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lebt gefaehrlich

lebt gefaehrlich

Titel: lebt gefaehrlich
Autoren: Dorothy Gilman
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sofort ins Auge stach. Atemlos verfolgte sie die Zeiger der Wanduhr, die sich langsam der Acht näherten. Henry Miles war ebenfalls erschienen. Er saß in einer Ecke, hielt die Augen halb geschlossen und war kaum zu bemerken. In einer anderen Ecke saß ein Liebespaar, und an der gegenüberliegenden Wand rauchten und plauderten zwei Herren.
Erst als Henry aufblickte, sah auch Mrs. Pollifax zum Eingang und wurde sofort sehr aufmerksam. Es war genau acht Uhr. Eine Frau hatte das Hotel betreten. Mrs. Pollifax begriff nicht, daß die anderen Gäste ungestört weiterplaudem konnten, ohne etwas zu bemerken. Denn, was die Frau mitgebracht hatte, war nackte, unverhüllte Angst. Die Frau stand innerhalb der Eingangstür und bemühte sich verzweifelt, nicht aufzufallen, während ihr Blick die Halle absuchte. Glomm leises Erkennen in ihren Augen auf, als sie das Buch bemerkte, das Mrs. Pollifax aufrecht im Schoß hielt. Mit ihrer Unentschlossenheit erreichte sie jedoch genau das, was sie vermeiden wollte: die Leute begannen sie anzusehen. Sie paßte wirklich nicht in eine Hotelhalle. Ihr Kleid war abgetragen und schäbig.
Es sah wie ein abgelegtes Hauskleid aus. Die Frau war bis auf die Knochen abgemagert. Trotzdem - wie schön muß sie einmal gewesen sein, dachte Mrs. Pollifax, als sie die tiefliegenden, dunklen Augen sah. Jetzt hob die Frau den Kopf und ging wie eine Schlafwandlerin durch die Halle, bis sie knapp vor Mrs. Pollifax stand.
»Ihr Buch«, sagte sie leise und mit fast unmerklichem Akzent. »Sind Sie...«
»Setzen Sie sich«, sagte Mrs. Pollifax. »Damit erregen Sie weniger Aufsehen. Sie sehen ganz erschöpft aus.«
Die Frau sank neben ihr aufs Sofa. »Wer sind Sie?«
»Emily Pollifax. Ist Ihnen jemand gefolgt?«
»Ich weiß nicht, aber es ist möglich«, sagte die FerenciSabo leise.
»Ich hätte diesen Ort niemals vorschlagen dürfen - so weit, so belebt, so ungeschützt.« Sie war sichtlich am Ende.
Mrs. Pollifax sagte forsch: »Ich habe Geld und einen Paß für Sie mitgebracht, aber Sie müssen sich zuerst ausruhen und etwas essen, bevor Sie etwas damit anfangen können. Links von mir ist der Hinterausgang. Sehen Sie ihn? Von dort führt eine Treppe in die zweite Etage. Ich habe Zimmer Nummer...« Verblüfft brach sie ab. Die Frau neben ihr blickte entsetzt zum Eingang und sprang auf. »Oh, bitte...«, sagte sie.
Mrs. Pollifax schaute zur Tür, um zu sehen, was ihre Besucherin derart erschreckt hatte. Als ihr Blick zum Sofa zurückkehrte, war die Frau verschwunden. Als hätte sie sich in Luft aufgelöst.
Zwei Männer in Uniform der türkischen Polizei durchquerten die Halle. Einer von ihnen beschleunigte plötzlich die Schritte und wandte sich der Hintertür zu. Sein Begleiter kam auf Mrs. Pollifax zu. Drohend pflanzte er sich vor ihr auf. Er war beängstigend groß. Unsicher erhob sie sich.
»Pasaport, luften«, befahl er und streckte die Hand aus.
»Paß?« stammelte Mrs. Pollifax. »Aber was ist denn geschehen? Sprechen Sie englisch?«
»Sind Sie Amerikanerin? Engländerin?«
»Amerikanerin.« Sie öffnete die Handtasche und vermied es, den zweiten Paß zu berühren.
Er schlug ihren Paß auf, blätterte ihn durch und verglich das Foto mit ihr. »Ich sehe. Sie sind erst heute nachmittag angekommen. Was tun Sie in Istanbul?«
»Ich - bin Touristin«, antwortete sie stockend.
»Die Frau, mit der Sie sprachen - die eben geflüchtet ist...«
Der andere Polizist kam durch die Seitentür in die Halle zurück, schüttelte den Kopf, zeigte nach oben und verschwand neuerlich.
Vermutlich wollte er das Hotel durchsuchen.
»Sie kommen bitte mit mir in die Zentrale, nach Santral Odasi.« Das war keine Einladung, sondern ein Befehl. Die Stimme des Polizisten duldete genausowenig Widerspruch wie seine Hand, die er um Mrs. Pollifax' Ellbogen gelegt hatte. Den Paß hatte er ihr nicht zurückgegeben, sondern steckte ihn jetzt ein. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Sie verließen das Hotel durch die Nebentür. Mrs. Pollifax konnte gerade noch sehen, wie Colins Jeep den Parkplatz verließ und wegfuhr. Colin hatte sie nicht bemerkt.
    Der Offizier hinter dem Schreibtisch trug Uniform. Der zweite Mann, der hinter ihm saß und als Mr. Piskapos vorgestellt wurde, war in Zivil.
    Mrs. Pollifax nahm Platz.
     
    »Ich bin eine amerikanische Touristin«, beantwortete Mrs. Pollifax die Frage des Polizeioffiziers.
    Ihr Paß lag aufgeschlagen vor ihm. »In dieser Woche strömen plötzlich sehr viele Besucher nach Istanbul«,
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