Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988)
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
Vom Netzwerk:
einem vorsichtigen Tasten des Fußes begleitet wurde. Der Weg war glitschig vom Tau, den der aus dem Tal heraufsteigende Nebel mit sich brachte. Außerdem war der Boden überall mit knorrigen Wurzeln überzogen, die wie dicke Adern auf der Haut der Erde lagen. Geräusche aber durfte der Junge nicht verursachen. Denn die dort oben verfügten über Horchgeräte, gegen die der Lauscher des Hochlandhasen nur ein tauber Löffel war. Die Ohren von denen dort oben waren überall. Man sagte, sie könnten das Rieseln des Sandes in den Trichtern der Ameisenlöwen auf einen Kilometer Entfernung orten.
    In der Nähe des oberen Waldrandes verließ der Junge den Weg, trat unter den letzten der größeren Bäume und griff zwischen die Wurzeln am Fuß des Stammes. Er bekam eine Stofftasche zu fassen und zog sie vorsichtig aus dem Versteck. Sie war schwer von faustgroßen Steinen, die er im Tal zusammengelesen hatte. Seit mehr als einem Jahr sammelten die Jungen von Calman’s Edge Steine und verbargen sie an geheimen Stellen im Wald. Es gab fast keine Steine mehr in der Nähe von Calman’s Edge, die handlich genug gewesen wären, um gegen den Zaun von denen da oben geworfen zu werden.
    Er nahm die Tasche sehr behutsam auf. Wenn man sie zu schnell anhob, dann konnte es geschehen, daß sich die Steine in ihrem Inneren verschoben und ein klapperndes Geräusch verursachten. Damit wäre die geplante Aktion verraten gewesen, und er hätte sich wochenlang nicht mehr vor den anderen Jungen sehen lassen dürfen.
    Die Tasche war schwer und drückte hart gegen seine rechte Hüfte. Trotzdem bewegte er sich geräuschlos zwischen den niedrigen Büschen am Rand des freigepflügten Streifens hindurch, den sie Todeszone nannten. Er sah jetzt bereits den Zaun auf der anderen Seite, ein feines Netz, das sich über den letzten, dunkelroten Schimmer am Horizont spannte.
    Sein Platz war zwischen Danny Clearwater und Brian Clarke. So mußte er sich, nachdem er die Tasche sacht hatte zu Boden gleiten lassen, zuerst nach links und dann nach rechts orientieren, um möglichst genau die Mitte zwischen den beiden zu bestimmen. Wegen Danny Clearwater machte er sich keine Sorgen. Danny war ein erfahrener Junge, derartige Angriffe hatte er schon hundertmal und öfter unternommen, Danny würde keinen Fehler machen. Bei Brian Clarke war er sich dessen nicht so sicher. Brian war einfach noch zu jung, elf oder zwölf, und sie würden ihm nicht gestattet haben, mitzumachen, wenn er nicht so gebettelt hätte.
    Danny lag in einer flachen Senke, kaum fünf Meter vom Zaun entfernt. Beinahe wäre er mit dem Kopf gegen Dannys Steinhaufen geprallt. Sie sagten beide kein Wort, Danny hob nur den Arm, um anzudeuten, daß er bereit war.
    Dann kroch der Junge hinüber nach rechts, wo der kleine Clarke liegen mußte. Sein Herz klopfte, er war ziemlich sicher, daß es dort nicht so glatt abgehen würde wie hier bei Danny.
    Und tatsächlich warf sich dieser Kindskopf von Clarke mit einem leisen Aufschrei herum, als er ihn an der Schulter berührte. Der Junge sah die Augen des Kleinen nicht, aber er konnte sich denken, daß sie voll Angst und Schrecken waren. »O Phil!« Clarke stöhnte, als er ihn erkannte.
    Damit war alles verraten, und sie hätten die Aktion eigentlich abblasen müssen. Doch Philipp wollte bei seinem ersten Einsatz als Anführer unter keinen Umständen versagen. Also stieß er einen gellenden Pfiff aus und sprang durch die Büsche hinüber zu seiner Tasche. Noch während er die Steine ins Gras kippte, begann das Feuerwerk. Von allen Seiten flogen faustgroße Brocken gegen den Zaun, und gleichzeitig stimmten die rings um die Station verteilten Jungen von Calman’s Edge ein Geschrei an, als sausten tausend Teufel aus der Hölle.
    Der Zaun stieß meterlange elektrische Flammen aus, und in den zuckenden Blitzen sah Philipp die Schatten der Jungen, die sich, immer noch heftig ihre Steine schleudernd und schreiend, Meter für Meter zurückzogen.
    Er war überzeugt, daß die Lauscher dort drinnen in den Baracken unter dem großen Parabolspiegel entsetzt von ihren Geräten aufgefahren waren, als die feinen Ohren, die einen Ameisenlöwen kilometerweit zu hören vermochten, vor Lärm fast explodierten. Was wußte ein Vierzehnjähriger damals schon von Lautstärkebegrenzung und Pegelmaxima? Er hielt die Aktion für gelungen und war sicher, daß die verfluchten Gunslinger in diesem Augenblick mit geplatzten Trommelfellen und schmerzverzerrten Gesichtern zu ihrem Medzentrum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher