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Lebenssonden: Roman (German Edition)

Lebenssonden: Roman (German Edition)

Titel: Lebenssonden: Roman (German Edition)
Autoren: Michael McCollum
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sollen«, sagte er.
    Er nahm ihren Arm, und sie gingen schnell zum Bunker. Dieser hatte keine Fenster oder Türen bis auf eine einzelne Öffnung, gerade so groß, dass ein Mensch auf Händen und Knien einzudringen vermochte. Chryse ging in die Hocke und spähte ins Innere. Dieser Bunker war leer, obwohl Schleifspuren davon kündeten, dass sich einmal Ausrüstung dort befunden hatte, die dann ausgeräumt worden war. Auf der anderen Seite der Türöffnung führten eine offene Luke per Metallleiter zum Dach. Graues Licht fiel durch die Öffnung und erhellte den Innenraum.
    Chryse übernahm die Führung. Braedon folgte und hielt dabei ein Auge auf die lokalen Nagetier-Entsprechungen. Ein paar Expeditionsmitglieder hatten schon ein unfreiwilliges Belastungs-EKG über sich ergehen lassen, als die kleinen, schuppigen Tiere überraschend aus Ecken und Ritzen geflitzt waren.
    Chryse ging neben einer Wand in die Hocke und klopfte den Boden ab. »Setzen Sie sich doch bitte für ein paar Minuten mal zu mir.«
    Er ging zu ihr. Sie schauten sich für eine Weile stumm an. Chryse brach schließlich das Schweigen. »Was ist los mit mir, Robert?«
    »Wie bitte?«
    »Sie haben mich doch verstanden. Wir waren heute Morgen zu viert im Kontrollraum, als PROM dieses Bild von First Landing auf den Bildschirm legte. Kurz darauf erlitt Horace Price einen Nervenzusammenbruch, Terra ging in ihr Zelt und will nicht mehr rauskommen, und Sie sind in die Wildnis aufgebrochen, ohne irgendjemandem Bescheid zu sagen. Ich scheine die Einzige zu sein, die nicht reagiert hat, als ob PROM das Ende der Welt verkündet hätte. Alles, was ich verspürte, war eine gelinde Aufregung, dass ich eine faszinierende neue Tatsache erfahren hatte. Was stimmt nicht mit mir? Bin ich schon so abgestumpft?«
    »Sie haben reagiert, wie jeder Solarier es tun würde, Chryse.«
    »Ich würde trotzdem gern wissen, was ich heute Morgen verpasst habe.«
    Braedon seufzte und nickte. »Obwohl wir oft genug über die Unterschiede zwischen unseren zwei Völkern gesprochen haben, frage ich mich, ob wir einander wirklich verstehen. Sie sagen, dass Sie leicht aufgeregt waren, als PROM dieses Foto auf den Bildschirm legte. Ich zweifle nicht daran. In Ihrem Leben haben Sie wahrscheinlich schon Hunderte ähnlicher Szenen von den Datenbanken gesehen. Und mehr sind sie auch nicht für Sie – Szenen, Darstellungen auf einem Bildschirm, mehr nicht.
    Aber bedenken Sie, wie wir Alphaner uns fühlten, als wir die vorgeschobene Schöpfer -Basis auf Alpha Canis Minoris VII sahen. Diese Berge im Hintergrund waren unsere Berge. Ich habe ihre Hänge bestiegen, im Schatten ihrer Gipfel gezeltet, meine Frau in ihren Wäldern geliebt. Dieser Hangar hinter den Schöpfern war ein Gebäude, wo Horace Price und ich ein Großteil unseres Lebens als Erwachsene verbracht haben. An diesen Ort habe ich Terra mitgenommen, als sie kaum gehen konnte. Unser Leben lang sind wir Alphaner mit der Heiligkeit Des Versprechens indoktriniert worden.
    STELLVERTRETER ist unser erster Lehrer in der Schule. Er erzählt uns Geschichten unserer Vorfahren, die tapfer den Gefahren des interstellaren Raums trotzten, um Das Versprechen zu halten. Er kündet von den Entbehrungen, die sie durchlitten, als es nicht genug zu essen gab, von den Neugeborenen, die wegen der hohen Strahlenpegel an Bord des Sternenschiffs missgebildet wurden und von den Dutzenden, die Selbstmord verübten, weil sie sich nicht mit der Tatsache abzufinden vermochten, dass sie die Erde nie wieder sehen würden.
    Wenn wir älter sind, erzählen unsere Eltern uns von Den Gründern und ihrer großen Enttäuschung, als sie ein verlassenes Alpha entdeckten. Sie erzählen uns von den Widrigkeiten in jenen ersten Jahrzehnten: die Jahre, als die Menschen nicht wussten, ob sie auf Alpha zu überleben vermochten. Uns schwillt die Brust vor Stolz, wenn unsere Väter uns von der stolzesten Tradition unserer Leute erzählen – dass wir nie unser Versprechen vergessen haben.
    Man stelle sich einmal die Kosten vor! Seit zweihundert Jahren pumpen wir unsere Ressourcen in die Entschlüsselung des außerirdischen Datenstreifens, den wir aus ihrer Müllkippe ausgegraben haben. Beim Bau der Procyon’s Promise haben wir unsere spärliche Schwerindustrie bis an die Grenzen strapaziert. Wir haben keine Gefahren gescheut und tausend Lichtjahre des Alls durchquert. Diese Welt zu finden kostete uns fünfundzwanzig gute Männer und Frauen; einschließlich der Besatzung des
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