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Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)

Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)

Titel: Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Autoren: Beverley Kendall
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Stück!
    Harry sog die Luft so scharf ein, dass das Geräusch von den getäfelten Wänden widerhallte. » Amelia!«
    Thomas hob abwehrend und begütigend die rechte Hand. Sie musste einfach immer das letzte Wort haben, da war nichts zu machen. Himmel noch mal, lieber wollte er splitternackt in einen Bottich voller Blutegel steigen, bevor er nur eine einzige Minute in ihrer Begleitung verbrachte. Jedenfalls hielt er sich schon viel zu lange in ihrer Nähe auf.
    » Geht in Ordnung, Harry. Ich möchte keinesfalls, dass deine Tochter auch noch anfängt zu lügen.«
    » Ich freue mich, dass wir in diesem Punkt einer Meinung sind«, erwiderte sie schnippisch.
    Thomas zog es vor zu schweigen, bevor er womöglich ausfällig wurde. Er deutete ein Kopfnicken an und warf ihr einen letzten Blick zu. Du liebe Güte, was war nur an ihr, dass er bei ihren ätzenden Bemerkungen immer die Beherrschung verlor? Und warum um alles in der Welt machte sie ihm ständig Vorwürfe? Ihr Umgang mit ihm war mehr als nur kalt– wie es ihrem Ruf entsprach. Es schien, als trüge sie den typischen schwarzen Hut auf dem Kopf und käme auf einem Besen dahergeritten, genau wie ihre Schwestern aus der finsteren Zunft der Hexen.
    Niemand sonst brachte dem charmanten Viscount Armstrong derartiges Missfallen entgegen, und schon gar keine Frauen, weder die Ladys noch die nicht ganz so damenhafte Weiblichkeit.
    Nur Lady Amelia.
    Viele Menschen behaupteten, dass sogar Kinder seiner Ausstrahlung erliegen würden.
    Lady Amelia ganz bestimmt nicht.
    Thomas ärgerte sich über die Richtung, in die seine Gedanken abgeschweift waren. Als ob es ihn interessierte, was ihr durch den Kopf spukte! Er wandte sich erneut an den Marquess. » Ich finde selbst hinaus. Schönen Tag, Harry! Lady Amelia.« Ruhig und gefasst verließ er das Haus.
    Gefühlsausbrüche lagen nicht in Amelias Natur. Sonst hätte sie beim Anblick des sich verabschiedenden Lord Armstrong sicher Jubelschreie angestimmt.
    Arroganter, unerträglicher Dreckskerl.
    » Du hast dich unverschämt benommen«, tadelte ihr Vater sie mit unübersehbar missbilligender Miene.
    Die Uhr auf dem Sims zeigte an, wie die Zeit verstrich, ohne dass Amelia eine Antwort gab. Als klar wurde, dass dies auch so bleiben würde, stieß Harry Bertram einen Seufzer aus. Amelia wusste sehr wohl, die Nuancen dieses besonderen Geräusches zu unterscheiden.
    Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und ging zu dem kleinen, kreisrunden Tischchen in der Ecke des Zimmers hinüber, auf dem eine kristallene Karaffe mit einem der kostspieligsten Portweine stand, die in ganz England zu bekommen waren. Mehrmals zerrte er ungeduldig an seinem Halstuch, bevor er es aufs Sofa warf und sich einen Drink einschenkte. Es war zehn Uhr am Vormittag.
    » Du wolltest mich sprechen, Vater?«
    Lord Bradford stellte sich ans Fenster, sein Profil ihr zugewandt, und führte das Glas an die Lippen. Einen Moment lang schien es, als würde er über die gelben Azaleen in seinem Garten nachdenken. Als er sich langsam zu ihr drehte, war jegliches Gefühl aus seinen Augen verschwunden.
    Amelia schaute ihn an. Und es schoss ihr durch den Kopf, dass sie ihren Vater seit ihrem wirkungsvollen Auftritt noch gar nicht richtig betrachtet hatte. Er sah völlig anders aus als sonst: die Weste aufgeknöpft, das Haar wirr, der Nacken irgendwie dürr und nackt ohne das Halstuch. Man konnte sich fast zu der Behauptung versteigen, dass er auf elegante Art ungepflegt wirkte. Wenn ein Mann, vor dessen perfekter Kleidung sich jeder Schneider der Savile Road verbeugen würde, sich dermaßen gehen ließ, dann mussten schon höchst ungewöhnliche Dinge anstehen.
    » Wie oft muss ich dich noch bitten, nicht so kühl mit mir zu sprechen? Es ist noch nicht lange her, dass du mich Papa genannt hast.«
    Die letzte Bemerkung schien mehr an ihn selbst gerichtet. Vielleicht eine wehmütige Reminiszenz? Hastig und wie um sich selbst zu schützen verscheuchte Amelia diesen Gedanken, bevor er die Mauern durchdringen konnte, die ihr Herz umgaben. Dieser Teil von ihr, der einst Gefühlen zugänglich gewesen war, hatte sich fest abgekapselt. Wenn nicht gar in Nichts aufgelöst
    » Mir ist ausgerichtet worden, dass du mich zu sprechen wünschst«, wiederholte sie, als hätte er nichts gesagt.
    » Setz dich, Amelia.« Mit einer weiten Handbewegung deutete er auf die frisch aufgepolsterten ledernen Armsessel am Tisch, auf die eleganten Brokatstühle, das Sofa beim Kamin.
    Amelia ließ den Blick
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