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Lautloses Duell

Titel: Lautloses Duell
Autoren: Jeffery Deaver
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Ereignisse auf, sagte jedoch nichts davon, dass sie Shelton verdächtigt hatten, Shawn zu sein.
    Der Polizist schüttelte den Kopf und lachte säuerlich. »Shawn war ein Computer? Herrgott noch mal, jemand sollte diese verfluchten Dinger eines nach dem anderen ins Meer schmeißen.«
    »Warum sagen Sie das immer wieder?«, knurrte Gillette. »Ich kann’s schon nicht mehr hören.«
    »Was denn?«, schoss Shelton zurück.
    Der Hacker hatte jetzt endgültig die Nase voll von der Behandlung, die er sich in den vergangenen Tagen von Shelton hatte bieten lassen müssen, und antwortete: »Sie haben sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit über mich und die Computer ausgelassen. Es fällt mir schwer, so etwas einem Mann zu glauben, der zu Hause in seinem Wohnzimmer eine Winchester-Festplatte liegen hat, die mindestens tausend Dollar wert ist.«
    »Eine was?«
    »Als wir bei Ihnen waren, hab ich diese Server-Festplatte in Ihrem Wohnzimmer liegen sehen.«
    Die Augen des Polizisten flammten auf. »Das gehörte meinem Sohn«, knurrte er. »Ich wollte es gerade wegwerfen. Bin endlich so weit, dass ich sein Zimmer ausmisten und den ganzen Computer-Scheiß auf den Müll schmeißen kann. Darüber habe ich mich auch mit meiner Frau gestritten.«
    »Ihr Sohn war ein Computer-Freak?«, fragte Gillette.
    Wieder ein bitteres Lachen. »Kann man wohl sagen. Ein Computer-Freak. Stundenlang war er online. Hatte nichts anderes im Kopf als Hacken. Bis dann irgendeine Cybergang erfahren hat, dass er der Sohn eines Bullen war, und dachte, er wollte sie ausspionieren. Sie waren hinter ihm her. Haben allen möglichen Dreck über ihn ins Internet gestellt … dass er schwul sei, vorbestraft, dass er kleine Kinder belästige … Sie sind in seinen Schulcomputer eingedrungen und haben die Sache so gedreht, dass es aussah, als hätte er seine Noten manipuliert. Daraufhin ist er von der Schule geflogen. Als Nächstes schickten sie dem Mädchen, mit dem er ging, diese widerliche E-Mail. Sie hat sich sofort von ihm getrennt. An diesem Tag betrank er sich und fuhr auf der Schnellstraße gegen einen Pfeiler. Vielleicht war es ein Unfall … vielleicht hat er Selbstmord begangen. Egal, jedenfalls haben ihn die Computer umgebracht.«
    »Tut mir Leid«, sagte Gillette leise.
    »Von wegen.« Shelton stellte sich mit unverhohlener Wut dicht vor den Hacker. »Deshalb habe ich mich freiwillig für diesen Fall gemeldet. Ich dachte, der Täter ist vielleicht einer aus dieser Gang. Und deshalb bin ich damals auch online gegangen– um zu erfahren, ob du auch einer von denen bist.«
    »Nein, bin ich nicht. So etwas würde ich niemandem antun. Niemals. Ich habe niemals aus solchen Gründen gehackt.«
    »Ach, das behauptest
du
. Dabei bist du nicht besser als die anderen, die meinem Jungen eingeredet haben, dass diese verfluchten Plastikkisten die Welt seien. Ich sage nur eines: Das ist alles ein erbärmlicher Beschiss. Dort drin ist das Leben jedenfalls nicht.« Er packte Gillette an der Jacke. Der Hacker leistete keinen Widerstand, sondern sah lediglich mit festem Blick in Sheltons rote, vernarbte Züge. Speicheltröpfchen sprühten ihm ins Gesicht, als Shelton ihn erbost anfuhr: »
Hier
ist das Leben! Fleisch und Blut … menschliche Wesen … Deine Familie, deine Kinder …« Seine Stimme brach, Tränen schossen ihm in die Augen. »Das ist real. Sonst nichts.«
    Shelton stieß den Hacker zur Seite und wischte sich über die Augen. Bishop stellte sich neben ihn und legte ihm die Hand auf den Arm, doch Shelton riss sich los und verschwand zwischen den Polizisten und Agenten.
    Gillette fühlte mit dem armen Mann, konnte sich aber nicht gegen einen anderen Gedanken wehren:
Auch Maschinen sind real, Shelton. Sie werden mehr und mehr ein Teil dieses Lebens aus Fleisch und Blut, und das lässt sich nie mehr rückgängig machen. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist nicht die, ob dieser Prozess an sich gut oder schlecht ist, sondern einfach die: Wer werden wir, wenn wir durch den Monitor in das Blaue Nichts überwechseln?
    Der Detective und der Hacker waren jetzt allein und sahen einander an. Bishop bemerkte, dass sein Hemd aus der Hose hing. Er stopfte den Zipfel unter den Gürtel und wies dann mit dem Kinn auf die tätowierte Palme auf Gillettes Unterarm. »Vielleicht sollten Sie das Ding da wieder loswerden. Jedenfalls bringt es Ihnen nicht viel Sympathien ein. Zumindest die Taube. Der Baum geht ja noch.«
    »Das ist eine Möwe«, erwiderte der Hacker. »Aber da
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