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leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)

leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)

Titel: leben, sterben, tanzen, leiden (German Edition)
Autoren: Kevin Haring-Sedler
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vollkommen auf. Selbstmord? Da r über musste sie lachen . Und in den gemeinsamen Jahren (auch ohne g e meinsames Ehebett) hatte sie sich die Arbeit aufoktroyiert , jede Beziehung , die ihr schwuler Ehemann anfing , bis zum bitt e ren Ende zu diskreditieren , um ihm die Schande seines Leben s bewusst vor der Nase hinz u halten . Somit konnte sie ihm immer ein Heim und – und ja – auch Zuversicht und Liebe sche n ken . Christiane wusste, wie sie mit ihm umzugehen hatte, er war ein Mann , und Männer waren in i h ren Augen dumm und triebgesteuert . Sie wollte sein Leben ruinieren, so wie er das ihrige ru i niert hatte. Angefangen hatte ihr Spiel damit , dass sie ihm die Probleme seiner Homos e xualität nahe brachte , und dass er auf die Familie achten müsste , dies war seine Aufgabe als Mann, sowie es ihre Aufgabe als Frau war, die Familie zu behüten und zu pflegen . „Grazer Patienten wollen ke i nen schwulen Wunderheiler, sie sind versnobte , reiche Arschlöcher, denen das Gel d aus der T a sche gezogen gehört. A ber durch dein Schwul-sein können wir das ve r gessen“, hatte sie immer wieder zu ihm gesagt. Da ihr schwuler Ehemann das glaubte, hielt er seine Neigung auf das Strengste geheim . Der Neue war aber anders , er war jung und zeigte ihm genau die Möglic h keit, die sie ihm all die Jahre versuchte vorzuenthalten : Die Möglichkeit offen schwul zu l e ben un d dennoch den reichen Patienten das Geld aus der Tasche zu ziehen . S chlimmer als alles a n dere war, das s anscheinend der Neue den Alten von der allgemeinen Sexsucht heilte. Wo er fr ü her noch auf seinen Seminarreisen junge Buben dabei hatte, die ihm die einsamen Hotelstunden ve r süßten oder er seine Liebschaften auf den Rastparkplätzen verteilte, schien der Neue, diese ( S y phili s-)Sucht geheilt zu haben. Jedes Mal wenn sie solche Krankheitsbefunde über ihren schwulen E hemann las , zer drückte es ihr das Herz.
      Christiane wusste genug über die Liebe, und sie glaubte nicht an diese wahre und einzige Liebe, die ihr Ehemann zu seinem Liebhaber empfand. Liebe war doch nur ein gieriges und selbstsüc h tiges Gefühl, das sich wie ein Schwein im Matsch suhlt , und er – der Herr Doktor – war der beste Beweis dafür. Aber heute zauberte der gewonnene Urlaub ein Lächeln auf ihr e n Lippen . Ja, U r laub, dachte sie sich, weg von der Familie und den alten Gewohnhe i ten, rein ins Vergnügen und ein bisschen frischen Wind auf der Haut spüren.
    Christiane lächelte und betrachtete ihre Hände, sie waren ihr Lieblingskörperteil . Weich waren ihre Hände , ganz ohne Adern, und immer hatte sie saubere Fingernägel. S ie streichelte über i h ren Daumen bis zu ihrem glatten und glänzenden Fingernagel.
    Auch bei all den guten Gedanken an den Urlaub, fragte sie sich, was ihr schwuler Ehemann g e rade jetzt in diesem Augenblick unternahm. Lud er seinen Liebhaber zu einem Kinoabend ein? Fuhren sie zusammen zu einer Kunstau s stellung? Schliefen sie wieder miteinander? Sahen sie sich Kataloge für ihre gemeinsame Wohnungseinrichtung an?
    Nein, dachte sich Christiane, aus, du bist dir diese Erh o lung schuldig, genieß den Abstand.
    Und sie versuchte zu genießen.
     
    Der Mini-Reisebus fuhr vor dem Hotel Bus t rica vor. Es schien nobel zu sein . Die Vorde r front wurde von Arkade n bestimmt, seitlich an den Hotelmauer n blühte der Efeu, meterhohe Fenster, die im Sonnenlicht glänzten, spiegelten den geeigneten Ort für ein Wellnesshot el wider. M i scha stieg als E rste aus und atmete die etwas kühle , aber recht ang e nehme Luft ein. Sie freute sich schon auf die Sauna, auf die vielen Kräuterkuren, das Schlammbad und auf das Salzpeeling, z u dem ihre Freundin Sylvia dringend riet. „Es macht die Haut unsagbar weich“, hatte Sy l via ihr gesagt. Mischa lachte und als sie ihren Koffer aus dem Gepäck s raum nehm en wollte, kam ihr Markus zur Hilfe geeilt , der seine starke Hand ausstreckte und ihren Koffer nahm. Mischa läche l te und sagte leise „ danke “ zu ihm. In Markus kam der Wunsch auf, er wäre mit Mischa auf e i nem Skikurs in der 8ten Klasse, da könnte er nachts leise in ihr Zimmer schleichen und sie flac h legen. Franz und Ian nahmen zugleich ihre Koffer und Christiane sprach ein wenig mit Äm i lana, die ihr erklärte, wie schön einige Bauwerke und Fresken doch waren, die aus de m so genannten unterdr ü cken Zeitalter Bulgariens übrig geblieben waren. „So hat jede Unterdr ü ckung etwas Gutes“, sagte Christiane .
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