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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du
Autoren: Laura Wulff
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als es seiner Mutter passte. Eigentlich sollte die Skater-Frisur rockig aussehen, doch die Strähnen lagen durch die Kappe platt am Kopf. Er fand sich nicht hübsch, aber er kam auch nicht gerade schlecht bei den Mädchen an. Okay, er war kein Schwarm wie Maik, wurde aber auch nicht völlig ignoriert wie Denis. Sein Aussehen war durchschnittlich, seine Zensuren ebenfalls. Er mochte es nicht, Mittelmaß zu sein, vielleicht entwickelte er deshalb beim Geocaching solch einen Ehrgeiz.
    Da erschien endlich eine Nachricht auf dem Display.
     
    GeoGod: Wo bleibt das Foto?
    Indy: Hab’s nicht. Die Kiste war nicht da.
    GeoGod: Natürlich war sie das. Hast du überprüft, ob du die Koordinaten richtig eingegeben hast?
    Indy: Klar. Vielleicht wurde der Cache gestohlen.
    GeoGod: Geh noch einmal hin und suche richtig!
    Indy: Negativ. Hab morgen Schule.
    GeoGod: Zeigst du so wenig Engagement? Ich habe mehr von dir erwartet.
    Indy: Meine Eltern würden mich nicht gehen lassen.
    GeoGod: Klettere aus dem Fenster.
    Indy: Wir wohnen im dritten Stock.
     
    Eine Pause trat ein. Unruhig rutschte Benjamin auf seinem Stuhl hin und her. Immerhin konnte er jetzt sicher sein, dass der Patron ihm nicht gefolgt war. Sonst wüsste dieser, wo er wohnte.
     
    GeoGod: Ich habe die Kiste. Sie war genau dort, wo ich sie versteckt hatte.
     
    So schnell konnte er unmöglich von zu Hause zum Schrottplatz gefahren sein, dämmerte es Ben. In der Nachbarschaft wohnte er jedenfalls nicht, denn der Altmetallhof befand sich in einem Industriegebiet. Viel eher konnte sich Ben vorstellen, dass GeoGod ihn die ganze Zeit beobachtet hatte, mit seinem Smartphone oder einem Laptop online war und längst wusste, dass er unverrichteter Dinge abgezogen war. Warum log er also? Wenn Benjamins Vermutung stimmte, hieß das aber auch, dass dem großen Unbekannten längst bekannt war, wo Ben lebte. Warum tat er dann so, als ob er das nicht wüsste? Am liebsten hätte er sich einen Joint angesteckt, aber er traute seiner Mutter zu, ihm ein Brot zu bringen, daher ließ er es bleiben.
     
    Indy: Ich habe wirklich überall gesucht.
    GeoGod: Sie war recht einfach zu finden.
     
    „Fuck!“ Mit der flachen Hand schlug Benjamin auf den Schreibtisch. Er war mal wieder der Loser. Aber er hatte wirklich gründlich geschaut. Beinahe wäre er dabei sogar von einer Bestie zerfleischt worden!
     
    Indy: Da war ein Kampfhund.
    GeoGod: Du hättest dich um ihn kümmern müssen.
    Indy: Was soll das heißen?
     
    GeoGod blieb ihm die Antwort schuldig. Genau deshalb wurde Benjamin mulmig. Hätte er den Köter etwa ausschalten sollen? Das konnte nicht sein Ernst sein! Oder doch? Dass der Gamemaster einen hohen Einsatz von seinen Spielern erwartete, war Ben klar. Aber nicht, wie hoch.
     
    GeoGod: Dann erachte ich den Auftrag als gescheitert.
    Indy: Ja. Leider.
    GeoGod: Du weißt, was das bedeutet.
    Indy: Es tut mir leid. Ich hab mich echt bemüht.
    GeoGod: Du hast die Konsequenzen zu tragen.
     
    Das klang komisch. So ernst. Als befände er sich in einer Erziehungsanstalt. Oder im Krieg.
     
    Indy: Gib mir noch eine Chance, bitte. Beim nächsten Mal mache ich es besser. Heute war ein Scheißtag für mich.
    GeoGod: Er wird nicht besser werden.
    Indy: Game over?
    GeoGod: Habe ich etwa gesagt, dass das Spiel vorbei ist? Doch nicht wegen eines einzigen Fehlers.
     
    Ben fiel ein Stein vom Herzen. Grinsend lehnte er sich zurück. Er atmete tief durch. Das war ja gerade noch einmal gut gegangen. Er würde nicht abserviert werden. Doch dann schrieb sein Freund etwas, das ihn verunsicherte.
     
    GeoGod: Das steht alles im Kleingedruckten.
    Indy: Was?
    GeoGod: Die Spielbedingungen, meine Art der AGB.
     
    Wovon sprach er? Ben hatte keinen blassen Schimmer. Aber sein Magen ballte sich zusammen, als hätte ihn jemand geboxt. Während er sich durch die Unterseiten klickte, schluckte er mehrmals schwer. Seine Spucke war zäh wie Kleber.
     
    Indy: Ich finde sie nicht.
    GeoGod: ASB. Allgemeine Spielbedingungen. Unten links.
     
    Jetzt endlich entdeckte Ben den Link, allerdings nicht im Menü, sondern separat auf der Hauptseite. Aber er war sich sicher, dass die Verlinkung vorher noch nicht da gewesen war! Eventuell hatte er sie aber auch übersehen, denn sie war kaum zu erkennen. Dunkelgraue Schrift auf schwarzem Hintergrund.
    Als er die Überschrift las, wurde ihm schlagartig übel. Sein Brustkorb war wie zugeschnürt. Er wollte GeoGod fragen, was der Scheiß sollte, aber der hatte sich ausgeloggt. Da
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