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Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Titel: Lauschangriff - Im Visier der Feinde
Autoren: Patrick Robinson
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allerdings nicht auf Männer wie Yousaf oder Ibrahim zu, die sich mit ihrem Schicksal, in diesem Rattenloch elendig vor die Hunde zu gehen, abgefunden zu haben schienen – ohne dass jemand überhaupt von ihnen wusste, sah man von Allah und ihren Verwandten im weit entfernten Hindukusch ab. Ihr Leben richtete sich nicht mehr nach dem Kalender, nach einem gewissen Zeitrahmen, manchmal gab es für sie noch nicht einmal mehr Tag und Nacht. Es war lange her, dass sieüberhaupt noch auf einen normalen Bezugsrahmen zurückgreifen konnten.
    Das Beste, was das Leben ihnen bot, war ihre zweieinhalb mal zwei Meter große und zweieinhalb Meter hohe Zelle. 24 dieser Zellen gab es in jedem »Gefängnisblock« – und jedes Camp in Guantanamo verfügte über mehrere dieser Gefängnisblöcke. Yousaf und Ibrahim waren in Camp 5 untergebracht, in Einzelhaft und unter Bedingungen, die von mehreren Menschenrechtsorganisationen als »vollkommen unmenschlich« beschrieben wurden.
    Aber wie ein US-General es ausgedrückt hatte: »Wo zum Teufel sollen wir solche Typen unterbringen, die für zwei Cent das Empire State Building mitsamt allen Menschen drin in die Luft jagen würden? Im Waldorf Astoria?«
    Die Zellen hatten keine Fenster. Die vordere Wand zum Gang hin bestand aus einem verstärkten Stahlrahmen mit schwerem Maschendraht, durch den die Gefangenen auf den Durchgang starren konnten. Sie schliefen auf Matratzen und verfügten über eine blaue Decke, ein Kissen und eine Gebetsmatte. Gewöhnlich fielen Yousaf und Ibrahim schnell in den Schlaf und träumten von den grünen Hängen und rauschenden Flüssen ihrer fernen gebirgigen Heimat, die so wenig mit dem US-Strafgefangenenlager an der Ostspitze von Castros Kuba zu tun hatte.
    Die US-Marinebasis in der Guantanamo Bay ist der älteste von US-Streitkräften besetzte Stützpunkt im Ausland und der einzige auf kommunistischem Territorium. Die Basis wird von unzähligen, mit Suchscheinwerfern ausgestatteten Wachtürmen und schwer bewaffneten Wachen geschützt. Jeder, der hier einen Ausbruchsversuch startet, kann von Glück reden, wenn er auch nur eine halbe Minute überlebt. Die Sicherheitseinrichtungen stellen sogar Stalins Gulags in den Schatten. Für das US-Militär sind die Insassen in Guantanamo eine potenzielle Gefahr für das Wohlergehen aller US-Bürger, weshalb seit Jahren die Devise dort lautet: Hier kommt keiner raus! Keiner!
    Das spürte man in den stillen, einsamen Gängen des Lagers, nachdem im Winter 2002 der erste Gefängnisblock errichtet wurde. Seitdem waren die ursprünglich primitiven Einrichtungen, das berüchtigte Camp X-Ray, wo die schockierenden, verstörenden Fotos des Guantanamo-Lagers aufgenommen wurden, geschlossen worden.
    Die Reihen der Gefangenen, die gefesselt und mit übergestülpten Kapuzen in der erbarmungslosen Sonne knieten, entsetzten die Menschenrechtsorganisationen, die ohne großen Erfolg die sofortige Aussetzung der brutalen US-Verhörmethoden forderten.
    Für das Militärpersonal, für die Männer, die während ihrer aktiven Dienstzeit bei Terroranschlägen Freunde, Kameraden und manchmal sogar Verwandte verloren hatten, stellte sich das natürlich etwas anders dar. Deren Trauer würde niemals vergehen, darüber hinaus mussten sie Tag für Tag mit diesen Mördern umgehen, Dschihadisten, die der westlichen Welt nur Hass und Verachtung entgegenbrachten.
    Das alte Lager ist mittlerweile vom Dschungel überwuchert. An seiner Stelle ist ein höchst effizientes modernes Gefängnis getreten – kein Rückfall mehr ins Mittelalter, sondern das Musterbeispiel einer Hochsicherheitsanstalt. Noch immer lodert dort der Hass, ebenso findet sich die Entschlossenheit, sich von den amerikanischen Wärtern nicht unterkriegen zu lassen. Aber keiner ist jemals entkommen.
    Yousaf und Ibrahim waren sich ihrer Lage nur allzu bewusst. Es war ihnen klar, dass keinerlei Chance auf Entlassung bestand. Natürlich wussten sie beide, dass sie schreckliche Verbrechen gegen das US-Militär begangen hatten, doch minderte dies keineswegs ihren Durchhaltewillen, sie befanden sich nun mal in einem großen heiligen Krieg. Und tief in ihren geheimsten Träumen hörten sie weiterhin die Worte des unsterblichen Scheichs Osama Bin Laden – Worte, die vom Propheten Mohammed einzig zum Ruhme Allahs gesprochen worden waren:»Ich bin mit dem Schwert in den Händen gesandt worden, um dafür zu sorgen, dass keiner außer Allah verehrt wird. Allah, welcher mein Leben in den Schatten der
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