelte im Geiste zu sich selbst; da sie sich kannte, wußte sie, warum die letzte nicht wirklich gewesen war, obwohl die an der Mauer in dem Obstgarten es gewesen war. Sie war nie so zurückhaltend gewesen und hatte nie andere geneckt, noch waren ihre Körperfreunde und Liebhaber so unschuldig oder schüchtern gewesen. Das war eine Feinheit, die sie im Geiste hinzugefügt hatte, um irgendeine tiefer liegende Wunschvorstellung zu befriedigen. Unwirklich, unwirklich. Sie empfand ein sonderbares Gefühl, das aus wütender Enttäuschung und nachdenklicher Traurigkeit zusammengesetzt war. Es würde keine Umarmungen an der Gartenmauer, keine Baumhäuser, nicht einmal mehr Träume von ruhigen Versuchungen an den Ufern des Hvarrif mehr geben.
    Jenes letzte Ereignis zerriß die Kette der emotionalen und erotischen Erinnerungen. Sie fühlte sich so, als habe sie die ganze Zeit angestrengt auf den Zehenspitzen gestanden. Sie versuchte, das Bein zu beugen. Sinnlos. Sie konnte es nicht fühlen. Ganz unabgelenkt begann sie, von dem Gefühl der sexuellen Erwartung, von dem sie sich hatte tragen lassen, wegzutreiben, ziellos, frustriert. Bedauernd. Sie hatte die wenigen Augenblicke der jugendlichen Entwicklungsphase, die sie in ihrem Leben, vor allem in den letzten zehn Jahren, gehabt hatte, sehr genossen. Und sie ertappte sich dabei, daß sie dachte: Und es hätte noch zehn weitere gegeben, wenn das hier nicht gekommen wäre. Für sie hatte es weniger derartige Ereignisse gegeben als für die meisten Mädchen der Ler, denn sie war während der ganzen Zeit mit vielen anderen Dingen beschäftigt, zu ernst gewesen, zu sehr in Anspruch genommen durch das Große Werk. Jetzt, dachte sie. Jetzt ist die Zeit gekommen, die Entscheidung zu treffen. Die Zeit, sich endgültig festzulegen, die Zeit aufzuhören zu zögern, die Zeit aufzuhören, auf eine Rettung zu warten, die nie kommen wird, weil sie niemals erfahren werden, wo ich bin. Ich werde in meiner eigenen Erinnerung untergehen; sie ist nicht mehr ein Zuhause, sondern ein Labyrinth, aus dem es kein Entkommen gibt.
    Sie näherte sich immer mehr dem Punkt, vor dem sie sich gefürchtet hatte; und jetzt hatte sie ihn erreicht. Früher hatte sie sich vorgestellt, wie es sein würde, wenn sie ihm gegenüberstünde: ein geistiges Bild von einer wichtigen Weggabelung, einer außergewöhnlichen Kreuzung, einem einzigartigen Ort, an dem die Wahl mit allen ihren Schrecknissen getroffen werden mußte. Vielleicht würde dieses Bild auch Symbole von höchster Bedeutung enthalten: flammende Lichter, große, leuchtende Schilder. Etwas, das wie die Straßen der Vorläufer aussah. Aber jetzt, da sie tatsächlich an dem Ort angelangt war, sah sie in ihrer Phantasie, daß die Wirklichkeit ganz und gar nicht so war; ihr Geist sorgte für ein symbolisches Bild, das besser paßte: durchaus keine Kreuzung. Das Bild war das einer breiten, glatten Straße zu ebener Erde in nicht weiter bemerkenswerter Gegend. Es gab nicht ein Geländezeichen, nicht einen Orientierungspunkt, nicht einmal einen Pfosten am Straßenrand, der den Punkt markiert hätte. Sie war, wie ihr mit einem Gefühl nachdenklicher Resignation bewußt wurde, schon daran vorbei, und die Wahl war lange getroffen. Die Lösung lag auf der Hand. Und auf halber Strecke endete sowohl die Straße als auch das umliegende Gebiet, aber nicht mit einer Veränderung der Umstände, sondern in einem unbestimmten, doch totalen nebelhaften Nichts. Sie hatte sich lange auf diesem Weg befunden; ihr Leben führte dorthin.
    Ich werde nicht davon reden, ich werde nicht mit ihnen darüber sprechen, ich werde nicht einmal abwarten, bis sie mich wieder holen kommen. Ich bin … Sie suchte krampfhaft, suchte den Namen wiederzufinden, den sie verlegt hatte, vergessen unter tausenderlei hoffnungslos verwirrten Daten, wirklichen und unwirklichen. Es gab
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