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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei
Autoren: Vicki Stiefel
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schuldig, Sheriff.«
    Er nickte. »Dachte mir schon, dass Sie das waren.«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe mal Ihren zweitägigen Kurs an der Northeastern mitgemacht, so vor vier Jahren. Der, bei dem es um den Umgang mit den Angehörigen von Mordopfern geht.«
    Himmel. Ich kam mir vor, als wäre ich gar nicht von zu Hause weggefahren. »Ich hoffe, er hat Ihnen gefallen.«
    »Das hat er. Also, dann erzählen Sie mir mal von dem Kerl, den Sie auf der Bangor Road aufgelesen haben.«
    Bei mir machte es »klick«. »Haben Sie etwa eine tote …«
    »Frau gefunden?«, fuhr er fort. »Gott sei Dank, nein. Aber ich würde Ihre Geschichte trotzdem gerne hören.«
    Ich nickte mit dem Kopf Richtung Tür. »Kommen Sie. Ich mach Ihnen einen Eistee und erzähle Ihnen alles.«
    Hank setzte sich an den verkratzten Küchentisch, während ich Pennys Wassernapf auffüllte und den Eistee zubereitete. Er nahm seine Sonnenbrille ab. Die dunkelblauen Augen waren noch wie in meiner Erinnerung, aber sie waren alt, viel zu alt für einen Mann von vierunddreißig Jahren. Ich hätte gerne gewusst, warum.
    Wir nippten am Tee, während ich Hank Cunningham von den Ereignissen auf der Bangor Road erzählte und wie ich den Fremden und seinen Hund zum Tierarzt gefahren hatte. Er machte sich Notizen auf einem kleinen Spiralblock und stellte einige gezielte Fragen, auch zur Verletzung des Hundes.
    »Sie sind doch auch Psychologin, nicht nur Trauerberaterin, oder?«
    Ich nickte.
    »Wie würden Sie den Mann einschätzen?«
    »Schwer zu sagen, da er ja kein Patient ist. Ich urteile nicht gern vorschnell.«
    Er beugte sich vor. »Dann schildern Sie mir nur Ihre Eindrücke.«
    »Halluzinationen? Denkbar. Drogen? Vielleicht auch das. Mal war er im Hier und Jetzt, mal nicht, ein ständiger Wechsel. Dann wurde er ablehnend und bedrohte mich. Hat mir den Truck abgenommen. Nervös. Schizophren? Wohl nicht. Bipolar? Schon eher. Obwohl ich da noch etwas anderes wahrgenommen habe. Zwischendurch hat er auffällig gestottert. Und dann wieder gar nicht. Aber das eigentlich Interessante ist ja die Frage, ob es die Frau mit dem Messer im Bauch nun wirklich gibt oder nicht.«
    »Stimmt.«
    »Zuerst dachte ich, ja. Diese unzusammenhängenden Abschweifungen klangen echt. Aber nach reiflicher Überlegung finde ich die Antwort nicht mehr ganz so eindeutig. Er könnte die Szene auch in einem Film gesehen haben, im Fernsehen, oder er hat sie in einem Buch gelesen.«
    Er atmete aus, und ich bemerkte, dass er die Luft angehalten hatte.
    »Sie kennen ihn, stimmt’s?«, sagte ich.
    Er grinste. »Roy Orbison? Der ist tot.«
    Da wusste ich, dass Hank Cunningham bezüglich des Fremden auf der Bangor Road ganz eigene Ziele verfolgte. Hank kannte ihn sehr wohl. Und Hank machte sich Sorgen – nicht wegen ihm, sondern um ihn.
    »Danke, Miss Whyte. Für die Auskunft und für den Tee.« Hank stand auf. Er fuhr mit einer Pranke durch seinen Bürstenschnitt. Das Haar sah aus wie rostfarbener Weizen, der sich im Sturm wiegt. »Ich melde mich.«
    Komisch, aber ich wusste, dass er das tun würde.
    Am nächsten Morgen erreichte ich endlich den Tierarzt. »Veterinärpraxis Dowling. Wie kann ich Ihnen helfen?« Die Stimme war weiblich, munter und ausgesprochen britisch.
    »Ich wollte mich nach einer Hündin erkundigen, die Sonntagabend gegen Mitternacht zu Ihnen gebracht wurde. Sie war ziemlich schlimm verletzt, und ich wollte nur fragen, ob es ihr gut geht.«
    »Also nicht Ihr eigener Hund, wenn ich das richtig sehe.«
    »Nein. Ich habe den Besitzer zum Tierarzt gefahren.«
    »Und der Besitzer heißt …?«
    »Äh, das weiß ich nicht.«
    »Wirklich? Haben Sie den Namen des Hundes? Mit dem komme ich auch weiter.«
    »Nein, leider nicht. Aber ich kann ihn beschreiben. Er war riesig. Mit einem großen Maul. Ganz schön knochig. Er war nass, aber das Fell war lang und drahtig. Vielleicht können Sie es anhand der Uhrzeit herausfinden? Ich meine, so viele Notfälle werden Sie Sonntagnacht doch nicht gehabt haben, oder?«
    »Nicht viele, denke ich. Wollen wir mal sehen.« Ich hörte Tasten klappern, dann … »Da haben wir es. Dr. Dowling hat sie um null Uhr vierzig am Montagmorgen behandelt.«
    »Und, kommt sie wieder in Ordnung?«, fragte ich.
    »Wie es aussieht, ja. Nach Dr. Dowlings Notizen zu schließen, hatte sie einen bösen Knochenbruch und viel Blut verloren. Der Doktor hat ihr Bein gerichtet und ihr verschiedene Medikamente gegeben, darunter auch ein Antibiotikum.«
    »Steht da auch ihr Name
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