Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lasse

Lasse

Titel: Lasse
Autoren: Katrin Bongard
Vom Netzwerk:
Stimmungen mitbekommt und sie wollte hören, ob ich wirklich zu der Filmpremiere ging. Als einziger Vertreter der Paulsen Familie, weil mein Bruder in Berlin drehte und mein Vater in Schweden war.
    »Nora hat angerufen«, sagte sie, nachdem wir den Smalltalk beendet hatten. »Du gehst doch zu der Premiere?«
    »Weiß nicht.«
    Ich war mir immer noch nicht sicher.
    Sie seufzte. »Sie würde dich gerne kennenlernen.«
    »Dort?«
    »Nein, natürlich nicht, das wollte ich mit dir besprechen. Ich dachte, ihr könntet euch morgen bei ihr im Büro treffen. Der Regisseur wird auch kommen.«
    »Ein Casting?«
    »Nein, nein, sie wollen nur sehen, ob du grundsätzlich passt, ich meine, du kennst das doch.«
    Ja, natürlich. Früher waren es nur Castings, aber nun gab es immer öfter Treffen mit Regisseuren. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie nur neugierig waren und sehen wollten, ob die Gerüchte über mich stimmten. Denn es war ja nicht so, dass sie mich dann gleich besetzten.
    »Was ist mit diesem anderen Projekt? Ich meine, hat dieser Caster von neulich sich noch mal gemeldet?«
    »Du meinst dieses YouTube Zombie-Projekt?«
    »Ja.«
    Sie schwieg. Und ich wusste, was sie dachte. Jahrelang war ich scharf darauf gewesen, in möglichst großen Kinoproduktionen mitzuspielen und nun, wo ich die Möglichkeit hatte, interessierte es mich auf einmal nicht mehr. Ich verstand, dass es meine Mutter beunruhigte, als Mutter und als Agentin. Es lag auch an den Rollen. Seit Sweet Sixteen sahen mich offenbar alle als den mysteriösen Jungen, der das unscheinbare Mädchen von nebenan in eine Prinzessin verwandelte.
    »Ich frage noch mal nach, aber Lasse: Zombie Revolution? Really?«
    »Ist doch mal was anderes ...«
    »Okay, aber du weißt, dass die Gage bestimmt nur auf Rückstellung ist und die Drehbedingungen ... na, das brauche ich dir nicht alles zu sagen, oder? Ich denke, du bist erwachsen und weißt, was gut für dich ist.«
    »Nein, weiß ich nicht. Trotzdem danke.«
    Sie lachte. Was ich mochte. Meine Mutter hatte Humor. Sie war eine gute Agentin, aber manchmal war es schwer, Agentin und Mutter auseinander zu halten. Eine gute Mutter war sie auf jeden Fall, denn sie drängte mich nie zu etwas. Trotzdem fiel es ihr schwer zu verstehen, warum ich so unzufrieden war. Ich verstand es selber nicht. Man fährt eine Weile lang Autobahn und plötzlich hat man das Gefühl, eine Ausfahrt verpasst zu haben. Vielleicht nur eine ganz kleine, unscheinbare Ausfahrt, aber auf einmal fehlt einem etwas und zum Umkehren hat man keine Kraft, man fährt eh schon die ganze Zeit viel zu schnell.
    »Okay, ich kümmere mich darum. Aber wenn du dann als blutverschmierter Zombie dein Schauspieltalent vergeudest, dann beschwer dich nicht bei mir.«
    »Versprochen.«
    »Hast du den Anzug dabei?«
    »Ja.«
    Sie war erleichtert, auch wenn sie es nicht zeigte. Bei meiner letzten Premiere war ich stoned und in zerrissenen Jeans auf dem roten Teppich erschienen. Ich wusste, dass meine Mutter weniger interessierte, dass der Dresscode nicht gestimmt hatte, als die Tatsache, dass es mir nicht besonders gut gehen konnte, wenn ich in diesem Zustand zu einer Filmpremiere ging. Ich wäre auch gar nicht gegangen, wenn Krista nicht darauf bestanden hätte. Oh Gott, Krista .
    »Warum stöhnst du?«
    »Mir ist nur gerade was eingefallen ... was war noch mal mit dieser Premierenparty?«
    Meine Mutter zögerte. Sie merkte vermutlich, dass ich sie anlog, aber unter keinen Umständen wollte ich mit ihr über Krista reden. Kristas Namen, überhaupt unsere ganze Affäre, wenn das das richtige Wort dafür war, löste in mir sofort ein Gefühl von Scham und Unwohlsein aus. Ich hatte kein Arsch sein wollen, aber ich war nicht verliebt gewesen und hatte aus Bequemlichkeit so getan als ob und das war eine Sache, auf die ich nicht stolz war. Krista war kein Groupie, sie verdiente das nicht.
    »Die Party nach der Premiere? Sie ist bei Nora in ihrem Privathaus. Mehr ein kleiner Palast, ich war einmal da. Sehr eindrucksvoll. Es wäre wirklich sehr nett, wenn ...«
    »Verstehe. Ich gehe hin. Wo ist es noch mal? Ich habe die Einladung irgendwie verlegt.« Was nicht ganz stimmte, denn eigentlich hatte ich sie weggeworfen, wie alle Einladungen, die mir im Moment zu anstrengend, laut und uninteressant vorkamen.
    »Ich habe schon bestätigt, du kannst eine Begleitung mitnehmen.«
    »Ja?« Darauf hatte ich bestimmt keine Lust. Außerdem: Wen?
    »Ich dachte, vielleicht Krista?«
    Es war klar,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher