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Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Lauschangriff - Im Visier der Feinde

Titel: Lauschangriff - Im Visier der Feinde
Autoren: Patrick Robinson
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Amerikaner nur allzu gern ins Herz gerammt. Die SEALs zogen ihren Einsatz ohne Skrupel durch, auch wenn manchen möglicherweise insgeheim Zweifel beschlichen.
    Man konnte den brodelnden Zorn und die Gereiztheit der US-Spezialkräfte verstehen. Ebenso aber konnte man die stille Abscheu begreifen, die die Stammesangehörigen ihnen entgegenbrachten. Die beiden Gruppen standen sich in dieser Beziehung unversöhnlich gegenüber. Die Männer aus dem Westen hatten einiges durchgemacht, um an diesen wilden, unzugänglichen Ort zu gelangen, wo es keine Straßen, keinen Strom, keine Radios gab. Sie wussten, dass sie für die afghanische Bevölkerung bewaffnete Ungeheuer und deren unnachgiebigster Feind waren.
    Und was wollten die Amerikaner? Sie suchten zwei Männer, zwei hoch qualifizierte El-Kaida-Mitglieder (einer von ihnenHarvardabsolvent), die mit einem Sprengsatz in den Vororten von Kabul einen Laster mit Marines in die Luft gejagt hatten. Bei dem Anschlag waren 15 US-Marines sowie zwei SEALs vom Team 5 aus San Diego ums Leben gekommen. Die Straße war mit ihrem Blut getränkt gewesen. Zwei der SEALs, die an der Razzia in dem Dorf beteiligt waren, hatten mitgeholfen, die Überreste ihrer Kameraden vom Ort des Anschlags zu entfernen.
    Die US-Aufklärung hatte dann alle Hebel in Bewegung gesetzt. Jeder Maulwurf, jeder Spion, Agent und Informant war in die Mangel genommen worden, bis letztendlich verwertbare Ergebnisse vorlagen: Die beiden Gesuchten würden sich hoch oben in den Bergen verstecken, an die 80 Kilometer nordöstlich der US-Militärbasis Bagram. In dem Gebiet innerhalb der von der US-INTEL übermittelten GPS-Daten lag nur ein einziges Dorf.
    Die SEALs waren nachts von einem Hubschrauber abgesetzt worden. Insgesamt 20 Mann. Die anderen acht lagen hoch oben am Berghang und hatten ihre Ferngläser auf das Chaos gerichtet, das ihre Kameraden im Dorf anrichteten. Hier oben, 3000 Meter über dem Meeresspiegel, endet die Baumgrenze sehr abrupt. Sie läuft nicht allmählich aus, sondern hört mit einem Schlag auf.
    Der Berg, vom Regen und den Schmelzbächen oftmals in sattes Grün getaucht, war fein säuberlich in zwei Hälften getrennt: einen grünen unteren und einen von der Baumgrenze bis zum schneebedeckten Gipfel reichenden oberen Teil, der eher einer Mondlandschaft glich. Dort oben gab es keinerlei Deckung mehr. Der Hang fiel fast senkrecht ab und bestand aus Staub, Sand, Fels und Schiefer. Niemand lebte hier. Daher hatte sich das achtköpfige SEAL-Einsatzteam am oberen Rand der Vegetation versteckt, wo es beim ersten Anzeichen von afghanischem Widerstand zum Dorf vordringen konnte. Bislang war davon nichts zu bemerken, abgesehen von dem kindischen Tapferkeitsanfall des Jungen, der nun einen gebrochenen Kiefer hatte.
    Fünfmal während des nächtlichen Marsches in das Einsatzgebiet hatten sie sich die Richtigkeit der INTEL-Meldung bestätigen lassen. Fünfmal hatte man ihnen gesagt, dass die beiden Männer hier seien und aufgrund ihres sorglosen Handy-Umgangs von der US-Aufklärung lokalisiert worden waren.
    Jetzt saßen sie in der Falle, waren verzweifelt darum bemüht, sich durch Lügen herauszumogeln, damit sie als unschuldige Ziegenhirten durchgingen. Die Männer des SEAL-Teams allerdings wussten, worauf sie es abgesehen hatten.
    Ibrahim Sharif und sein Freund Yousaf Mohammed, den er bereits seit Kindertagen kannte, beide 24 Jahre alt, waren die Männer, die durch ihren Sprengsatz die Amerikaner getötet hatten. Als treue Anhänger Osama Bin Ladens waren beide ausersehen, in die höchste El-Kaida-Führungsriege aufzusteigen. Sie waren in den Bergen aufgewachsen und als Jugendliche für die Ausbildung an westlichen Universitäten auserwählt worden. Die dafür nötigen Gelder stammten vom Familienvermögen Bin Ladens, des Scheichs, wie ihn seine Anhänger nur nannten.
    Ibrahim war über die Universität Kairo nach Harvard gekommen. Yousaf hatte auf der Aga-Khan-Universität in Karatschi einen Abschluss als Chemieingenieur erworben, worauf er an einem Postgraduiertenprogramm der Londoner Universität teilnahm. Beide hatten die Freiheiten des Westens genossen, beide aber gerieten nach Abschluss ihres Studiums wieder in den Bannkreis von El-Kaida-Fanatikern, deren Glaubensbekenntnis darin bestand, im Namen Allahs Blut zu vergießen. Amerikanisches Blut.
    Jetzt standen sie also zwischen den zusammengetriebenen Dorfbewohnern und sahen mit an, wie die US-Soldaten ihre Landsmänner aus der Menge zogen, sie gegen die
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