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Lebenselixier

Lebenselixier

Titel: Lebenselixier
Autoren: Monika Bender
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Männer unten. „Jemand hat den Schuss
gemeldet.“
Arne tat, als würde er sich an eine nicht vorhandene Mütze tippen. Jamal machte
sich bereits auf den Weg, dem Streifenwagen entgegen. Inzwischen beugte Wilhelm
sich über seinen verletzten Kameraden und untersuchte die Wunde. Arne blickte
sich suchend in Richtung Eingang um.
„Wo bleibt Lukas?“

 
     
46
    Lukas riss eine
weiß lackierte Metalltür auf. „Wo ist das verdammte Treppenhaus?“
Lukas hielt Tonys Hand so fest umklammert wie es möglich war, ohne ihre Finger
zu quetschen. Am liebsten hätte er sie sich über die Schulter geworfen und
getragen.
Unter keinen Umständen ließ sie sich wie einen Sack Kartoffeln fortschleppen,
hatte seine Gefährtin verkündet. Und dann war da noch diese merkwürdige Frau, die
Thomas unbedingt mitnehmen musste. Sie starrte Lukas und Jan an, als erwarte
sie, die Bluttrinker müssten sich jeden Moment in Rauch und Schwefel auflösen.
Was zu anderer Zeit vielleicht amüsant gewesen wäre.
Es machte Lukas nervös, nur in menschlicher Geschwindigkeit voranzukommen. Mit
jeder Faser spürte er die aufgehende Sonne. Ihnen blieb keine halbe Stunde
mehr. Den Bunker konnten sie nicht mehr erreichen. Auch die Warlocks würden es
unmöglich zu ihrem Schlupfwinkel schaffen. Sie alle mussten einen geschützten
Ort für die Nacht finden. Dabei blieb nicht einmal Zeit, das Chaos aufzuräumen,
das sie in dieser Büroetage hinterließen. Und Lukas hatte Schüsse gehört.
Womöglich war die Polizei der Sterblichen im Anmarsch.
    Hinter ihnen fiel
die Stahltür schwer ins Schloss. Vor ihnen lag ein fensterloser und dennoch
hell erleuchteter Flurabschnitt. Er endete ungefähr zehn Meter weiter bei einer
ganz ähnlichen Tür. Die Decke war mit Milchglas verkleidet. Dahinter leuchteten
zwei blass-gelbe Lampen. Dennoch erschien alles blendend hell. Vielleicht lag
es daran, dass die Wände frisch gestrichen waren, nicht so vergilbt wie in
allen anderen Räumen, die sie bisher betreten hatten. Dazu makellos weiße
Bodenfliesen.
    Die unerwartete
Dunkelheit wirkte umso umfassender, als plötzlich das Licht ausging.
    Thomas murmelte
ein unterdrücktes „Scheiße“, als er stolperte. Er trug noch immer Walsers
Schuhe, die ihm zu groß waren.
Lukas blinzelte, um sich schneller an die Lichtverhältnisse anzupassen. Seine
Pupillen stellten sich weit, bis sie die Iris vollständig verschluckten. Satt
Himmelbau wirkten seine Augen jetzt pechschwarz und fingen die letzten,
verstreuten Lichtreste ein. Darüber legte sich ein zweites Bild, erzeugt von
den Infrarot-Sensoren seiner Netzhaut. Beides zusammen ergab ein gestochen
scharfes Bild. Tony klammerte sich an seinen Arm.
Lukas erreichte die gegenüberliegende Tür und drückte. Dann zerrte er an dem
Knauf. Das Material knirschte. Sonst geschah nichts.
„Verdammt!“
„Abgeschlossen?“, fragte Jan überflüssigerweise. Lukas riss sich zusammen, um
den Freund nicht anzufahren.
„Vielleicht sind wir doch irgendwo falsch abgebogen“, mutmaßte Thomas.
Tony tastete sich an der Wand entlang. Irgendwo musste es doch einen
Lichtschalter geben.
    Ebenso plötzlich,
wie das Licht erloschen war, wurde es wieder hell.
Unwillkürlich riss Tony die Hände vors Gesicht. Das Gleißen hüllte sie förmlich
ein und ihre Lider schienen nicht auszureichen, um ihre Augen zu schützen. Sie
hörte Lukas keuchen und spürte, wie er sich zusammenkrümmte.
    Blendendes Licht
erfüllte den Flur, brennend, verzehrend, wie ein Strom von Säure, der sich
gnadenlos über Lukas Netzhaut ergoss. Begleitet wurde die Helligkeit von einem
tiefen, durchdringenden Brummen. So schnell seine Reaktionen auch waren, das
erste Aufflackern hatte genügt. Seine Pupillen verengten sich zu
stecknadelgroßen Punkten. Doch alles, was er sah, waren weiße Lichtblitze und
graue Schatten.
Verflucht, er war praktisch blind! Außerdem brannte das Licht auf seiner Haut,
als schwämme er in einem Tank voll kochend heißem Wasser. Gesicht und Hände
standen in Flammen. Der Schmerz zwang ein Stöhnen über seine Lippen. Zugleich
überfiel ihn eine lähmende Schwäche.
    „Was ist das?“
Tonys Stimme übertönte schrill das brummende Geräusch. Es war nicht wirklich
laut, aber körperlich spürbar.
Seit sie betäubt worden war hatte Tony keinen einzigen Impuls von Lukas
auffangen können. Wie unter einem Zwang musste sie ihn seit ihrer Befreiung
ständig berühren, um sich zu vergewissern, dass er tatsächlich da war, lebendig
an ihrer Seite. So sehr war
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