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Lasse

Lasse

Titel: Lasse
Autoren: Katrin Bongard
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und drei Versuche, bis ich zufrieden war.
    Ich übertrug die Videos auf meinen Rechner und begann sie zu schneiden. Und es war seltsam, mich selber zu sehen, wie ich über mich sprach. Darüber redete, wie wichtig mir Schweden war, während ich das selber gar nicht so deutlich wahrnahm. Und zu sehen, wie viel mir das Schauspielern bedeutete. Auch das hatte ich fast vergessen.
    Am nächsten Tag beschäftigte ich mich mit dem Hochladen des geschnittenen Videos auf eine Castingplattform. Dann duschte ich und warf mich wieder auf's Bett. Warten bis zum Abend, wenn endlich gedreht wurde und ich Moon wieder sehen würde. Die Szene war die tatsächliche Schlussszene des Films. Sehr ungewöhnlich, dass sie tatsächlich auch am Ende gedreht wurde und Uli war stolz darauf, da er der Meinung war, dann könnten Moon und ich uns viel besser in die Szene hineinversetzen. Nun ja. Mit einer Sache hatte er Recht. Das Gefühl, dass etwas zu Ende ging, würden wir heute sicher am besten spielen können. Heute war nicht nur der letzte Drehtag, sondern auch das Abschlussfest und danach war der Dreh zu Ende. Was dann? Waren Moon und ich ein Paar? War das, was wir hatten, stabil genug, dass wir uns trennen konnten. Empfand sie überhaupt genauso viel für mich, wie ich für sie? Ich hatte meine wilde Zeit gehabt und viel herumprobiert. War sie schon bereit, für eine ... ich konnte nicht fassen, dass ich das dachte ... feste Beziehung? Und wie sollten wir das alles in den verbleibenden Stunden klären?
    Mein iPhone klingelte. Agnes . Mit sicherem Gespür für die unpassendsten Momente.
    »Ja?«
    »Lasse? Morgen ist doch Abschlussfest bei euch, oder?«
    »... Ja?«
    »Ich dachte mir, ich komme vorbei.«
    Nein .
    »Ja? Ich meine, es ist ein kleiner Dreh, das wird kein großes Fest, nur eine kleine Sache hier auf dem Schloss in Saarbrücken.«
    »Die Produktion hat mich eingeladen. Ich dachte, es freut dich!«
    Warum? Ich schwieg.
    »Lasse, du bist wirklich komisch. Ich meine, ich bin in Mannheim bei meinen Eltern, es ist ganz nah und wäre doch nett.«
    »Agnes, hör zu. Wegen mir ...«
    »Nein, nein, schon klar. Ich komme nicht wegen dir. Aber ich kenne ja auch andere. Gerion. Oder Krista.«
    »Krista ist schon längst abgedreht. Und Gerion hatte gestern seinen letzten Drehtag, ich denke nicht, dass er bleibt.«
    In Wahrheit wusste ich, dass er bleibt .
    »Ist irgendetwas? Aber wenn du absolut nicht willst, dass ich komme ... hast du getrunken? Ich meine, alle sagen, du trinkst nicht mehr und so, aber ... du warst an dem Abend bei mir schon ganz schön zu.«
    War das Erpressung? Ich verkniff mir die Frage, ob wir miteinander geschlafen hatten. Nein, so betrunken war ich nicht gewesen. Nur müde. Und jetzt war ich wieder müde, als ob sich alles ewig wiederholen würde.
    »Agnes, weißt du was? Wenn du kommen willst, dann komm. Wenn nicht, dann sehen wir uns auf der Premiere von Jein . Es gibt ja jetzt einen Termin.«
    Es sollte mir egal sein, ob sie kommt. Es war egal .
    Meine Abholung war später als die von Moon. Wir hatten erst die zweite Szene zusammen. Ich stieg bei Peer in den Bus und starrte aus dem Fenster in die Abenddämmerung. Der Film hatte ein offenes Ende, es war nicht klar, ob das Paar zusammen blieb, ob Jack verhaftet werden würde. Das hieß allerdings nicht, dass das Ende gut war, die letzte Szene machte einen nicht gerade optimistisch, wenn Jack und Ida nachts schutzlos an einem Waldrand hockten.
    Es war fast dunkel, als ich am Set ankam.
    »Schau mal!«, sagte Peer und zeigte auf den Flying Moon, den die Lichtleute am Rand des Waldes steigen ließen. Ich fand der weiße Ballon mit dem Innenlicht war eine der schönsten Arten ein Filmset zu beleuchten. Noch auf dem Weg zum Set hatte ich mich über das Gespräch mit Agnes geärgert, denn wenn die Produktion sogar Agnes einlud, dann kam vielleicht viel Presse und darauf hatte ich gar keine Lust. Aber als ich bei Peer aus dem Bus stieg und den weißen Ballon über dem Set schweben sah, gab es kein größeres und schöneres Gefühl. Alles würde gut werden. Ich sah Moon, die fasziniert nach oben starrte und ging zu ihr.
    »Sieht schön aus, nicht?«, flüsterte sie.
    Der echte Mond stand etwas höher als der Flying Moon. Als gäbe es eine Wahl, zwischen echt und unecht.
    »Welcher von beiden?«
    »Beide!«
    »Stimmt.«
    Eigentlich war es verrückt, dass man beide überhaupt verglich. Der riesige Mond, der nur leuchtete, weil die Sonne ihn anstrahlte und dieser vergleichsweise
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