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Leben statt kleben

Leben statt kleben

Titel: Leben statt kleben
Autoren: Birgit Medele
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Ins-Leben-Vertrauen bewusst zu kultivieren. Indem wir einen Gegenstand weitergeben, den wir nur aus Sicherheitsgründen im Schrank einkerkern und damit der kollektiven Mentalität des „immer wenn ich etwas weggebe, brauche ich es am nächsten Tag” ein Schnippchen schlagen. Unsere Erwartungshaltung ist wesentlich an der Gestaltung unserer Realität beteiligt. Also sagen wir uns mit dem Schwung der Zuversicht: „Falls ich diesen Reservedosenöffner morgen brauche, findet sich garantiert ein noch besserer.“ Wir benutzen unsere Siebensachen manchmal als security blanket, als eine Art Kuscheldecke. Für ein Kind werden zusammengenähte Stoffteile im Teddy zum Trostspender. Auch wir suchen Halt in vertrauter Symbolik, die uns durch ihre Anwesenheit angeblich beweist, wie viele Freunde wir haben (Geschenke), wie viel wir wissen (Bücher), wie erfolgreich wir sind… Ein paar gutplatzierte Erinnerungsstücke verbreiten freudige Schwingungen, die Menge macht’s. Kinder haben selten 75 Kuscheldecken. Sie beschweren sich nicht damit. Sie ersticken sich nicht darunter. „Je mehr Gegenstände ich um mich türme, desto sicherer bin ich“, ist ein Missverständnis. Sicherheit liegt nie in Dingen. Sie liegt in der Gewissheit, mit allem umgehen zu können, was uns das Leben bringt.
    Die Stürme werden kommen. Aber wir steuern unser Boot.
    Identität zusammenbasteln
    Eines unserer Grundbedürfnisse ist Zugehörigkeitsgefühl. Wir sehnen uns nach Seelenverwandtschaft, nach Gleichgesinnten. Suchen das Aufgehobensein in einem größeren Ganzen, in der Identifikation mit einer Nation, Region, Religion. Als Fan leben wir Individualität und Gruppe gleichzeitig. Feuer und Flamme zu sein für eine Fußballmannschaft, Musikrichtung, Partei oder Glaubensgemeinschaft gibt uns ein emotionales Zuhause. Oma sammelt Teekannen, ein Kollege Vinylplatten, andere begeistern sich für Modellflugzeuge oder Zeichentrickfilme. Alte Opernprogramme und Schulhefte versichern uns: „Das habe ich gemacht, das bin ich.“ Im Endeffekt speichern wir eine Essenz. In der Kunstkollektion leben wir unsere Kreativität aus. Die Filme stehen für den Traum, einmal Schauspieler, Regisseurin, Komiker zu sein. Die Flugzeuge für Geschwindigkeit, Vorwärtskommen, das Erreichen von Zielen, Freiheit... Begeben Sie sich auf Safari in Ihre ganz persönliche Dingewelt. Welche Essenz horten Sie? Wie können Sie sich diesem Bedürfnis annähern, ohne ständig neue Regale aufzustellen? Bücherwände vermitteln uns selbst oder anderen – Unzutreffendes bitte streichen! – „Ich bin: belesen, weitgereist, geistig beweglich, aufgeschlossen, vielseitig interessiert, Querdenker/in, gebildet, spirituell, cool, umweltfreundlich, intelligent, witzig, fantasievoll, individuell, liberal, konservativ, anders, besonders, offen für Neues, kunstinteressiert, Reformer, Revolutionärin, ein guter Vater… Ich habe Tiefgang, den Durchblick, Interesse an persönlicher Entwicklung...“ Was steht als Überschrift auf Ihren Regalen, in unsichtbarer Tinte?
    Wir wollen respektiert und geliebt werden und benutzen Dinge, um zu kommunizieren: „So einzigartig bin ich! Bitte mögt mich dafür!“ Dabei wissen wir: Andere schätzen uns nicht wegen unseres Krams. Wenn wir Leute oft zum Lachen bringen, brauchen wir keine siebzehnbändige Witzeedition, um das der Welt zu beweisen. Und wenn wir nicht mit einem Übermaß an Humor gesegnet sind, nützt leider auch der ausgefallenste Fundus nichts. Wir kommunizieren durch unser So-Sein. Was wir sind, überstrahlt alles was wir sagen, horten oder tun.
    Beim Thema Status vielleicht mal kurz wegdenken vom Klischee des roten Sportwagens. Statussymbole sind Hilfsmittel, um ein Image zu vermitteln und wir alle haben welche. Sie kommen in den unterschiedlichsten Formen daher. Für die einen sind es Marken, für andere der Protest gegen die Wegwerfgesellschaft: nur Bio- und Gebrauchtwaren, um sich von konsumberauschten, oberflächlichen Verschwendern abzugrenzen. Die große Erleichterung kommt mit der Erkenntnis, dass wir andere nicht nur nicht beeindrucken müssen, es funktioniert sowieso nicht. Wir sind nicht, was wir haben. Wir sind was wir sind. Unsere Geschichte. Ein Puzzle aus universalen Erfahrungsbausteinen, angeordnet in einzigartiger Variation. Wie wär‘s mit der Erweiterung einer ganz besonderen, vor Jahren begonnenen Kollektion? Es fehlt sicher noch einiges zur Komplettierung. Eine Traumreise vielleicht, ein Kurs oder eine Begegnung. Etwas,
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