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Lenas Mondnächte (German Edition)

Lenas Mondnächte (German Edition)

Titel: Lenas Mondnächte (German Edition)
Autoren: Sisa
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dass sich Stück für Stück die Ereignisse zurück in ihre Gedanken drängten. Sie brachten sie zum Zittern, zum Beben und schließlich zum Weinen.
    Sie war einfach fassungslos.
    Sie hatte geglaubt, Tomm zu kennen. Ihn einschätzen zu können, schließlich waren sie sich in den vielen langen Gesprächen doch nahe genug gekommen. Trotz seiner fremden Neigung war sie sich sicher gewesen, dass er nicht gefährlich war. Doch was sich da auf sie gestürzt hatte, war ein wildes Tier. Eine Bestie! Ein von allem entfesselter, in seiner Lust rasend gewordener Mann, der jede Menschlichkeit verloren hatte und ihr völlig fremd war.
    Das Schlimmste an dem Ganzen war, dass er sie ja gewarnt hatte. Er hatte sie vor sich selbst gewarnt und ihr auch prophezeit, dass er ihr wehtun würde.
    Wie hatte sie das nur als Unwichtig abtun können?
    Nie wäre sie auch nur im Ansatz auf die Idee gekommen, dass er zu so etwas fähig war. Sie einfach auf alle Viere zu zwingen, als ob sie selber auch nur ein Tier war! Und sie dann zu schänden. Sich holen, was er wollte – ohne ihre Gegenwehr zu beachten. Sie leiden zu lassen, weil er sie hemmungslos benutzte – und dann einfach verschwand und sie im feuchten Gras liegen ließ.
    Damit nicht genug – am Schlimmsten fand sie es, dass ihr Körper auf ihn reagiert hatte. Er hatte ihr den Gehorsam verweigert und ihre Angst und ihre Abscheu nicht geteilt. Das war es, was sie an ihrem eigenen Verstand zweifeln ließ – die Lust, die sie zuletzt empfunden hatte, trotz der Schmach, die er ihr angetan hatte …
     
    Immer noch war sie fassungslos, und ob dieser Gedanken schlief sie dann endlich ein.
    Doch auch der Schlaf war unruhig. Sie träumte wieder …
    Sie war nicht alleine. Tomm stand an ihrem Bett, und wie schon letzte Nacht, beobachtete er sie auch diese. Ängstlich und nach Schutz suchend, kroch sie immer tiefer und tiefer in ihre Kissen, gegen die Wand gepresst – voller Angst, er wäre wieder gekommen, um sie erneut zu schänden. Wie schon auf der Lichtung im Wald fühlte sie sich ihm schutzlos ausgeliefert und so wehrlos, wie noch niemals zuvor in ihrem Leben.
    Doch nichts geschah. Er sah nur auf sie runter, stundenlang.
     
    Von da an erschien ihr Tomm jede Nacht im Traum in ihrem Schlafzimmer und beobachtete sie. Es gab keine ruhigen Nächte mehr für sie, keine wohligen Träume – nur noch Unsicherheit und Anspannung. Durchsetzt von Angst.
    Nacht für Nacht fühlte sie sich im Schlaf observiert, fast belauert. Und wäre sie nicht so von ihm und von dem, was er ihr angetan hatte, enttäuscht – so hätte sie vielleicht noch angenommen, dass er ihren Schlaf behütete.
    Jede Nacht stand er am Fußende ihres Bettes, schaute auf sie runter mit diesem lodernden Bernsteinblick, in sein schwarzes Wildleder gekleidet und wachte über sie. Und drang in ihre Träume ein …
    Am Computer meldete er sich nicht mehr.
    Aber auch sie ging nicht mehr in seinen Chat, sie mied das Internet sogar wie die Pest – aus Angst, er hätte irgendwo eine Nachricht für sie hinterlassen. Weil sie von der Angst geplagt wurde, sie hätte nicht die Kraft, ihm trotz allem zu widerstehen …
     
    Die Tage vergingen. Drei Wochen nach jenem verhängnisvollen Treffen war körperlich nichts mehr davon zu spüren. Nur die Wunde auf dem Schambein wollte und wollte nicht verheilen. Immer wieder riss der Schorf auf, sie nässte und begann wieder zu bluten.
    Und jede Nacht, wenn sie träumte, er stünde an ihrem Bett – pulsierte die Wunde, als hätte sie ein Eigenleben.
    Mittlerweile war Lena soweit, dass ihr jede Nacht aufs Neue vor dem Zubettgehen graute. Stundenlang stand sie am Fenster ihrer Wohnung im fünften Stück und starrte in die Dunkelheit hinaus auf den Park und auf die Straßen, die sich mit dem Fortschreiten der Zeit immer mehr leerten, bis sie schließlich genauso verlassen unter ihr lagen, wie der Park selber.
    Es war eine jener Nächte gewesen, in denen Lena erkannte, dass ein Teil ihres Seelenschmerzes daher rührte, weil sie gedacht hatte, sie wäre ihm gewachsen. Sie hatte sich selbst maßlos überschätzt und – das musste sie plötzlich ehrlich zugeben –  sich auch ein wenig für unbesiegbar gehalten. Tomm hatte ihr gezeigt, wie schwach, wie hilflos sie war – und wie lächerlich einfach es für einen Mann wie ihn war, sich einfach zu holen was er wollte.
    Diese Schwäche auf solch krasse Art vor Augen geführt zu bekommen, ging fast über ihre Kräfte. Und manchmal schlich sich der
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